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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Rae Carson
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ich schon immer gut mit Nadel und Faden umgehen konnte, erbiete ich mich, einen Riss in einem der kleineren Segel zu flicken. Die ganze Zeit über sind wir umgeben vom Geräusch der Axt- und Hammerschläge.
    Hector ist mir gegenüber von ausgesuchter Höflichkeit, aber mir fehlt sein warmer Blick, der früher auf meinem Gesicht ruhte, und das leichte Kräuseln seiner Lippen, wenn ich etwas sagte, das er lustig fand. Wir setzen unseren Selbstverteidigungsunterricht auf dem Strand fort. Er zeigt mir die Punkte am menschlichen Körper, die besonders schmerzempfindlich sind. Er führt mir vor, wie ich mein Körpergewicht dazu einsetzen kann, um einen Gegner zu Boden zu werfen. Er erklärt, wie ich einem Menschen die Nase bis ins Gehirn rammen kann, allein mit meiner Handwurzel, um ihn sofort zu töten, und lässt mich das an einer unglücklichen Kokosnuss üben.
    All das tut er, ohne mich dabei nur einmal zu berühren.
    Und obwohl er nichts sagt, bin ich mir sicher, dass er beschlossen hat, den Dienst zu quittieren und nach Ventierra zurückzukehren. An der Art, wie er mich unterrichtet, ist etwas verzweifelt Konzentriertes, als wollte er mir so viel Wissen wie möglich vermitteln, bevor sich unsere Wege trennen.
    Mir graut davor, diesen Ort zu verlassen, weil das bedeutet, dass ich mich wieder allen Problemen stellen muss, die ich hinter mir zurückgelassen habe– und die sich inzwischen vermutlich nur verschärft haben. Unsere Tarnung ist sicherlich aufgeflogen. Ich hoffe, dass die falsche Elisa überlebt hat und dass es Ximena gut geht. Ich sorge mich um Rosario und seine Sicherheit. Und ich hege keinen Zweifel daran, dass Conde Eduardo in meiner Abwesenheit weiter seine Intrigen gesponnen und einen Weg gefunden hat, um die Lage zu seinen Gunsten zu verdrehen.
    Schon viel zu bald erklärt Kapitän Felix, wir seien abreisebereit, und wir lichten Anker, setzen die Segel und halten Kurs auf unseren Treffpunkt in Selvarica. Ich stehe auf dem Achterdeck, der Wind weht mir das Haar in die Augen, und ich sehe zu, wie die Insel immer kleiner wird. Von meinem Aussichtspunkt aus kann ich erkennen, dass einer der Berge inzwischen weniger hoch aufragt und eine zerklüftete Spitze hat, deren Trümmer nun das Tal bedecken, das ich zerstört habe.
    Während der Reise versuchen wir, die Ketten um Sturms Knöchel zu lösen. Aber der Schmied kann sie nicht zerschlagen, der Böttcher kann sie nicht aufbiegen, und mir gelingt es zwar, sie zu erwärmen, aber nicht, sie mit Magie zu öffnen. Sturm brummt die ganze Zeit über vor sich hin und fährt uns schließlich an, wir sollen ihn gefälligst in Ruhe lassen. » Zu all meinem Scheitern kommt nun auch noch dazu, als Torwächter des zafira versagt zu haben.« Er seufzt theatralisch.
    » Ich glaube nicht, dass Euch das so viel ausmacht«, stelle ich fest.
    Er verzieht die Lippen zu einem seltenen Grinsen. » Tatsächlich tut es das nicht.« Er richtet sich zu voller Größe auf. » Vielmehr werde ich diese Ketten voll Stolz tragen. Allerdings brauche ich Salbe und ein wenig Tuch, um meine Knöchel zu schützen. Es sollte natürlich Seide sein.«
    » Ich betrachte es als Verbesserung«, sage ich. » So muss ich mir keine Gedanken mehr machen, dass Ihr Euch unbemerkt an mich anschleicht.«
    » Ich hasse Euch.«
    Ich berühre ihn an der Schulter. » Ich weiß.«
    Der Wind hält sich, und es dauert keine zwei Wochen, bis wir in den Hafen von Selvarica einlaufen. Das Land ist so, wie Tristán es beschrieben hat: üppig und grün und wunderschön, gar nicht unähnlich der Insel, die wir gerade verlassen haben.
    Das Schiff hat kaum festgemacht, als sich eine große Einheit ernst dreinblickender Soldaten in voller Rüstung zu unserer Begrüßung am Kai einfindet.
    » Was ist los?«, frage ich.
    » Conde Tristán hat uns als Eure Eskorte ausgesandt, Euer Majestät«, sagt einer von ihnen. » Hier entlang, bitte. Schnell.«
    Hector und Belén flankieren mich, als wir den Kai hinuntereilen. Mara und Sturm, der wieder eine Kapuze trägt, folgen uns, und Sturms rasselnde Schritte lassen die Hafenarbeiter und Fischerleute in ihrer Arbeit innehalten und neugierig zu uns herübersehen. Wir kommen zu einer wartenden Kutsche, und ein Soldat versichert uns, dass unsere Habseligkeiten von Bord geholt und uns gebracht werden, dann klatscht er dem Zugpferd mit der flachen Hand auf die Flanke und gibt dem Kutscher das Zeichen zur Abfahrt.
    Einige Soldaten halten im Laufschritt mit uns mit, während wir eine
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