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Die Frau des Polizisten

Die Frau des Polizisten

Titel: Die Frau des Polizisten
Autoren: Ingrid Elfberg
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    Erika richtete sich auf und verzog unwillkürlich das Gesicht. Ihr Steißbein schmerzte protestierend nach stundenlangem Stehen am Haublock. Sie zog die Schulterblätter nach hinten und dehnte die Halswirbel. Ihr ganzer Rücken fühlte sich an, als wäre er in sich zusammengesunken. Sie nahm die Axt in die linke Hand und öffnete und schloss die Finger der rechten, die von der Anstrengung ganz steif und geschwollen waren. Zufrieden betrachtete sie den Haufen Holzscheite.
    Ihre Wangen waren von der Kälte und vor Anstrengung gerötet, aber unter der Kleidung war ihr warm und sie schwitzte. Sie sah aufs Meer. Von der See und den Eisschollen, die sich abermals rings um die Inseln und Klippen und weiter draußen in der Bucht gebildet hatten, war kein Laut zu vernehmen. Alles war still und erstarrt, zusammengekauert in dem verbissenen Warten darauf, dass der hartnäckige Winter sie endlich aus seiner Umklammerung entließ. Es war, als ob die ganze Natur keine unnötige Energie verbrauchen wollte.
    In ihr Leben war allmählich Frieden eingekehrt. Sie wurde nicht mehr gejagt und bedroht, war nicht mehr jeden Moment auf der Hut. Göran saß im Gefängnis. Was danach aus ihm werden würde, wusste sie nicht. Langsam kehrte ihr Selbstbewusstsein, was die Arbeit betraf, wieder. Langsam verheilten ihre Wunden, mit jedem Tag ein bisschen mehr.
    Sie tat einen tiefen Seufzer und versuchte die Schultern vorsichtig sinken zu lassen. Boss kam nach einer seiner kleinen Entdeckungstouren um die Hausecke gefegt und begrüßte sie überschwänglich. Erika beugte sich hinunter underhielt feuchte Hundeküsse auf ihre kalten Wangen und den Mund. Sie lächelt leise vor sich hin. Ihre Schwester hatte ihr von Anfang an, obwohl sie die Expertin war, von dieser Hunderasse abgeraten. Ein Flat Coated Retriever – lieb und fröhlich, aber auch leicht zu erschrecken und verdammt versessen auf Gras und die Hinterlassenschaften anderer Hunde. Von Vogelscheiße gar nicht erst zu reden!
    »Meine Güte, Erika! Ein Hund, der beim kleinsten Geräusch im Wald zurückschreckt und davonsaust. Sein ganzes Heck ist wie bei einem Gaul ständig in Bewegung. Und wie der pupst! Bei der Diät, mit den ganzen Leckerlis, die du ihm zusteckst, brauchst du dich nicht zu wundern, was du damit zum Leben erweckst. Bäh!«
    Erika lächelte Boss liebevoll an und ließ ihn Küsschen verteilen. Nach seiner Verletzung am Hinterlauf war er immer noch etwas steifbeinig. Woher er die hatte, schien niemand zu wissen. Sie zog es vor, nicht darüber zu spekulieren. Erika ließ sich mit einem erschöpften Seufzer auf den Haublock sinken, schob die Finger unter die Ohren des Hundes und kraulte ihn, während Boss sich genüsslich an ihre Beine schmiegte und versuchte, auf seinem wedelnden Schwanz Sitz zu machen. Erika legte ihr Gesicht an seinen warmen weichen Kopf.
    »Weißt du was, Boss, meine Schwester hat schon recht. Du wirst noch Verschleißerscheinungen am Popo bekommen, so wie du die ganze Zeit mit dem Schwanz wedelst«, murmelte sie schmunzelnd in sein Fell.
    Plötzlich richtete der Hund sich auf, stob davon und galoppierte um die Hausecke. Steif erhob sich Erika von ihrem primitiven Sitzplatz. Ob das vielleicht Einar war? Er und seine Frau waren sie schon mehrfach besuchen gekommen, seit sie ihnen das Haus abgekauft hatte. Um zu sehen, ob es ihr gutgehe,hatte Einars neue Frau immer mit einem strahlenden Lächeln und einem Funkeln in den dunklen Augen gesagt. Einar platzte beinahe vor Stolz, als Fahrida entzückt lachend mit dem Hund geschmust und gespielt hatte. Erika vermutete, dass sie Boss heimlich verbotene Leckerlis zusteckte, wenn sie nicht hinsah, was sie ihr aber nur allzu gern verzieh.
    Als sie ihn um die Hausecke kommen sah, war sie eigentlich schon darauf gefasst, aber irgendwie auch wieder nicht. Per blieb stehen, als sich ihre Blicke kreuzten. Seine Hände streichelten zerstreut den Hund, der ihn mit Liebeserklärungen überschüttete. Pers und Erikas Blicke trafen sich, fragend, suchend. Sie spürte, wie ihr Puls schneller schlug, sie unbeabsichtigt errötete. Görans Gesicht tauchte unwillkürlich vor ihrem inneren Auge auf, sein höhnisches Grinsen, sein alkoholisierter Atem, sein muskulöser Körper und seine groben Hände. … Sie schloss einen Moment die Augen, versuchte, eine Art Gleichgewicht zu finden und die Vorstellung zu verdrängen. Mit einem Mal stand Per neben ihr.
    »Hallo …«, murmelte er in ihre Haare, eine warme Hand legte sich auf ihren
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