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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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ohne ihn in den Wald.«
    »Das ist ja nicht möglich; die Gebeine können keinen Geruch behalten haben. – Wie alt ist denn der Hund?«
    »Acht Jahre; aber so klug wie je ein Tier einer Fährte folgte«, sagte der Greis. »Wolf – komm hierher!« wandte er sich dann an den Winselnden. »Komm her, mein Hund! – Kennst du Bill noch, deinen alten, guten Herrn?«
    Wolf setzte sich nieder, hob den spitzen Kopf hoch empor, sah seinem Herrn treuherzig in die Augen, warf sich mehrere Male unruhig von einem Vorderlauf auf den anderen und stieß plötzlich ein nicht lautes, aber so wehmütig klagendes Geheul aus, daß sich der alte Mann nicht länger halten konnte. Er kniete neben dem Tier nieder, umschlang seinen Hals und machte durch einen heißen, lindernden Tränenstrom seinem gepreßten Herzen Luft. Wolf aber leckte ihm liebkosend die Stirn und Wange und versuchte mehrere Male, die Pfote auf seine Schulter zu legen.
    »Unsinn!« sagte Tom, dem bei dem sonderbaren Betragen des Hundes ordentlich unheimlich zumute wurde. »Das Tier wittert menschliche Überreste, und da geht's ihm gerade wie mit Menschenblut. Laßt das die Hunde plötzlich spüren, so heulen sie ebenfalls, als ob ihnen das Herz brechen wollte.«
    »Laßt mir den Glauben, Tom!« bat der Alte und richtete sich endlich wehmütig wieder auf. »Es tut mir wohl, selbst in dem Tier das Gedächtnis für einen Freund bewahrt zu sehen, und wir haben ja des Schmerzlichen genug; warum den schwachen Trost noch mutwillig mit eigener Hand zerstören?«
    Ein Schuß aus der Richtung, in welcher der Fluß liegen mußte, unterbrach seine Rede.
    »Verdammt!« rief Tom. »Ob die Burschen schon mit dem Boot da sind? Die Seehunde müssen nachts gefahren sein; es ist ja kaum Tag.«
    »Tut mir den Gefallen und ruft sie her!« bat Edgeworth.
    »Mir wär's lieber, wenn Ihr mitgingt«, sagte der junge Mann zögernd, »Ihr quält Euch hier und –«
    »Ich bin gefaßt, wenn Ihr kommt, Tom. Tut mir die Liebe und ruft sie.«
    Im nächsten Augenblick hatte der junge Mann seine Büchse geschultert und schritt dem Flußufer zu. Edgeworth kniete an dem Fuße der Eiche nieder, die jahrelang ihre Arme schützend über die Überreste seines Kindes ausgebreitet hatte, und lag ernst und still im brünstigen Gebet, bis er die Schritte der Bootsleute hörte. Dann sprang er auf und schritt ihnen fest und ruhig entgegen. Tom hatte die Männer schon unten am Flusse mit dem Vorgegangenen schnell bekanntgemacht, und ernst und schweigend begannen sie, an der engen Gruft zu arbeiten, die des unglücklichen Mannes Gebeine aufnehmen sollte. Dann legten sie sorgsam die gesammelten Überreste hinein, warfen das Grab zu, wölbten den kleinen Hügel darüber und trugen nachher ebenso still und lautlos die Jagdbeute, die ihnen Tom bezeichnete, auf ihren Schultern zum Boot hinunter.
    »Hallo!« rief ihnen hier der an Bord gebliebene Steuermann, eine wilde, drohende Gestalt, das Gesicht ganz von Pockennarben zerrissen, die schwarzen langen Haare wild um die Schläfe hängend entgegen. »Bärenfleisch! Bei den sieben Todsünden! – Verdamme meine Augen, wenn das nicht der vernünftigste Streich ist, den unser alter Kapitän in langer Zeit ausgeführt hat. – Macht aber schnell, Burschen, daß wir von hier fortkommen! Wir versäumen die schöne Zeit; das Wasser fällt mit jeder Sekunde.«
    »Wir gehen noch einmal hinauf«, sagte der eine von ihnen.
    »Was zum Henker ist nun noch oben?«
    »Oben ist nichts mehr, wir wollen nur die Backsteine aus unserer Küche hinauftragen und, so gut es geht, einen Grabstein daraus machen.«
    »Narren seid ihr«, zürnte der Steuermann, »wie sollen wir nachher kochen?«
    »In Vincennes können wir neue bekommen«, sagte Tom.
    »Schaden würd's Euch auch nicht, wenn Ihr eine Ladung mit hinauftrügt.«
    »Ich bin zum Steuern gemietet und nicht zum Steineschleppen«, brummte der Lange, indem er sich ruhig aufs Verdeck streckte. »Unsinn genug, daß ihr die alten Knochen da oben noch einmal aufrührt; die wären auch ohne euch verfault.«
    Die Männer antworteten ihm nicht, luden ihre Last auf und stiegen damit die steile Uferbank empor. An dem Grabe errichteten sie das einfache Denkmal für den ermordeten Jäger, frischten das Kreuz in der Eiche wieder auf und wollten dann langsam den Platz verlassen, auf dem Edgeworth noch immer in Schmerz und Gram vertieft stand. Da fuhr der Alte aus seinen Träumen auf, drückte den Bootsleuten allen freundlich die Hand, schulterte seine
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