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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Büchse, rief nach dem Hund und ging mit festen, sicheren Schritten voran, dem Boot zu.
    Eine halbe Stunde später knarrten und kreischten die schweren Ruder des unbehilflichen Fahrzeugs, mit denen es in die eigentliche Strömung hinausgeschoben wurde. Dann aber drängte es schwerfällig gegen die Mitte des Flusses zu und trieb langsam hinunter seine stille, einförmige Bahn. Wie es aber nur erst einmal in Gang und richtig in der Strömung war, hoben die Bootsleute ihre ›Finnen‹, wie die langen Ruder solcher Boote genannt werden, an Deck und streckten sich selbst nachlässig und behaglich auf den Brettern aus, um die ersten Strahlen der freundlichen Morgensonne zu genießen, die jetzt eben in all ihrer schimmernden Pracht und Herrlichkeit über dem grünen Blättermeer emportauchte.
    Edgeworth aber saß, mit dem Hund zwischen seinen Knien, am hintern Rande des Fahrzeugs und schaute still und traurig nach den mehr und mehr in weiter Ferne verschwindenden Bäumen zurück, die das Grab seines Kindes überschatteten.

Kapitel 2
    In Helena[eine kleine Stadt in Arkansas, am Ufer des Mississippi] herrschte ein ungewöhnlich reges Leben und Treiben, und aus der ganzen Umgegend mußte hier die Bevölkerung zusammengekommen sein. Überall standen Gruppen eifrig unterhaltender Männer, teils in die bunt befransten Jagdhemden der Hinterwäldler, teils in die blauen Jeansfracks der etwas mehr zivilisierten Städter gekleidet, deren heftige Reden und lebhafte Gesten verrieten, daß sie keineswegs alltägliche Gespräche führten.
    Vor dem Union-Hotel, dem besten Gasthause der Stadt, schien sich der größte Teil dieser Menschenmasse versammelt zu haben, und der Wirt, eine lange, hagere Gestalt mit blonden Haaren, scharfen Backenknochen, etwas spitzer, vorstehender Nase, aber blauen, gutmütigen Augen, kurz, jeder Zoll ein Yankee, hatte schon eine geraume Zeit dem Drängen und Treiben vor seiner Schwelle mit augenscheinlichem Wohlbehagen zugesehen. Im Innern des Hauses fehlte es allerdings keineswegs an Arbeit, und die tätige Hausfrau hatte, von ihrem Dienstboten und einem Neger unterstützt, alle Hände voll zu tun, die Gäste zu befriedigen und Schlafstellen für die herzurichten, die zu weit entfernt von Helena wohnten. Trotzdem aber verharrte der Wirt in seiner ruhigen Stellung und kümmerte sich nicht im geringsten um das innere Hauswesen.
    Da sich die Menschen von dem Hause durch den Wortwechsel und vielleicht auch durch geistige Getränke erhitzt hatten, artete ihre bisher ruhige und friedliche Unterhaltung mehr und mehr aus. Einzelne heftige Flüche und Drohungen überschallten zuerst für Augenblicke das übrige Wortchaos, und plötzlich verkündeten ein scharfer Schrei und ein wildes Drängen, daß es endlich, was der lächelnde Wirt schon lange ersehnt haben mochte, zu Tätlichkeiten gekommen sei.
    Mit halb vorgebeugtem Oberkörper, die Hände tief in den Beinkleidertaschen und die rechte Schulter an den Pfosten seiner Tür gelehnt, stand er da, und man sah es ihm ordentlich an, welch Vergnügen ihm ein Kampf machte, dessen Ergebnis so ganz seinen Wünschen entsprochen haben mußte.
    Der nämlich, der den ersten Schlag gegeben hatte, war ein kleiner, untersetzter Ire mit brennend roten Haaren und womöglich noch röterem Barte, dazu in Hemdsärmeln, mit offenem Kragen und etwas kurzen, eng anschließenden Nankingbeinkleidern, was seiner Figur einen eigentümlich komischen Anstrich gab. Davon abgesehen war aber Patrick O'Toole nichts weniger als komisch oder auch nur spaßig, sobald er ein paar Tropfen Whisky im Kopfe und irgend Ursache zu einem vernünftigen oder ›räsonablen‹ Streit hatte, wie er es nannte. Wenn auch nicht zänkisch, so war er doch der letzte, der einen Platz verlassen hätte, wo noch die mindeste Aussicht zu einer anständigen Prügelei zu erwarten gewesen wäre.
    Sosehr aber Patrick oder Pat, wie er gewöhnlich im Städtchen hieß, diesmal im Recht sein mochte, sosehr fand er sich bald im Nachteil; denn kaum lag sein Gegner vor ihm im Staube, als der größte Teil derer, die bis jetzt wenig oder gar keinen Anteil an dem Zank genommen hatten, auf ihn eindrangen und den Gefallenen rächen wollten.
    »Zurück mit euch! – Weg da, ihr Blackguards, ihr – Söhne einer Wölfin!« schrie der Ire und teilte dabei ohne Unterschied der Person nach links und rechts so gewaltige und gut gezielte Stöße aus, daß er die Angreifer blitzschnell in sichere Entfernung zurückscheuchte.
    »Ehrlich Spiel
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