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Habiru

Titel: Habiru
Autoren: Dirk Gerhardt
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Kapitel 1: Schenas Welt
1. Begegnung
    Sarah war in einem Wald. Sie hatte keine Ahnung, wie sie dorthin gekommen war. Das letzte, an das sie sich erinnerte, war ihr Zimmer, als sie zu Bett ging. Träumte sie vielleicht nur?
    Es war angenehm warm. Sie ging barfuss auf weichem Moos, das die leicht hügelige Landschaft bedeckte. Die Sonne blinzelte ab und an durch das Blätterdach der Bäume, welches sich hoch über ihr zu einem Meer von Grün vereinte. Sie fühlte sich geborgen, trotz der geheimnisvollen Umgebung des Waldes, den sie auf eine merkwürdige Art und Weise spüren konnte. Sie nahm das Leben in ihm wahr, sie roch die vielen verschiedenen Düfte, die von ihm ausgingen. Es pulsierte regelrecht.
    Langsam schritt sie voran. Es war ein Pfad zu erkennen, der sich gewunden zwischen den Bäumen entlang schlängelte. Der Boden des Pfades war mit Wurzeln bedeckt, die sich in allerlei skurrilen Verästelungen zeigten.
    Sie ging dem Pfad nach, in Richtung einer sich abzeichnenden helleren Stelle des Waldes - es war eine Lichtung.
    Kurz nachdem die Bäume Platz für die Lichtung machten, konnte sie erkennen, warum.
    Dort war ein See von beachtlicher Größe, beinahe kreisrund mit einer Insel in der Mitte.
    Ohne Scheu trat sie ans Ufer und schaute in die scheinbar unergründlichen Tiefen des Sees. Das Wasser schien fast schwarz, was wohl an den dunklen Felsen lag, die den See auf der anderen Seite umgaben.
    Ihr Spiegelbild, welches ihr eigenes, vertrautes Gesicht zeigte, schimmerte ihr entgegen. Das blonde Haar war zu einem Zopf geflochten, wie sie ihn gerne trug. Nur ihre Kleidung erschien ihr merkwürdig, ein Umstand, dem sie vorher keine Beachtung schenkte. Sie trug ein baumwollendes Linnen, das schlicht - aber bequem und praktisch war. Es gefiel ihr.
    Sie zog ihr Kleid aus, stieg nackt in das Wasser, und empfand weder Scham noch Scheu. Das kam ihr unwirklich vor. Gerade neulich im Schwimmbad hatte sie noch versucht, sich möglichst so umzuziehen, dass niemand ihre nun wachsenden Brüste sehen konnte. Aber hier fühlte sie sich sicher vor den Blicken Anderer, weil sie anscheinend allein war. Sie machte ein paar Schritte in das Wasser, bis sie anfangen konnte zu schwimmen. Das Wasser war kalt, aber sehr klar und erfrischend. Sie freute sich über dieses Erlebnis, genoss die plätschernden Laute und schwamm auf die Insel zu. Dort erregte ein merkwürdiger Baum ihre Aufmerksamkeit. Sie stieg an Land und ging wieder über weiches Moos auf den Baum zu. Das Wasser lief in kleinen Perlen ihre Haut herunter. Ein warmer Luftzug prickelte angenehm. Nach ein paar Schritten war sie beim Baum. Er trug Früchte, die wie Äpfel aussahen, sie waren aber anscheinend noch nicht reif. Sein Stamm war von einem tiefen Braun und sehr mächtig. Die Blätter bildeten ein fast undurchdringbares Dach. Der Anblick führte bei ihr zu einem eigenartigen Gefühl der Vertrautheit. Sie berührte die Rinde und erschauderte. Eine leichte Gänsehaut zeigte sich auf ihren Armen. Vielleicht lag es an dem Luftzug, dachte sie sich.
    Auf jeden Fall war es zu real für einen Traum.
    Nachdem sie die Insel erkundet hatte, stieg sie wieder ins Wasser und schwamm zurück zur Stelle, an der ihre Kleider lagen. Kurz vor dem Ufer vernahm sie trotz ihrer plätschernden Schwimmgeräusche Stimmen.
    Sie hatte aber keine Angst. Zu sehr war sie von dem tiefen Gefühl der Ruhe und Geborgenheit erfüllt.
    Die Stimmen waren nun deutlicher zu erkennen. Es waren Jugendliche, wie sie, die lachten und sich neckten.
    Sie stieg aus dem Wasser und ging rasch zu ihrem Kleid, um es sich eilig über die noch nasse Haut zu streifen. Die anderen Kinder hatten sie entdeckt. Es waren drei, ein Mädchen, welches fast genauso groß war wie sie, und zwei kleinere Jungen. Alle trugen nichts weiter als einen Lendenschutz. Sie hatten eine braune Hautfarbe, fast wie Kaffee. Das Mädchen hatte dunkelblonde, zu einem Zopf geflochtene Haare, die Jungens hatten dunkle Haare, die wild durcheinander waren und große Knopfaugen. Es waren augenscheinlich Brüder, vielleicht sogar Zwillinge.
    Die drei gingen auf sie zu. Mit großen Augen schauten sie Sarah neugierig und unternehmungslustig an.
    Das Mädchen fing an zu sprechen: »Wer bist denn du? Was machst du hier, am Heiligen See Ah?«
    Sarah war nun doch etwas mulmig zumute. Sie sprach zwar ihre Sprache, aber es klang dennoch fremd. Das verwunderte sie, aber nicht lange genug, um nicht freundlich zu antworten: »Ich heiße Sarah. Ich habe keine
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