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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Pause, indem er sich auf sein Lager zurückwarf und zu den von der lodernden Glut beleuchteten Zweigen emporschaute. »So kann man's aushalten; Bärenrippen und trockenes Wetter; etwas Honig fehlt noch. Solch junges Fleisch schmeckt aber auch ohne Honig delikat. Blitz und Tod! Manchmal, wenn ich so auf Deck lag, wie jetzt hier unter den herrlichen Bäumen, zu denselben Sternen in die Höhe schaute und dann das Heimweh bekam, Edgeworth, ich sage Euch, das – Ihr habt wohl nie Heimweh gehabt?«
    »Heimweh? Nein«, erwiderte der alte Mann seufzend, während er seine Büchse mit frischem Zündpulver versah, das Schloß mit dem Halstuch bedeckte und sie neben sich legte, »das nicht, aber anderes Weh gerade genug. – Sprechen wir nicht davon, ich will mir den Abend nicht gern verderben. Ihr wolltet mir ja erzählen, was in Brasilien mit Dickson, oder wie er sonst hieß, geschah.«
    »Nun, wenn das dazu dienen soll, Euch aufzuheitern«, brummte Tom, »so habt Ihr einen wunderlichen Geschmack. Aber so ist es mit uns Menschen, wir hören lieber Trauriges von anderen als Lustiges von uns selbst. Doch meine Geschichte ist kurz genug. Wir waren in die Mündung eines kleinen Flusses, San José, eingelaufen und gedachten dort, unsere Ladung von Whisky, Mehl, Zwiebeln und Zinnwaren, mit welchen wir einen besonders guten Handel zu machen hofften, an die Eingeborenen und Pflanzer zu verkaufen. Eine bezeichnete Plantage hatten wir aber an dem Abend nicht mehr erreichen können, befestigten unser kleines Fahrzeug deshalb mit einem guten Kabeltau an einem jungen Palmbaum, der nicht weit vom Ufer stand, kochten unsere einfache Mahlzeit, spannten die Moskitonetze auf und legten uns schlafen.
    Eine Wache auszustellen oder sonstige Vorsichtsmaßregeln zu treffen, fiel niemandem ein; nur hatten wir das Haltetau etwas lang gelassen, damit der Schoner neben einen im Wasser festliegenden Stamm kam und nicht das Ufer rammen konnte.
    Sonst träumten wir von keiner Gefahr und hielten auch wirklich die Gegend für ganz sicher und gefahrlos.
    Ich weiß nicht, wie spät es in der Nacht gewesen sein kann, als Dickson, der dicht neben mir lag, mich in die Seite stieß und fragte, ob ich nichts höre.
    Halb im Schlafe noch, mochte ich ihm wohl etwas mürrisch geantwortet haben, er solle zum Teufel gehen und andere Leute in Ruhe lassen, da fühlte ich, wie er mich bald darauf zum zweiten Mal, und zwar diesmal ziemlich derb, an der Schulter faßte und leise flüsterte: ›Munter, Tom! Munter! Es ist nicht richtig am Ufer.‹ ›Hallo‹, rief ich und fuhr in die Höhe; denn jetzt kam mir zum ersten Male der Gedanke an die roten Teufel, die ja doch auch dort vielleicht eben solche Liebhabereien haben konnten wie das wilde Volk bei uns. So saßen wir denn nebeneinander, jeder unter seinem langen dünnen Fliegennetz, und lauschten, ob wir irgend etwas Verdächtiges hören konnten. Da rief Dickson auf einmal: ›Hierher, Leute! – Da sind sie – die Schufte!‹ und sprang in die Höhe, während ich schnell nach meinem Messer griff, das verdammte Ding jedoch in aller Eile nicht finden konnte. Dickson aber mußte sich mit den Füßen in dem dünnen Gazestoff, aus dem das Netz bestand, verwickelt haben. Ich hörte einen Fall auf das Deck und sah, als ich mich schnell danach umwandte, zwei dunkle Gestalten, die wie Schatten über den Rand des Bootes glitten und sich auf ihn warfen. In dem Augenblick trat ich auf eine Handspeiche, die wir am vorigen Abend gebraucht hatten, und das war die einzige Waffe, die hier von Nutzen sein konnte. Mit Blitzesschnelle riß ich sie in die Höhe, rief den andern zu – wir hatten noch drei Matrosen und einen Jungen an Bord –, das Tau zu kappen, und schmetterte das schwere Holz auf die Köpfe der beiden dunklen Halunken nieder, die auch im nächsten Augenblick wieder über Bord sprangen oder wahrscheinlicher stürzten; denn meine Keule saß am nächsten Morgen voll Gehirn und Blut.
    Während die übrigen Männer noch halb schlaftrunken emportaumelten, hatte der Junge so viel Geistesgegenwart behalten, mit einem glücklicherweise bereitliegenden Handbeil das Tau zu kappen, so daß der Schoner im nächsten Augenblick, von der starken Ebbe mit fortgenommen, stromab trieb.
    Meiers und Howitt, zwei von den anderen Matrosen, versicherten mir nachher noch, sie hätten ebenfalls fünf von den Schuften, die am Schiffsrand gehangen, auf die Schädel geklopft; ich weiß freilich nicht, ob es wahr ist. Unser armer Kapitän aber war
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