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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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lohnt, birgt Gefahren, die du dir nicht einmal vorstellen kannst! Willst du vielleicht andeuten, du wolltest dich mit Aratak aufmachen und mich hier den Aufzeichnungsgeräten überlassen?“ Sie sprang auf die Füße und blickte ihn wütend an. „Das entscheidet alles, Aratak. Ich komme mit dir, ob dieser ausgewachsene Baumdachs hier nun mitkommt oder nicht!“
    Baumdachs? Dane öffnete den Mund, um eine Erklärung zu verlangen, merkte dann aber, daß ihm seine Translatorscheibe wieder einmal einen Streich spielte. Wie würde Rianna es aufnehmen, wenn er sie ein Hasenkaninchen nannte? Offensichtlich handelte es sich um ein Wesen von Riannas Welt, mit dem sie Dane gerade verglichen hatte. Er hätte gerne gewußt, warum …
    „Rianna“, sagte er sanft, entschlossen, es noch einmal zu versuchen, „das mag für einen Barbaren aus einer abgelegenen Welt wie mich zutreffen. Aber du bist kultiviert …“
    „Wie zivilisiert war ich denn auf der Welt der Jäger?“
    In seinem Kopf formte sich ein Bild: Dunkelheit, der Rote Mond hing wie ein Neonlicht am Himmel, die dunklen Umrisse der schlafenden Kameraden – Dallith, die Verlorene, die Geliebte, Dallith, tot, weil er in Raserei geraten war und seine Pflicht gegenüber den anderen Teilnehmern der Jagd vernachlässigt hatte, Dallith, lebendig, während er und Rianna Wache hielten, Dallith, im letzten friedlichen Schlummer ihres Lebens, und Riannas Stimme in der Dunkelheit: Ich bin viel weniger zivilisiert, als ich jemals gedacht habe …
    „Du hast doch erst drei, vielleicht vier Planeten in deinem ganzen Leben gesehen!“ flammte Rianna. „Ich bin schon auf so vielen gefährlichen Planeten gewesen, noch ehe ich in die Pubertät kam!“ Ihre Stimme, ihre Gegenwart schien sehr weit entfernt, irgendwie weniger real als die buschwerküberzogenen Berge unter dem Roten Mond, die ziegelrote Scheibe der Jägerwelt über ihnen. Durch Danes Gedanken zuckte der Spinnenmann und schleuderte seinen todbringenden Speer. Cliff, der Mekhar, bewegt sich katzengleich in seinem Rücken, und Dallith, Dallith …
    Dane schüttelte den Kopf, als müßte er Spinnweben abstreifen. Hölle, dieser Planet – wie hieß er? – Belsar … wie gefährlich er auch immer war, es würde wahrscheinlich im Vergleich mit dem Roten Mond und der Jagd wie ein Sonntagsfrühstück werden! Mit einer einzigen, flüssigen Bewegung glitt er durch den Raum auf das Schwert zu und kniete nieder. Seine Hand umschloß die gebogene Scheide. Sein Kopf beugte sich kaum wahrnehmbar. Dann stand er rasch auf und wandte sich zu ihnen um. Er hielt das Schwert mit der Scheide wie eine Aktentasche unter dem Arm; sein Daumen war über dem Heft abgeknickt, als wolle er sichergehen, daß die Klinge nicht herausglitt.
    Wir werden zusammen gehen, dachte er, doch seine Gedanken waren nicht bei seinen Kameraden, sondern beim Schwert. Laut sagte er lediglich: „In Ordnung, wann ziehen wir los?“

 
3
     
    „Um Himmels willen“, rief Dane aus, „der Planet hat ja Windpocken!“
    Auch mit Hilfe der Translatorscheibe hatten diese Worte für Aratak keine Bedeutung, doch er kicherte über Danes Tonfall und trat zu ihm an den Bildschirm.
    „Die Außenhaut scheint in der Tat unter irgend etwas wie Insektenbefall zu leiden“, meinte er. „Sieht wirklich eher wie ein toter Satellit aus, den man mit Meteoriten bombardiert hat, als eine lebendige Welt mit einer Atmosphäre, die solche Einwirkungen verglühen läßt. Es ist ein Rätsel, mein Freund, das ich nicht deuten kann, doch das Göttliche Ei bemerkt dazu, wenn wir alle Dinge wüßten, gäbe es keine Herausforderung mehr für intelligente Wesen, und wir würden rasch aus Langeweile sterben oder bis zu den Nüstern in den Sümpfen versinken und nichts anderes mehr bedenken als das Bekannte und die Langeweile.“
    „Das Göttliche Ei scheint zu allem etwas zu sagen zu haben“, murmelte Dane, doch Arataks unsichtbare, aber scharfe Ohren fingen das Gemurmel auf.
    Mit äußerster Höflichkeit, die er an den Tag legte, wenn man ihn zurückgewiesen hatte, sagte er: „Es ist Sache der Philosophen, Bemerkungen über die Dinge anzustellen, für die wir, die wir in weltlichen Dingen verhaftet sind, weder die Zeit noch die Muße haben nachzudenken.“
    „Das war flapsig von mir“, entschuldigte sich Dane. „Ich hätte sagen sollen, daß die Weisheit des Göttlichen Eis eher der eines alten, ehrwürdigen Weisen entspricht als der einer embryonischen Form.“
    „Das Göttliche Ei“,
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