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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos
Autoren: Michael Peinkofer
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der Traum gewesen, für den ihr Vater sein Leben geopfert hatte …
    Erschüttert wandte sie sich ab, passierte als Erste den Durchgang. Der Stollen, der sich anschloss, führte nach oben, was die Gefährten einerseits mit Erleichterung registrierten, andererseits steigerte sich der infernalische Lärm der Bombeneinschläge mit jedem Schritt, den sie taten. Eine der Granaten schien unmittelbar über ihnen zu detonieren. Der Knall war ohrenbetäubend. Wie von einem riesigen Faustschlag wurden die Gefährten zu Boden geschmettert und glaubten für einen Moment, dass ihr Ende gekommen sei.
    Aber die Stollendecke, von der einmal mehr Gesteinsbrocken und Sand rieselten, hielt, und zur Verblüffung Sarahs und ihrer Begleiter erfolgte kein weiterer Einschlag.
    Es blieb ruhig.
    Sekunden lang.
    Nur noch das Rauschen aus der Tiefe war zu hören.
    »D-der Beschuss scheint aufgehört zu haben«, stammelte Hingis, während er sich schwerfällig auf die Beine zog.
    »Freuen wir uns nicht zu früh«, presste Laydon hervor. »Es könnte auch nur eine Feuerpause sein.«
    »Weiter«, sagte Sarah nur.
    Sie folgten dem Korridor bis zu einer hölzernen Tür, die jedoch morsch und faulig war, sodass ein Fußtritt genügte, um sie aus den Angeln zu befördern. Dahinter gab es eine Treppe, die steil emporführte und deren Ende im Fackelschein nicht zu erkennen war.
    Trotz aller Schmerzen und Erschöpfung gönnten Sarah und ihre Gefährten sich keinen Atemzug Pause. Das Wasser war ihnen auf den Fersen, und in den schmalen Gängen würde es noch ungleich schneller steigen als in dem weiten Gewölbe. Wenn sie nicht davon eingeholt werden und elend ersaufen wollten, war Eile geboten …
    So schnell sie es vermochten, schleppten sie sich die hohen Stufen hinauf. Du Gard, dessen Gesicht zwar auffallende Ähnlichkeit mit einem Kürbis angenommen hatte, der ansonsten jedoch unverletzt war, half Laydon, während Sarah und Hingis sich gegenseitig stützten.
    Stufe für Stufe erklommen sie die Treppe, während das Brausen und Gurgeln hinter ihnen immer lauter wurde.
    »Vite, vite«, drängte du Gard. »Das Wasser kommt näher …«
    Sarah warf einen gehetzten Blick zurück, konnte in der Dunkelheit jedoch nichts erkennen. Die Zähne zusammenzubeißen, weiterzugehen und zu hoffen, dass es genügen würde, war alles, was sie tun konnten.
    Schritt für Schritt.
    Stufe für Stufe.
    Niemand sprach mehr ein Wort. Der heisere, keuchende Atem der vier Gefährten erfüllte die klamme Luft, begleitet vom unheimlichen Rauschen der Flut, die unaufhaltsam näher kam. Ein gehetzter Blick über die Schulter zeigte Sarah braunes, schäumendes Wasser, das hinter ihnen die Stufen heraufkroch und dabei sehr viel weniger Mühe hatte als die vier Flüchtlinge …
    »Schneller!«, trieb nun auch sie ihre Gefährten zur Eile an. »Schneller, verdammt noch mal, oder ihr werdet elend ertrinken!«
    Niemand gab Antwort. Ihre männlichen Begleiter zogen es vor, ihren Atem zu sparen und das Letzte aus ihren geschundenen Muskeln herauszuholen – aber auch das war vergeblich.
    Ein Fauchen erklang hinter ihnen wie aus dem Rachen eines gefräßigen Untiers.
    Dann hatte das Wasser sie eingeholt.
    Sarah und ihre Gefährten schrien auf vor Entsetzen, Furcht und hilfloser Wut, als die schlammige Flut sie erreichte. Blitzschnell kroch das Wasser an ihnen empor, machte ihre Kleider nass und schwer. Im nächsten Moment verloren ihre Füße den Bodenkontakt, sodass das Klettern keinen Sinn mehr machte.
    »Schwimmt!«, brüllte Sarah aus Leibeskräften. »Schwimmt um euer Leben …«
    »Ich kann nicht …«, wollte Hingis in Erinnerung bringen, aber der Rest seiner Worte ging in einem jämmerlichen Gurgeln unter. Sarah bekam ihn am Kragen seines Rocks zu fassen und zog ihn wieder empor – dabei verlor sie die Fackel.
    »Nein«, ächzte sie entsetzt, aber es war zu spät. Die Flamme tauchte ins Wasser und verlosch, und von einem Augenblick zum anderen umgab sie alle abgrundtiefe Schwärze.
    Die Flutwelle erfasste die Gefährten und trug sie mit Urgewalt den Schacht empor, schneller, als sie ihn je hätten erklimmen können. Hingis schrie entsetzt, du Gard gab eine französische Verwünschung von sich – und für Sarah stand fest, dass dies das Ende war.
    Welchen Sinn hatte es, noch weiter zu kämpfen, nun, da alles verloren war? Ihre Kräfte würden erlahmen, und sie würden ertrinken, einer nach dem anderen, würden elend zugrunde gehen. Ihre Hoffnung erlosch wie die Fackel, und einen
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