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Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Titel: Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich
Autoren: Claudia Seidert
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wiederholen. Ady fährt in kürzeren Abständen und für immer längere Zeit nach Belgien, Jupp bleibt währenddessen allein in Bottrop, führt sein Geschäft und erzählt Ady von seinen Erlebnissen. Am 17. Januar 1950, schreibt er, er freue sich, dass es dem »Daddi« wieder besser gehe, und das Wetter sei in Bottrop auch sehr schlecht.
    Gestern war die Kasse einigermaßen, heut dagegen hat wohl viel am Wetter gelegen. Gestern wieder ein Fahrrad verkauft, derjenige hat 70, – DM angezahlt, das Rad bleibt aber bis zum 25.1. hier stehen, bis er die Hälfte bezahlt hat. Der Gummi ist gewaltig gestiegen, die Decken, die wir für 6,50 verkauft haben, kosten jetzt im Einkauf 7,04, na ja, gut dass wir ein paar in Reserve haben.
    Er hat einen Fortbildungskurs belegt – was genau, wissen wir nicht –, und muss Prüfungen machen. Den Termin dafür hat er jedoch verlegen lassen und hofft, dass dann alles klappt. Abschließend ermahnt er Ady, sie solle sich nicht allzu viele Sorgen machen, sondern »erhol dich gut, mach deinen Eltern viel Freude, heut hast du deinen halben Urlaub herum … Gestern war ich im Kino, ich muss doch auch mal eine Abwechslung haben, es wurde ›Feuer an Bord‹ gespielt. Vom Kino gleich nach Hause, na ja, ich hab das Gefühl, dass du das doch nicht glaubst, aber es stimmt.« Jupp fällt noch etwas ein, das geklärt werden muss, dann verabschiedet er sich von Ady. »In der Hoffnung wieder recht bald Post von meiner lieben Frau zu erhalten schließt mit vielen herzl. Küssen und recht viele Grüße an Deine Eltern, Dein Jupp!«
    Anfang der 1950er-Jahre hören in den Alben die verliebten Fotos der beiden auf. Dafür ist jetzt oft Maria mit auf dem Bild. Jupp und Ady nimmt der bedrückende Alltag mit Sorgen ums Auskommen in Besitz. Düstere Jahre in Deutschland, daneben schaffe, schaffe, Häusle baue und sparen.
    Zum Häusle reicht es in Bottrop längst nicht, auch wenn Jupps Fahrradgeschäft mehr abwirft als das, was zum Überleben unbedingt notwendig ist. Noch immer bewohnen sie das Zimmer in der Steinbrinkstraße. Jupp geht morgens in den Laden und Ady kümmert sich um alles, was zuhause anfällt. Das ist nicht viel. Sie sind zuzweit, Ordnung zu halten in dem einen Zimmer ist sicherlich nicht leicht, aber ganze Tage füllt das nicht aus. Ady geht keiner auswärtigen Arbeit nach, zumindest wissen wir nichts davon. Vermutlich kommt sie täglich ins Geschäft zu Jupp, macht die Abrechnungen und die Buchhaltung, möglicherweise auch die Bestellungen, ihre Deutschkenntnisse reichen dafür längst aus. Sie ist ein wichtiger Bestandteil im Leben und Berufsleben von Jupp, ohne sie kann er sein Geschäft nicht so führen, wie er es tut.
    Jupp hat sich Geschäftspapier drucken lassen: »Josef Kocyan, Mechanikermeister, mechanische Werkstätten für Nähmaschinen, Schreibmaschinen, Fahrräder, Leichtmotorräder, Autogene Schweißerei. Bottrop-Fuhlenbrock, Görkenstr. 17.« Auch Telefon hat er im Laden, Rufnummer 2021.
    Doch vor Kurzem beschloss er, sein Geschäft an eine bessere Geschäfte versprechende Adresse zu verlegen. So kann das teure Papier nun herhalten als privates Briefpapier für seine Post an seine Frau. Im Mai ist Ady erneut in Antwerpen. Es muss einiges besprochen werden, sie planen einen Umzug und überlegen, Möbel aus Antwerpen zu holen. Doch Jupp findet, der Möbeltransport sei zu teuer, für das Geld bekäme man in Bottrop ja alles neu, da müsse man noch mal sehen.
    Gestern war Muttertag, habe den ganz gut rum bekommen, das Wetter war prima, bin nach Specht gegangen und am Abend war ich bei Wittstamm, da war das Konzert mit den Sängerknaben, na ja es ging, auf die Dauer wird so etwas auch langweilig.
    Er berichtet ihr aus seinem Alltag, wer vorbeigekommen ist, wem er die fällige Rechnung bezahlt hat, dass die Putzfrau die Treppe macht und er das Hündchen Bobby jetzt viel bei sich hat. Er bittet Ady, sich gut zu erholen, denn »du weißt ja, wenn du zurückkommst, gibt es für dich viel Arbeit«.
    In diesem Mai schreibt Jupp mehrmals an Ady. »Zuerst den geschäftlichen Teil. Der Geldtag war der beste Tag, noch etwas mehr wie der andere beste, hatte ja viel Arbeit, aber es hat geklappt. Sonst alles beim Alten. Mit deinem Kommen lass es ruhig so wie das letzte mal, ich muss nur den genauen Tag wissen. Die Hauptsache, es hatdir gut gefallen und deine Eltern haben sich gefreut. Die Bilder sind auch ganz gut, nur etwas dunkel. Und wenn du zurück bist, wird umgezogen.«
    Wer eine Zukunft
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