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Habiru

Titel: Habiru
Autoren: Dirk Gerhardt
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Ahnung, wo ich hier
    bin und wie ich hierher gekommen bin. Ich war eben im See baden. Wer seid ihr denn?«
    »Die beiden Kleinen hier sind Nubuk und Yesaf, ich bin Schena. Wir leben im Dorf nicht weit weg von hier. Wo kommst du denn her?«
    »Ich wohne in Hamburg.«
    »Ham-burg?« Wiederholte das andere Mädchen.
    »Nie gehört. Muss wohl im Norden liegen, hier in der Gegend liegt es jedenfalls nicht.«
    Sarah war über die nette Begrüßung überrascht, auch wenn sie sich Sorgen machte, dass irgendwer auf dieser Welt ihre Heimatstadt nicht kannte. Und außerdem klangen die Namen der anderen fremdartig und seltsam. Sie wollte mehr wissen. »Wie heißt euer Dorf, und wo befindet sich denn die nächste Stadt?«
    »Wir kommen aus dem Dorf Erech.« sagte das Mädchen. Aber den Ausdruck Stadt kannte anscheinend keiner der drei.
    »Was ist eine Stadt?« Fragte Schena und zuckte mit den Achseln.
    Auch den kleinen Jungs war Stadt kein Begriff, sie machten Gesten, die keinen Zweifel ließen, dass noch keiner diesen Ausdruck gehört hatte. Sarah war befremdet, da sie nicht wussten, was eine Stadt ist. Dennoch versuchte sie, sie weiter auszufragen. Sie wollte unbedingt wissen, wo sie hier gelandet war.
    »Es gibt doch aber bestimmt noch andere Dörfer, wo ist das nächste größere?« »Ach so, das nächste Groß-Dorf ist Eridu, aber wir waren noch nicht dort. Es ist einen Tagesmarsch entfernt.«
    Sarah war irgendwo im Niemandsland gelandet, soviel war ihr nun klar. Diese Menschen kannten anscheinend weder Städte, Autos oder Straßen, die Ortsnamen klangen fremd und geheimnisvoll. Und sie hatte keine Ahnung, wie sie hierher gekommen war. Aber sie wollte nicht aufgeben. »Und euer Land, wie heißt euer Land?«
    Schena seufzte. »Unser Land heißt Zweistromland, wegen der zwei Flüsse, viele Stämme wohnen hier, unser Stamm heißt Ma-sa, was soviel wie Menschenkinder bedeutet.«
    Sarah war sprachlos, ihr fiel nichts ein, was sie hätte sagen können. Wo zur Hölle bin ich hier gelandet? Was mache ich hier? Aber ihr Verstand lieferte keine Antworten. Schena bemerkte Sarahs Verzweifelung und entschärfte diese geschickt.
    »Los, Nubuk, Yesaf, lauft voraus ins Dorf, und sagt, dass wir heute einen Gast zum Essen haben!«
    Die beiden trollten sich und lachten, als sie eilig den Pfad entlang davon liefen. Sarah fragte sich, womit sie diese Freundlichkeit, zum Essen eingeladen zu werden, verdient hatte.
    »Jetzt, da wir alleine sind, können wir besser miteinander reden, Sarah. Du benutzt einen eigenartigen Akzent, dein Heimatdorf ist mir unbekannt, du kommst wohl von weit her. Aber das macht nichts. Wir sind sehr gastfreundlich und freuen uns immer über Besuch von außerhalb. Beim Essen kannst du unsere Sippe kennen lernen. Es ist bald so weit. Wir müssen uns langsam auf den Weg machen.«
    »Danke.« Erwiderte Sarah. »Ich bin tatsächlich hungrig wie ein Bär.«
    »Wie ein Bär?« Schena kicherte. »Na, soo hungrig wohl nicht.«
    Die beiden Mädchen waren sich von Anhieb an sympathisch. Als ob sie auf einer Welle liegen würden.
    Sarah nahm sich Zeit, um Schena noch mal genauer zu betrachten. Sie war auf ihre Art hübsch. Sie war schlank und ihre kaffeebraune Haut würde sie zu einer Attraktion in ihrer Schule machen, ging es ihr durch den Kopf. Außerdem zeigte sich auch bei Schena schon ein Brustansatz, der sie unbewusst dazu brachte, sich mit ihr zu vergleichen. Nun ja. Schenas Gesicht war von recht hohen Wangenknochen geprägt, ihre Lippen waren zwar etwas schmal, aber ihre ebenfalls dunklen Augen nahmen einen dafür in ihren Bann. Ihre Nase war recht klein und niedlich. Ganz zweifellos würde Schena gegen sie bessere Chancen bei Jungens haben.
    »Wie alt bist du eigentlich Schena?« Fragte Sarah, noch im Gedanken, ob Schena auch bei Tim bessere Chancen hätte. Für ihn schwärmte sie schon seit letztem Schuljahr.
    Schena freute sich über ihr Interesse: »Ich zähle 14 Winter, ich bin im ersten Monat nach der Wintersonnenwende geboren, drei Tage vor dem vollen zweiten Mond.«
    »Merkwürdig. Eure Zählweise. Aber ich bin auch 14 Jahre alt. Welch Zufall.« Sarah war aufgeregt. Irgendetwas hier war falsch, nein nicht falsch, aber grundsätzlich anders als bei ihr zu Hause. Sie wollte mehr wissen, vor allem, wo sie denn hier gelandet war - und wie sie hergekommen war. Sie versuchte sich zu erinnern, was sie zuletzt gemacht hatte, bevor sie im Wald war. Es fiel ihr nicht ein. Schena sah aus, als ob sie auch überlegte, was das
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