Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
Autoren: Friedrich Gerstäcker
Vom Netzwerk:
schmeichelnde Plätschern der Wellen, noch durch den mächtigen Andrang der zornig aufgeschwellten Wasser hatte bewogen werden können, auch nur einen Zollbreit seines behaupteten Grundgebiets preiszugeben.
    Der eine der Männer war noch jung und kräftig, kaum älter als drei- oder vierundzwanzig Jahre, und seine Tracht verriet eher den Bootsmann als den Jäger. Der kleine, runde und niedere Wachstuchhut mit dem breiten, flatternden Band darum saß ihm keck und leicht auf den krausen, blonden Haaren. Die blaue Matrosenjacke umschloß ein Paar Schultern, deren sich ein Herkules nicht hätte zu schämen brauchen, und das rotwollene Hemd wurde von einem schwarzen, seidenen Halstuch, wie die weißen, segeltuchenen Beinkleider von einem schmalen, festgeschnallten Gürtel über den Hüften zusammengehalten. Dieser trug zu gleicher Zeit noch die lederne Scheide mit dem einfachen Schiffsmesser und vollendete den seemännischen Anzug des Fremden.
    Daß er aber auch in den Wäldern heimisch war, bewiesen die sauber gearbeiteten Mokassins, mit denen seine Füße bekleidet waren, wie die von seiner Hand erlegte Beute, ein stattlicher junger Bär, der vor ihm ausgestreckt auf dem blutgefärbten Rasen lag. Ein großer, schwarz und grau gestreifter Schweißhund aber saß daneben und hielt die klugen Augen noch immer fest auf das glücklich erjagte Wild geheftet. Die heraushängende Zunge, das schnelle heftige Atmen des Tieres, ja sogar ein nicht unbedeutender Fleischriß an der linken Schulter, von dem die klaren Blutstropfen noch langsam niederfielen, bewiesen, wie schwer ihm die Jagd geworden war und wie teuer er den Sieg über den stärkeren Feind erkauft hatte.
    Der zweite Jäger, ein Greis von einigen sechzig Jahren, wurde zwar an Körperkraft und Stärke von seinem jüngeren Begleiter übertroffen, trotzdem sah man aber keiner seiner Bewegungen das vorgerückte Alter an. Seine Augen glühten noch in fast jugendlichem Feuer, und seine Wangen färbte das blühende Rot der Gesundheit. Nach Sitte der Hinterwäldler war er in ein einfaches baumwollenes Jagdhemd, mit eben solchen Fransen besetzt, lederne Leggins und grobe Schuhe gekleidet. In seinem Gürtel stak aber statt des schmalen Matrosenmessers, das sein Gefährte trug, eine breite, schwere Klinge, ein sogenanntes Bowiemesser, und die wollene, fest zusammengerollte Decke hing ihm, mit einem breiten Streifen Bast befestigt, über der Schulter.
    Beide hatten sich augenscheinlich hier, wo sie ihr Wild erlegten, nach der Anstrengung für kurze Rast ins Gras geworfen. Der Alte, der sich auf den rechten Ellbogen stützte und der eben hinter den Bäumen versinkenden Sonne nachsah, brach jetzt zuerst das Schweigen.
    »Tom«, sagte er, »wir dürfen hier nicht lange liegenbleiben. Die Sonne geht unter, und wer weiß, wie weit es noch zum Fluß ist.«
    »Laßt Euch das nicht kümmern, Edgeworth«, antwortete der Jüngere, während er sich dehnend streckte und zu dem blauen, durch die schattigen Zweige auf sie niederlächelnden Himmel emporblickte, »da drüben, wo Ihr die lichten Stellen erkennen könnt, fließt der Wabasch keine tausend Schritt von hier, und das Flatboot kann heute abend mit dem besten Willen von der Welt noch nicht hier vorbeikommen. Sobald es dunkel wird, müssen sie beilegen, denn den Snags und Baumstämmen, mit denen der ganze Fluß gespickt ist, wiche selbst Gott Vater nicht im Dunkeln aus, und wenn er sich mit allen seinen himmlischen Heerscharen ans Steuer stellte. Überdies hatten sie von da, wo wir sie verließen, einen Weg von wenigstens fünfzehn Meilen zu machen, während wir die Biegung des Flusses hier kurz abschnitten.«
    »Ihr scheint mit dieser Gegend sehr vertraut«, sagte der Alte.
    »Das will ich meinen«, erwiderte jener sinnend, »habe hier zwei Jahre gejagt und kenne jeden Baum und Bach. Es war damals, ehe ich Dickson kennenlernte, mit dessen Schoner ich später nach Brasilien ging. Der arme Teufel hätte auch nicht gedacht, daß er dort solch ein schmähliches Ende nehmen sollte.«
    »Das habt Ihr mir noch nicht erzählt.«
    »Heute abend vielleicht. – Jetzt, denke ich, schlagen wir ein Lager auf und gehen dann mit Tagesanbruch zum Fluß hinunter, wo wir warten können, bis unser Boot kommt.«
    »Wie schaffen wir aber das Wild hinab? Wenn's auch nicht weit ist, werden wir doch tüchtig dran zu schleppen haben.«
    »Ei, das lassen wir hier«, rief der Jüngere, während er aufsprang und seinen Gürtel fester schnallte, »wollen die Burschen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher