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Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Titel: Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich
Autoren: Claudia Seidert
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sprach. Weil sie nicht deutsch sprach oder weil sie so wie Ady sehr zurückhaltend war oder weil sie die Deutschen in Bottrop nicht mochte, das konnten sie nicht sagen.
    Maria kommt nun öfter nach Bottrop, in den nächsten Jahrenviele Male. Doch immer allein, Firmin war weder in Köln, noch Königswinter oder Bottrop dabei. Es wird noch Jahre dauern, bis er Ady in Deutschland besucht.
    Ady fährt zu ihren Eltern nach Antwerpen, zum ersten Mal nach ihrem heimlichen Zugabenteuer im Dezember 1949, doch auch wieder ohne Jupp. Für Ady ist das schwer, sie möchte natürlich, dass Jupp gemocht wird, dazugehört, dass sie als Familie anerkannt sind. So bleibt eine Trennung – hier ihr Leben in Bottrop, dort Antwerpen und ihre Eltern.
    Im Verlauf des Jahres intensiviert Ady die Häufigkeit der Fotobriefchen. Sie will Maria und Firmin teilhaben lassen an ihrem Leben. Möglicherweise will sie besonders Firmin zeigen, wie sie mit Jupp lebt, dass er sie liebt, sie also bestens bei ihm aufgehoben ist. Gewohnheit soll Vertrauen schaffen. Ady und Jupp fotografieren sich gegenseitig, in der Wanderausrüstung im Wald, im Anzug und schicken Kleid und am vollgelaufenen Bombentrichter in der Badehose. Sie halten ihre Ausflüge fest und transportieren die Erlebnisse via Fotos nach Antwerpen. Es sind stumme Aufforderungen: Seht her, das machen wir, und wie wir das machen. Und schaut her, auch wenn Ihr skeptisch seid, vor allem Du, Firmin, wir sind glücklich miteinander! Meine Entscheidung, bei Jupp zu bleiben, war richtig!
    Auch aus einem anderen Grund war es Ady wichtig, ihre Familie zusammenzuhalten. Mit ihrer neuen Familie wird sie nicht richtig warm. Anfangs ging sie zu den sonntäglichen Besuchen und Familientreffen noch mit, aber sie spürt, sie gehört nicht dazu und immer öfter bleibt sie weg. Allmählich zieht sie sich immer mehr zurück, kommt nicht einmal mehr zu größeren Feierlichkeiten mit. Sie blieb die Exotin, die Fremde. Sie fiel auf, sie war so ein bisschen modisch, erinnert sich Albert, »etwas Extra«. Sie färbte sich die Haare in zweierlei Farben, trug Schuhe mit hohen Absätzen, »da haben die Leute hinterhergeguckt, sie war eine Augenweide, trug auch mal einen Pelzmantel und Jupp hatte die entsprechenden Anzüge, sie haben beide geglänzt!« Das mit dem Pelzmantel muss später gewesen sein, als sie schon etwas mehr Geld auf der Kante hatten. Aber Ady beeindruckte die jungen Burschen auch auf anderem Gebiet. »Sie konnte fließend deutsch, französisch und schwedisch.« Für dieNeffen, die während der Nazijahre keine andere Sprache lernten als deutsch, muss Ady sehr weltläufig erschienen sein. Und das, was sie für schwedisch hielten, war Adys Flämisch.

Vom Kino gleich nach Hause
    Jupp ist der liebevolle Ehemann, aber auch der elegante Mann, der an Adys Seite etwas hermacht. Mitten unter den Briefen von Renée an Ady lag einer, der mich stutzen ließ. Alles darin deutete darauf hin, dass Jupp noch eine andere, bisher verborgene Seite hatte: dass er Vater eines kleinen Mädchens war. Allem Anschein nach hatte er in Neusalz ein Verhältnis mit einer Frau namens Hilda gehabt. Wie aber passte das zu der Liebesgeschichte mit Ady? War Jupp doch nicht dieser treue Freund und Ehemann gewesen?
    Renée amüsierte sich königlich, als ich ihr bei meinem Besuch in Antwerpen davon erzählte und klärte auch dieses Rätsel auf. Hilda Missiaen war eines der Mädchen aus dem »Harem« gewesen. Sie war in Neusalz mit einem Mann aus Köln zusammen, »so einem Kleinen«, er sprach »richtig Kölner Platt«, erinnerte sich Renée. »Ich meine, der Mann hieß auch Jupp. Das ist nicht immer Jupp Kocyan, aber wie er heißt mit Nachnamen, der Kleine, weiß ich nicht.« Renée glaubte sich zu erinnern, dass Ady Hilda einmal in Neusalz schwanger gesehen hatte und ihr davon erzählte. Renée vermutet daher, dass Hilda sich an Jupp und Ady wandte, weil sie den Vater des Kindes auch kannten und »sie waren wahrscheinlich auf demselben Arbeitsplatz.« Sie fragt sie in dem Brief, ob sie nicht bestätigen könnten, dass sie nicht verheiratet war, denn sie habe nun in Brügge Schwierigkeiten, weil sie ein Kind von einem Deutschen hat.
    Ich habe nicht in Erfahrung bringen können, ob es Hilda gelang, ihre Papiere umschreiben zu lassen und dadurch zusammen mit ihrer Tochter unbehelligter in Belgien zu leben.
    Weihnachten 1949 verbringt Ady in Antwerpen mit ihren Eltern und bleibt bis weit in den Januar. Das wird sich ab nun öfter
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