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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Rae Carson
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schwimme ans Ufer, bis meine Füße den Grund erreichen, und dann gehe ich ihm aus dem schimmernden Wasser entgegen.
    Er starrt mich an, als ich näher komme, sein Gesicht undurchdringlich wie immer. Als er nur noch eine Armeslänge entfernt ist, sage ich: » Hector, es tut mir leid.«
    Er betrachtet mich nachdenklich, und mir wird am ganzen Körper heiß, als sein Blick über mich gleitet, langsam und mit Bedacht von meinem Hals hinunter zu meinen Brüsten, meinen Hüften und meinen Füßen und dann wieder zu meinem Gesicht empor. Meine Kleider kleben an mir wie eine zweite Haut und lassen der Fantasie nur wenig Spielraum.
    Schließlich sagt er: » Was genau tut dir leid?«, und seine Stimme ist kalt, kalt, kalt.
    Ich schlucke. » Dass ich das Lager verlassen habe, ohne es dir zu sagen.«
    » Eine Königin muss sich einem bloßen Leibwächter gegenüber nicht entschuldigen.« Aus seinem Mund klingt das wie eine Beleidigung, die mir fast körperlich wehtut.
    » Dennoch hätte ich…«
    » Du bist meine Königin, Elisa. Du kannst tun, was immer du willst. Du bist mir niemals eine Erklärung schuldig.«
    Er erinnert mich mit geduldiger und tödlicher Effizienz daran, wie viel Macht ich über ihn habe und weshalb wir niemals zusammen sein könnten.
    » Wenn wir allerdings Geliebte wären«, sagt er, » dann wäre ich vielleicht zornig darüber, dass du von mir Ehrlichkeit verlangtest und mir im Gegenzug keine gewährst. Vielleicht wäre ich auch beleidigt, weil du dich davongeschlichen hast, um etwas Gefährliches zu tun, obwohl du genau wusstest, dass es für mich das Allerwichtigste ist, dich zu beschützen. Und vielleicht wäre ich auch überrascht, dass dir der Mut fehlte, mir gegenüberzutreten, wo du mir doch lediglich einen entsprechenden Befehl hättest geben müssen.«
    Noch nie habe ich mich so verachtenswert und klein gefühlt. Ein Teil in mir drängt mich zur Flucht, um seinem gnadenlosen Blick zu entgehen. Ein anderer Teil möchte die Arme um ihn schlingen und um Verzeihung bitten, denn es besteht kein Zweifel daran, dass ich ihn sehr verletzt habe.
    Er kann es sich nicht verkneifen, noch hinzuzufügen: » Von daher ist es wohl ganz gut, dass wir nicht etwa Geliebte sind, oder?«
    Es ist wie ein Dolch in die Eingeweide und ist als endgültige Zurückweisung gedacht. Er möchte mir wehtun und vielleicht auf diese Weise auch wieder Macht an sich reißen. Es ist gemein von ihm, und es passt nicht zu dem Hector, den ich bisher kennen gelernt habe. Und trotzdem verebbt mein Zorn so schnell, wie er entstanden ist.
    Ich strecke die Hand aus und lege sie an seine Wange. Der Schreck darüber lässt etwas Gefühl in seinen Augen aufflammen, und ich achte vorsichtig darauf, ob er vor meiner Berührung zurückzucken will. Aber das tut er nicht.
    » Was ich getan habe, war schwach«, sage ich. » Feige. Einer Königin unwürdig. Aber ich habe einiges über die Macht gelernt, als ich das zafira erreichte, und du hattest recht. In jeder Hinsicht.« Ich streiche über seine Wange, präge mir die Struktur seiner Haut ein, das Gefühl des leichten Bartschattens an meinem Daumen. » Ich habe Macht. Genug, damit ich dich nicht brauche. Aber du würdest mir sehr fehlen.«
    Er zuckt zurück, und es tut mir im Herzen weh, als ich sehe, welche Qual auf seinem Gesicht liegt. Er sieht überallhin, nur nicht zu mir, und er fährt sich mit den Händen durchs Haar, als wollte er sie unbedingt mit irgendetwas beschäftigen. » Wie machst du das nur? Du entwaffnest mich immer wieder. Seit dem Tag, an dem ich… und ich hasse das. Ich hasse das wirklich.«
    Aus einem tiefen Wissen, so alt wie das zafira selbst, aus den Abgründen einer weiblichen Macht, die ich gerade erst zu begreifen beginne, erkläre ich voll Überzeugung: » Nein, das tust du nicht.«
    Ich möchte ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe. Aber das wäre jetzt zu gefährlich. Es würde sich anhören, als würde ich betteln oder ihm sagen, was er hören will, nur um seinen Ärger zu mindern.
    Und so lasse ich ihn mit seinen Gedanken allein. Ich kehre ins Lager zurück, fest entschlossen, mich Mara zu stellen und ihr alles zu erzählen– in der Hoffnung, wenigstens eine Freundschaft zu retten.

30

    D ie nächste Woche verbringen wir damit, das Schiff zu reparieren und Vorräte anzulegen. Wir bauen ein Gestell aus Mangrovenwurzeln und stellen es in die Sonne, um Fische zu trocknen. Ein kleiner Haufen Kokosnüsse wächst, während wir weiter sammeln, zu einem Berg heran. Weil
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