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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)
Autoren: Giuseppe Furno
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und die Lebensmittelvorräte an Bord.
    In der Segelkoje hatte Sofia soeben einen großen Sack zugebunden und ihn mit Claras Hilfe in der seitlichen Piek verstaut, als Gabriele, der zu einem jungen Mann gereift war, mit strahlender Miene an der Luke auftauchte.
    »Mutter, kommt, es gibt große Neuigkeiten!«
    Sofia kletterte gewandt die Treppe hinauf und betrat die Kajüte im Bug. Dort standen Francesco d’Angelo, neben ihm Filippo Tomei, und beide konnten ihre Freude nicht verbergen.
    »Er lebt! Es geht ihm gut!«
    Der Gesichtsausdruck der jungen Frau wechselte von ungläubigem Staunen zur Glückseligkeit. So verharrte sie, sprachlos, mit großen Augen, in die Tränen stiegen. Dann stürzte sie sich auf Francesco und umarmte ihn, drückte ihn an sich und begann zu weinen wie ein Kind.
    Francesco, ebenfalls gerührt von so heftigen Gefühlen, hätte gerne noch mehr hinzugefügt, doch da er Sofias impulsives Wesen kannte, blieb er stumm. Gabriele erlöste ihn aus seiner Verlegenheit.
    »Mutter! Andrea ist in der Stadt!«
    Bei diesen Worten hörte Sofia schlagartig zu weinen auf und wich zurück. Misstrauisch blickte sie erst ihren Sohn, dann Francesco an.
    »In Venedig?«, murmelte sie.
    Der Anwalt lächelte sie an und nickte vorsichtig.
    »Aber ich bitte Euch, Madonna Sofia, kein überstürztes Verhalten, Ihr kennt Eure Lage.«
    Sie ließ ihm keine Zeit, weiterzusprechen, lief schon aus dem Raum. »Wo ist er? Ich will zu ihm?«
    »Das kommt nicht in Frage! Ihr bleibt mit Eurem Sohn an Bord, die Amnestie ist noch nicht erlassen!«
    Doch Sofia stürmte schon wie ein Wirbelwind zum Achterkastell und zur Kommandobrücke des Schiffs.
    »Was fällt dir bloß ein?« Francesco schimpfte mit Gabriele, dann beeilte er sich, Sofia einzuholen. »Wartet, Sofia! Ich bitte Euch! Hört mich an!«

38
    Angelo Riccio hatte Andrea mitten in der Halle niederknien lassen und Jacomo befohlen, ihm Hände und Füße sehr fest zu fesseln. Das gläserne Dodekaeder und der kleine Timaios lagen auf der Arbeitsbank im Licht der Laterne. Riccio dachte an den Preis, den er bezahlt hatte, um bis hierhin zu kommen, und daran, dass er wie ein dummer Junge in die Falle getappt war, die ihm der Bund der Wächter mit Hilfe von Filippo Tomei und Dragan gestellt hatte. Einen Augenblick war er versucht, den Glasmacher sofort zu töten und danach Andrea. Doch er hielt sich zurück, um die Rache auszukosten und nicht mit einem einzigen Schluck zu trinken. Also dachte er an die Reichtümer, die ihm diese beiden Gegenstände, die Lampe und das Buch, verschaffen würden, wenn er Drohung, Erpressung und Denunziation einsetzte. Diese Gegenstände waren die beste Waffe, die er je besessen hatte. Er würde bei seinem Wohltäter beginnen, dem Erzbischof von Florenz, Antonio Altoviti, und seine Forderung verdoppeln: vierzigtausend Florin für die Bücher, den Timaios und den Edelstein des Himmels.
    Der kalte Lauf der Pistole drückte gegen Jacomos Nacken. »Stell dich an die Wand!«, befahl Riccio, und Jacomo bewegte sich unter dem Druck der Waffe, die ihn gegen die Wand aus Backsteinen schob. Riccio zwang ihn, sich mit dem Gesicht an die nach Salpeter und Schimmel riechende Wand gepresst hinzustellen, die Arme ausgebreitet wie ein Gekreuzigter.
    »Bleib da stehen und rühr dich nicht!« Er ging rückwärts zu Andrea zurück, die Pistole weiterhin auf Dragan gerichtet.
    Andrea, der Riccio aus dem Augenwinkel beobachtete, spürte den trunkenen Wahnsinn, der den Mann beherrschte, sah seine stolpernden Schritte und begriff, dass er krank war, wahrscheinlich glühte er vor Fieber wegen der infizierten Wunden, die den süßlichen, ekelerregenden Geruch der Gangräne verströmten. Er dachte, dass Jacomo und er auch bald tot sein würden, nurweil es zu dieser schicksalhaften Begegnung auf dem Schiff von Onfré Giustinian gekommen war. Konnte dies das Ende sein? Er versuchte, seine Handgelenke zu bewegen, denn er hatte bemerkt, dass Jacomo das Seil nicht sehr fest angezogen hatte. Er musste aufpassen, damit Riccio ihn nicht ertappte. Das Seil gab ein wenig nach, die Schlinge weitete sich. Er zerrte noch einmal. Ja, er hätte sich befreien können. Doch dann musste er die Fessel um seine Füße lösen. Er durfte sich nicht bewegen, Riccio würde sofort auf ihn schießen. Plötzlich hatte er eine lange Nadel vor Augen – die feine Klinge eines Stiletts.
    »Der Timaios und das Glas sind hier. Aber wo sind die Bücher?«, fragte Riccio.
    Andrea hob den Blick zu dem von
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