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Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Titel: Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich
Autoren: Claudia Seidert
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mit dem Essen? Aber auch bei uns ist es nicht mehr wie früher. Dass wir bezahlen müssen für alles, das war früher nicht so und es ist auch alles so teuer jetzt. Wenn man das jetzt ausrechnet in belgisches Geld, dann ist es viel. Und wie geht es Jüpp? Ady, hat er noch immer seine Arbeit und bist du noch nicht bei deiner Mutter gewesen?
    Also Ady und Jupp, jetzt hör ich auf für dieses Mal wieder mit einem schönen Tag an alle,
    Eure Tante und Charley
    Und ich wünsche euch beiden noch viel Gesundheit und herzliche Grüße von eurer Tante und Charley.
    Netje hat sich mittlerweile anscheinend an die deutsche Verwandtschaft gewöhnt.
    Am 20. Juni 1948 trat die Währungsreform in den drei westlichen Besatzungszonen in Kraft. Im Jahr darauf endete das Besatzungsstatut, die Bundesrepublik wählte ihre erste eigene Regierung und erlangte einen Teil ihrer staatlichen Souveränität zurück.
    Renée schreibt am 25. 6. 49, dass man nun als Tourist nach Deutschland fahren kann; sie wolle es aber nicht tun, mit dem Bus sei es zu teuer, sie müsse sparen, in den Ferien will sie nach Frankreich.
    Maria darf nun Ady ganz offiziell in Bottrop besuchen und sie nutzt die Chance. Im Juni 1949 kommt sie mit dem Zug über die Grenze, und Jupp und Ady holen sie in Köln vom Bahnhof ab. Maria reist mit kleinem Gepäck. Die Wiedersehensfreude kann man sich leicht vorstellen. Ady wird ihre Mutter gar nicht mehr losgelassen haben.
    Ady und Jupp fahren mit Maria aber nicht etwa gleich nach Bottrop, sondern zuerst nach Königswinter, wo sie sich mit einer Gruppe von Leuten treffen. Das waren keine Kollegen von Daimler, Renée erkannte niemanden auf den Bildern. Vielleicht waren es Freunde oder Verwandte aus Antwerpen. Sie fahren mit der Drachenfelsbahn hinauf zum Restaurant und dort an der Brüstung oberhalb des Rheins entstehen ein paar Fotos. Konrad Adenauer, der erste Bundeskanzler der neuen Republik kam aus Königswinter, vom Drachenfels oberhalb hat man einen schönen Blick übers Rheintal hinüber nach Bonn, der Hauptstadt – die aber erst zu dieser werden sollte.
    War es politischer Instinkt, der die Gruppe dort am 4. Juni 1949 zusammenkommen ließ, politisches Bewusstsein, diesem historischen Moment der Gründung der Bundesrepublik nah zu sein? Kurioserweise wählten wir, Renate Niebler, Fotografin und meine Freundin, und ich ausgerechnet den Drachenfels, als wir für ein gemeinsames Buch auf der Suche waren für ein Motiv, das die Gründung der Bundesrepublik symbolisieren sollte.
    Vielleicht war es auch nur Zufall, dass Ady dort oben mit den anderen zusammenkam, der Wunsch nach einem schönen Ausflug mit einer reizvollen Aussicht im Frühsommer.
    Renée schickt im August 1949 mit ihrem Bruder Paul Urlaubsgrüße aus Biarritz.
    Jupp legt sich ein Motorrad, eine 98er zu. Die musste man antreten, »anstrampeln«. Damals war die Autobahn noch nicht in Betrieb, ab und zu durfte sie auch Neffe Jüppi fahren. Allerdings nicht zu viel, wegen des teuren Sprits. Eines Sonntagmorgens liegen Jupp und Ady noch im Bett, Jüppi will sich die Maschine wieder einmal ausleihen. Aber diesmal, ohne Jupp zu fragen. Er schiebt sie aus dem Hof, damit Jupp nichts mitbekommt und ein Stück die Straße runter. Als er sie antreten will, fällt ihm das schwere Ding um und ein Pedal bricht ab. Reumütig muss er seinem Onkel das Missgeschick beichten. Doch überraschenderweise nimmt der es mit Fassung.
    Maria hatte Jupp vor Adys Abreise nach Verviers und Neusalz bereits kennengelernt. Aber damals war er einer der Deutschen, einerder Besatzer. Dass sich ihre Tochter in ihn verliebte, war das eine, dass Maria und Firmin einen Deutschen als Freund und nun gar als Ehemann ihrer Tochter akzeptieren sollten, war das andere – und das war nicht leicht. George, den Sportsmann und Kavalier, den wollte Maria als Schwiegersohn sehen. »Am Anfang mit dem Jupp dann, Ady hat nur der Mutter versprechen müssen, nie einen Italiener oder so.« Warum ausgerechnet keinen Italiener – das wusste Renée so wenig wie Ady, »sie sagte, ja, ich habe damals nicht gefragt, jetzt wage ich das nicht mehr zu fragen.« Doch nun hatte Maria den deutschen Jupp als Schwiegersohn.
    Ady hat ihre Mami wieder…            … und die akzeptiert auch den Schwiegersohn.
    In Jupps Familie wurde erzählt, Maria und Firmin seien sehr gegen die Heirat von Ady mit dem Deutschen gewesen. Aber ob das stimmte? Die Neffen erinnern sich, dass Maria mit ihrer neuen Verwandtschaft kaum ein Wort
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