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Die Flammen der Hölle

Die Flammen der Hölle

Titel: Die Flammen der Hölle
Autoren: Diana Gabaldon
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erwischte Dashwood unter dem Kinn und ließ ihn rückwärts taumeln - so vermutete Grey jedenfalls, als er einen unterdrückten Fluch hörte und eine plötzliche Leere über sich spürte. Die Hände auf seinen Schultern lösten sich kurzfristig, und Grey versuchte, sich hochzukämpfen, doch ein fester Hieb in die Magengrube raubte ihm den Atem und brachte ihn für den Rest der kurzen Zeremonie zum Schweigen.
    Dann stellten sie ihn keuchend und blutbefleckt auf die Füße und gaben ihm aus einem juwelenbesetzten Becher zu trinken.
    Er schmeckte Opium in dem Wein und ließ beim Trinken so viel Flüssigkeit über das Kinn laufen, wie er sich traute. Dennoch spürte er, wie sich die Traumtentakel der Droge durch seinen Verstand stahlen, und sein Gleichgewichtssinn ließ ihn im Stich.
    Zur großen Erheiterung der zusehenden Robenträger taumelte er durch die Versammlung.
    Hände ergriffen ihn bei den Ellbogen und schoben ihn durch den Korridor, dann noch einen und noch einen. Ein warmer Luftzug auf seiner Haut, und er wurde durch eine Tür geschoben, die sich sogleich hinter ihm schloß.
    Die Kammer war klein, und die einzigen Möbel waren eine Couch an der gegenüberliegenden Wand und ein Tisch, auf dem ein brennender Kerzenständer, ein Krug und ein paar Gläser standen. Grey stolperte darauf zu und stützte sich mit beiden Händen auf, um nicht zu fallen. Die steinernen Wände schienen sich zu bewegen, sich im Rhythmus seines Herzschlags langsam pulsierend auszudehnen und zusammenzuziehen.
    Zwischen seinen Händen glitzerte etwas auf, und auf der Suche nach einem Fixpunkt heftete er den Blick darauf.
    Es war ein Messer, das zwischen den Kristallgläsern lag. Das Glitzern kam von zwei roten Cabochons, die die Augen eines Phantasietieres darstellten, das auf der Spitze des Griffes thronte. Er blinzelte und sah es stirnrunzelnd an. Ein Greif, ein Drache, ein Dämon? Seine Gestalt schien nicht festzuliegen,
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    sondern sich beim Zusehen zu verschieben und zu verändern.
    Einzig die Augen blieben reglos und starrten in die seinen.
    Doch die Klinge war um so solider. Sie war zweischneidig und schmal, aus kompromißlos auf Gebrauch ausgelegtem mattem Stahl, und ihre glänzende Schneide trug die Spuren eines kürzlichen Schliffes.
    Es hing ein seltsamer Geruch im Raum. Zuerst dachte er, er hätte sich übergeben, weil ihm von Blut und Wein übel geworden war, doch dann sah er die Pfütze neben dem Bett am anderen Ende des Raumes. Erst jetzt bemerkte er das Mädchen.
    Sie war jung, nackt und tot. Ihr Körper lag schlaff und weiß im Kerzenlicht ausgebreitet, doch ihre Augen waren stumpf, ihre Lippen blau, und eine Spur von Erbrochenem zog sich über ihr Gesicht und die Bettwäsche. Grey wich langsam zurück, und der Schock spülte ihm die letzten Reste der Droge aus dem Blut.
    Er rieb sich mit beiden Händen fest über das Gesicht und bemühte sich nachzudenken. Sein Kopf drehte sich immer noch, und die Einzelteile seines Körpers fühlten sich so an, als gehörten sie nicht ganz zu ihm, doch er strengte sich an, um zumindest seinen Verstand unter Kontrolle zu bekommen. Was war das, warum war er hier mit der Leiche dieser jungen Frau?
    Wer war sie? Er zwang sich näher zu treten, sie anzusehen. Er hatte sie noch nie gesehen; die Schwielen an ihren Händen und der Zustand ihrer Füße wiesen sie als Dienstmädchen oder Bauernmagd aus. Ihre Augen waren halb geschlossen und verdreht, so daß nur ein grauenerregender, weißer Schlitz zwischen den dunkelroten, geschwollenen Lidern zu sehen war.
    Er fuhr abrupt herum, ging zur Tür. Verschlossen, natürlich.
    Doch wozu? Er schüttelte den Kopf und holte tief Luft, und sein Kopf klärte sich langsam. Aber trotzdem fiel ihm keine Antwort ein. Vielleicht Erpressung? Es stimmte, daß Greys Familie Einfluß hatte, auch wenn er selbst keinen besaß. Doch wie konnte seine Anwesenheit an diesem Ort zu einem solchen Zweck benutzt werden?
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    Und wo genau befand er sich? Der Weg zu der Katakombe, die schwarze Messe, das alles kam ihm wie ein vager, phantastischer Traum vor. Hatten sie ihn zum Haus zurückgebracht oder lag dieser Raum immer noch tief unter der Erde? Es gab keine Fenster. Er hatte plötzlich das Gefühl, lebendig begraben zu sein, und holte tief und krampfhaft Luft, als drückten Tonnen von Stein und Erde auf seine Brust und müßten abgewälzt werden. Schweiß durchfeuchtete sein Haar und die Robe, die er trug, und er konnte den durchdringenden Geruch der Furcht auf
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