Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
Bombentrichter klafften.
    Beim Graben des Kanals musste man Alexandrias verborgener Unterwelt unwissentlich sehr nahe gekommen sein, sodass eine der Detonationen wohl die Trennwand gesprengt und dafür gesorgt hatte, dass sich die Fluten aus dem vom Meer gespeisten Kanal in die Tiefe ergossen. Auf diese Weise hatten die britischen Geschütze nicht nur oberhalb der Erde verheerende Schäden angerichtet, sondern auch in der Tiefe. Die Royal Navy, dachte Sarah bitter, hatte allen Grund, stolz auf sich zu sein …
    »Sarah …«
    Sie reagierte nicht, als du Gard ihren Namen rief. Erst, als er sie am Handgelenk fasste, wurde sie aufmerksam. »Regarde!«, forderte er sie auf und deutete in die entgegengesetzte Richtung.
    Zögernd kam Sarah der Aufforderung nach, ebenso wie Laydon und Hingis – und im Licht der untergehenden Sonne erblickten sie ihre stählerne Rettung.
    Denn aus dem leuchtenden Band des Kanals Mahmûdije, dessen Wasser den roten Himmel reflektierte und der in Anbetracht des zurückliegenden Tages wie ein Fluss aus Blut anmutete, erhoben sich die dunklen, nur allzu vertrauten Formen eines flachen Schiffsrumpfes, über dem sich ein oval geformter Turm erhob.
    »D-das ist nicht möglich«, entfuhr es Sarah voller Verblüffung.
    »Alors, ganz offensichtlich ist es möglich«, widersprach du Gard grinsend und begann, wie von Sinnen zu winken, worauf man beobachten konnte, wie an Bord der ›Astarte‹ ein Luftfloß aufgeblasen und zu Wasser gelassen wurde.
    Die Erleichterung war grenzenlos und ließ die vier Gefährten kurzfristig alle Schrecken und allen Schmerz vergessen. Die Aussicht, an Bord genommen zu werden und auf sicherem Wege zurück nach Hause zu gelangen, wog einen Moment lang stärker als alle Entbehrungen. Selbst Sarah sehnte sich inzwischen danach, diesen Ort zu verlassen, an dem ihr eine bittere Lektion erteilt worden war und an dem sie den schmerzlichsten Verlust ihres Lebens erlitten hatte.
    Wankend und mit buchstäblich letzten Kräften stiegen sie den flach abfallenden Hang hinab und durchquerten die Barackensiedlung, die sich entlang des Kanalufers erstreckte und deren Bewohner sämtlich geflüchtet waren. Auf halber Strecke kamen ihnen Caleb und seine Leute entgegen, nicht wenig erschreckt über die verdreckten, durchnässten und blutenden Gestalten. Mit dem Floß wurden Sarah und ihre Gefährten an Bord gebracht, wo Capitaine Hulot sie bereits erwartete. Auch ihm stand das Entsetzen über den Zustand der Expeditionsteilnehmer ins Gesicht geschrieben.
    »Willkommen an Bord der ›Astarte‹, Lady Kincaid«, sagte er ein wenig gequält.
    »Ich danke Ihnen.« Sarah lächelte schwach. »Glauben Sie mir, Sie kommen genau im richtigen Augenblick.«
    »Stets zu Ihren Diensten.« Hulot deutete eine Verbeugung an. »Begeben Sie sich gleich unter Deck. In der Messe werden wir uns um Ihre Wunden kümmern.«
    »Ich bin Arzt«, meldete Mortimer Laydon sich zu Wort. »Ich werde helfen, so gut ich es angesichts meiner eigenen Verletzung vermag.«
    »Sehr gut. Wir werden sofort auslaufen, damit wir die offene See noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen.«
    »Verraten Sie mir nur eines«, bat Sarah. »Wieso haben Sie ausgerechnet hier auf uns gewartet?«
    »Auf Sie gewartet?«
    »Sie wissen, was ich meine. Sie konnten doch unmöglich wissen, dass wir hier sein würden. Wir wussten es ja selbst nicht.«
    »Lady Kincaid« – Hulot schürzte ein wenig verlegen die Lippen – »wir haben nicht auf Sie gewartet.«
    »Nein?«
    »Allerdings nicht. Unser Auftrag lautete schließlich, Sie genau dort wieder an Bord zu nehmen, wo wir Sie abgesetzt hatten, nämlich im Hafen. Infolge der Bombardierung erwies sich dies jedoch als unmöglich. Also nutzten wir zunächst die Zeit, um die Reparaturen am Tiefenruder vorzunehmen. Anschließend warteten wir das Ende des Bombardements ab und fuhren dann in den Kanal ein. Mein Plan war es, Caleb mit einer Gruppe verkleideter Matrosen zum Hafen zu schicken, um Sie dort in Empfang zu nehmen. Meine Überraschung darüber, Sie hier anzutreffen, ist also entsprechend groß. Es war – wie sagt man doch gleich so schön? – ein glücklicher Zufall.«
    »Durchaus nicht«, widersprach du Gard entschieden, ehe er durch das Turmluk stieg und Hingis und Laydon ins Innere des Bootes folgte, »es war Vorsehung.«
    »Hm«, machte Hulot und strich nachdenklich über seinen schmalen Bart. »Wer weiß? Vielleicht hat er recht.«
    »Vielleicht«, bestätigte Sarah und wollte ebenfalls
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher