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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin
Autoren: B.C. Schiller
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Mann vor Ihnen abgelegt hat. Aber wie ich bereits zu Ihnen sagte, es hat mir niemand geglaubt.“
    Sie räuspert sich erneut und ich habe den Eindruck, dass es ihr schwerfällt, weiterzusprechen.
    „Ich hätte mich besser vorbereiten sollen. Auch noch einige andere Dinge berücksichtigen müssen. Es war meine Schuld, ich hatte keine Strategie. Halten Sie durch bis zur Verhandlung. Denken Sie an die zynischen Worte Ihres Mannes, die sollen Ihnen Kraft geben. Vielleicht können Sie die Geschworenen doch noch von Ihrer Unschuld überzeugen. Geben Sie niemals auf.“
    Die letzten Worte von Isabelle Wagner höre ich nur noch als zerfetzte schrille Laute aus dem Hörer, der über meinem Kopf wie ein Pendel hin und her schwingt. Ich liege am Boden, werde von Krämpfen geschüttelt und kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Wenn ich jetzt an die Zukunft denke, dann ist dort nur ein schwarzes Loch. Gregors höhnisches „Ich liebe dich zu Tode“ dröhnt mir plötzlich wieder in den Ohren und in diesem Punkt muss ich ihm recht geben. Seine kranke Liebe wird mir den Tod bringen.

Epilog

    Zwei Monate sind vergangen und ich habe mich nicht umgebracht. Im Gegenteil.
    Ich stehe als freier Mensch in der VIP Lounge des Wiener Flughafens und kann es kaum erwarten, endlich einen Schlussstrich unter meine Vergangenheit zu ziehen. Das Flugzeug hat ein wenig Verspätung und so bleibt mir noch genügend Zeit, die Ereignisse der letzten Tage und Stunden nochmals zu rekapitulieren, um sie so endgültig zu verarbeiten.
    Wie erwartet, hat Gregor mit seiner kleinen konservativen Partei einen beeindruckenden Wahlerfolg erzielen können und ist jetzt der Juniorpartner in der neuen Regierung. Immer öfter lässt er sich gemeinsam mit A. M. bei Empfängen und öffentlichen Veranstaltungen sehen und letzte Woche wurden mir die Scheidungspapiere zugestellt. Ich brauche nur noch zu unterschreiben, dann ist Gregor seine alte Familie los und kann eine neue gründen. Er ist jetzt auf dem Höhepunkt seiner Karriere und seine verrückte Frau in der Untersuchungshaft ist auch bald Vergangenheit.
    Ach ja, diverse Gutachter streiten sich herum, ob ich zum Zeitpunkt der Morde nun zurechnungsfähig gewesen wäre oder nicht. Mir ist das so was von egal, denn ich bin unschuldig. Aber das behalte ich lieber für mich, denn Verrückte halten sich im Allgemeinen immer für normal, doch ich bin es wirklich.
    Isabelle Wagner hat mich nie wieder besucht. Ein einziges Mal hat sie noch mit mir telefoniert und ich musste ihr den genauen Wortlaut von Gregors Geständnis wiedergeben. Das war nicht weiter schwierig, denn seine zynischen Sätze werde ich nicht vergessen, solange ich lebe. Besonders interessiert haben sie seine Formulierungen, die mit dem Tod von Raul zu tun hatten und sich auf Rauls schriftliches Geständnis bezogen. Auch das Feuerzeug, das Marion in der Wohnung von Talvin gefunden hat, schien sie wichtig zu finden. Natürlich bemerkte sie mein apathisches Verhalten und nahm mir eindringlich das Versprechen ab, wenigstens bis zur Verhandlung am Leben zu bleiben. Als ich sie nach dem Grund für diesen Wunsch fragte, hat sie nur „Geben Sie niemals auf!“ gesagt und dann grußlos aufgelegt. Dieses Telefonat war vor einem Monat und die Tage verstrichen wie im Schneckentempo und es wurde noch immer kein Verhandlungstermin festgelegt.
    Die einzigen Neuigkeiten brachte mein Pflichtverteidiger, der herausgefunden hatte, dass Talvin Singh als illegaler Einwanderer in Österreich gelebt hat. Deshalb gab es auch keinerlei Spuren oder Dokumente über ihn. Er war in Österreich einfach nicht existent. In Wien hat er als Schwarzarbeiter für eine Putzfirma gejobbt und auch die Wohnung in der Operngasse wöchentlich gereinigt. Als er mich kennenlernte, hat er sich als Besitzer der Wohnung ausgegeben, um mich zu beeindrucken. Übrigens auch das Tinkerbell-Mädchen war illegal aus der Ukraine zu dem Putztrupp gekommen. Ich hatte also die beiden nicht bei einem Fetischspiel, sondern beim Putzen der Wohnung überrascht. Das Mädchen war geflüchtet, weil es Angst hatte, abgeschoben zu werden.
    An einem regnerischen Dienstag im Oktober stand ich wie immer an meinem Arbeitsplatz in der Wäscherei und sortierte Handtücher. Mein Antrag auf einen Job in der Gefängnisbücherei wurde abgelehnt, so kann ich also nicht wie Talvins Großvater tausende Bücher lesen, dieses Wissen in meinem Gedächtnis speichern und an meine Nachkommen weitergeben. Und wenn schon, ich habe ja
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