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Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Titel: Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich
Autoren: Claudia Seidert
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gelegen: 1942 wurde er zum Ridder in de Orde van Leopold II. met Zwaarden ernannt; 1950 zum Ridder in de Kroonorde met Zwaarden, und 1960/1961 erhielt er das Kruis van Ridder in de Leopoldsorde met Zwaarden.
    Als die Befreiungsoffensive im September 1918 begann, zählte die belgische Armee rund 168   000 Mann – und das bei gerade einmal sieben Millionen Einwohnern. König Albert I., der während desgesamten Krieges an der Front blieb, weigerte sich bis zum Herbst 1918, an den alliierten Offensiven teilzunehmen; in seinen Augen waren sie nutzlos. Dennoch ließen zwischen 40   000 und 50   000 belgische Soldaten während des Grand Guerre ihr Leben.
    Doch nicht allein die gefallenen Soldaten blieben in Erinnerung, eine genauso große Rolle spielten die von den Deutschen Erschossenen und die Deportierten. Diese Dreiheit »Combattant, Fusillé, Déporté« wurde in zahllosen Monumenten verewigt und beherrschte die politischen Debatten der Zwischenkriegszeit. Am 11. November 1918 ist es endlich vorbei: Waffenstillstand in Belgien. Doch zwischen dem Waffenstillstand und der Unterzeichnung des Friedensvertrags in Versailles sterben noch einmal rund 4000 belgische Soldaten. Hinter der Grenze, im Wald von Compiègne, unterzeichnet der Zivilist und Staatssekretär ohne besonderen Aufgabenbereich, Matthias Erzberger, für das besiegte Deutsche Reich das Waffenstillstandsabkommen. Aber die Rechtsnationalen im Reich schmähen ihn als »Novemberverbrecher« und »Vaterlandsverräter«, sie wollen die junge Weimarer Demokratie treffen, als sie Erzberger 1921 auf offener Straße erschießen.

Die tollen Jahre
    Der »Grand Guerre« ist zu Ende, Firmin kehrt nach Hause zurück. Der Tag, an dem die Waffen schwiegen, wurde zum nationalen Gedenktag. Noch Jahrzehnte später werden sich Maria und Firmin an diesem Datum mit anderen Veteranenfamilien treffen, Fotografien aus den Jahren 1959, 1963 und 1964 zeugen davon. Auf der Rückseite der Fotos ist jeweils das Datum vermerkt, der 11.11.
    Es ist das Jahr 1919. Ady steht auf einem Hocker in der Küche und schlägt mit den Händen eine imaginäre Trommel. Leise singt sie »Trois jeunes tambours s’en revenaient de guerre. Et ri et ran, ran pa ta plan. S’en revenaient de guerre« (»Drei junge Trommler sind aus dem Krieg heimgekehrt und ri und ran, rata pata pan, sind aus demKrieg heimgekehrt«) und bemüht sich, gerade zu stehen. Die Mutter kniet am Boden davor, ab und zu gibt sie leise Kommandos, mit Stecknadeln zwischen den Zähnen, wenn sich die Kleine weiterdrehen soll. Ady ist der ganze Stolz von Maria. Das Mädchen wiegt sich im Takt und die Mutter ermahnt sie, still zu halten, es dauere ja nicht mehr lange. Maria liebt es, ihre Tochter zu benähen. So wird das noch viele Jahre sein: Selbst dann noch, als Ady längst erwachsen und bereits verheiratet ist und entfernt von Maria in einem anderen Land lebt, wird die Mutter ihr Blusen und Röcke, elegante Kleider und Kostüme schneidern. Aber das wissen das kleine Mädchen auf dem Schemel und ihre Mutter noch nicht. Der Saum soll fertig werden, in wenigen Tagen wird Ady sechs Jahre alt, es soll gefeiert werden, die Tante und die Großeltern werden da sein und Ady soll das neue Kleid anziehen und besonders hübsch aussehen. Es ist ihr erster Geburtstag nach dem Krieg und endlich ist auch Firmin dabei.
    Ady im Alter von 6 und 8 Jahren und zur Kommunion.
    Belgien stand vor der schweren Aufgabe, ein über weite Teile entvölkertes und schwer verwüstetes Land wieder aufzubauen. Der Versailler Vertrag hob Belgiens Neutralität auf und sicherte dem Land die volle Souveränität zu. Die Region um Eupen, Malmedy und Sankt Vith an der Ostgrenze zu Deutschland fiel nach einem Jahrhundert wieder zurück an das belgische Königreich; 63000 Menschen wurden belgische Staatsbürger. König Albert I. nutzte die Sympathien, die er während des Krieges erlangt hatte, indem er sich gegen die Deutschen stellte, um gleich nach Kriegsende ohne die bis dahin dominierenden Konservativen mit dem sogenannten »Coup von Loppem« einige grundlegende Reformen auf den Weg zu bringen. Sie umfassten sowohl neue Sozialgesetze, die Arbeits- und Ruhezeiten sowie Krankheitsausfälle regelten, als auch ein neues Wahlgesetz: »Ein Mann – eine Stimme« ab der Volljährigkeit mit 21 Jahren. Frauen blieben weiterhin bis auf die Gemeinderatswahlen vom Wahlrecht ausgeschlossen; das sollte noch bis 1949 so bleiben. Zugleich wurde eine Regierung der Einheit auf den Weg
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