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Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Titel: Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich
Autoren: Claudia Seidert
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beschließen, dass es nun auch an der Zeit ist, gemeinsam die Eltern in Antwerpen zu besuchen. Jupp und Ady kleiden sich ein und reisen als erfolgreiches Unternehmerehepaar – wenn auch nur Kleinunternehmer.
    Es geht nicht allein darum, den geschäftlichen Erfolg von Jupp zu demonstrieren, sondern im Besonderen, Firmin zu zeigen, dass Jupp als Mann in der Lage ist, seine Frau zu ernähren und einen guten Eindruck zu hinterlassen. Firmin war nie nach Bottrop gekommen und es wird noch Jahre dauern, bis er seine Tochter in Deutschland besucht. Jupp ist und bleibt vorerst in seinen Augen der ungeliebte deutsche Schwiegersohn, den sie nicht verhindern konnten.
    Bei Marias erstem Besuch in Deutschland, 1949, als sie sich in Köln zu dritt zum Foto aufstellten, um dieses denkwürdige Treffen zu dokumentieren, strahlte Jupp Souveränität aus, volle Zufriedenheit. Die Schwiegermutter kam zu Besuch und er konnte zeigen, die Trümmer, die überall noch herumliegen, die werden bald verschwunden sein. Sie solle nur ein wenig warten, er wird für ihre Tochter aus diesen Ruinen die Zukunft bauen. Zwei Jahre später, in Antwerpen, ist Jupp Fremder. Die Ruinen, die er hier sieht, haben deutsche Raketen und Bomben verursacht und seine Schwiegereltern zeigen ihm den Charme einer Stadt, die nicht die seine ist. Seine geliebte Frau gehört hier dazu, er nicht. Er ist Gast, mitgebracht, vielleicht geduldet, aber willkommen? Jupp ist nervös, seine Unsicherheit überträgt sich auf Ady. Aber war es nicht seine Unerschütterlichkeit gewesen, die sie für Jupp eingenommen hatte? Seine stete Zuversicht, es werde schon alles werden, sein Zaubersatz, »es geht schon«?
    Auf den Fotos der 1950er-Jahre wirkt Ady – entsprechend der Mode wie immer elegant – beherrschter als in den ersten Nachkriegsjahren.
    Weihnachten verbringen Ady und Jupp erneut bei Maria und Firmin in Antwerpen, eine gewisse Annäherung wird es also gegeben haben zwischen Jupp und Firmin, doch es ist ein kurzer Besuch. Zu Neujahr sind sie bereits wieder zuhause.
    Sie haben in Antwerpen auch Renée getroffen und die fragt in einem Brief später, wie sie Sylvester verbracht hätten. Sie sei mit ihrem Bruder Paul in Mechelen gewesen und erst halb neun am Morgen nach Hause gekommen. Als es zu schneien beginnt, ist sie ganz aus dem Häuschen und geht stundenlang allein im Wald spazieren. Ihr geht es wieder besser nach der Trennung von John, sie spielt Theater mit einer Truppe ihres Bruders, geht ins Kino und ist begeistert von Lubitschs ›Ninotschka‹ mit Greta Garbo.

Post aus New York
    Am 1. April 1955 hob in Hamburg die erste Lufthansa-Linienmaschine ab und flog in vier Stunden über Düsseldorf und Frankfurt nach München. Am 8. September reiste Adenauer mit seiner Regierungsdelegation mit zwei Sondermaschinen der Lufthansa nach Moskau. Am Ende der Verhandlungen stand fest: Die letzten deutschen Kriegsgefangenen würden nach Hause zurückkehren können.
    In diesem Jahr jährt sich Jupps und Adys Hochzeitstag zum zehnten Mal. In den 1950er-Jahren schrieb sich Ady mit Wendell und Sophie Van Dyke aus New York, die sie 1945 in Heidelberg kennengelernt hatte, etliche Briefe. Der erste, der erhalten ist, stammt vom November 1952. Wendell erkundigt sich nach seinem »guten Freund Firmin« und einem Pommes-Frites-Laden in Antwerpen, und Sophie schreibt am Rand Grüße auf Flämisch. Viel lässt sich nicht entziffern, Wendell schreibt ein paar Jahre lang gern und viel – aber leider sehr unleserlich.
    Im Sommer 1955 wollen die New Yorker erneut Europa bereisen. Sie kündigen ihre Pläne bereits im Jahr zuvor an: London und Paris wollen sie sehen, nach Antwerpen kommen und Ady in Deutschland besuchen. Und sie bieten an, Firmin und Maria von Deutschland aus nach Antwerpen im Wagen mitzunehmen. Im Juli 1955 besucht Ady zusammen mit Maria und Firmin und in Begleitung von Wendell und Sophie Van Dyke Heidelberg. Firmins erster Besuch in Deutschland.
    Wir können nur erahnen, was Firmin letztlich bewog, seinen Fuß auf deutschen Boden zu setzen. Möglicherweise war es die Bekanntschaft mit den Amerikanern, die einnehmende Herzlichkeit der beiden. Vielleicht überredete ihn Wendell auch mit einem schlagenden Argument: Jupp und Ady waren von einem amerikanischen Offizier getraut worden – möglicherweise von ihm. Und er wolle Firmin gern am historischen Ort dabeihaben.
    Ob Wendell tatsächlich der Trau-Offizier von Ady und Jupp war oder ein in letzter Sekunde gefundener Trauzeuge, ließ
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