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Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht

Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht

Titel: Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht
Autoren: Diana Rowland
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    1
    Der Dämon war kaum mehr als ein Hauch von Nebel mit Zähnen und für das normale Auge so gut wie nicht sichtbar. Er wand sich in wellenförmigen Bewegungen auf dem Rücksitz meines Taurus, während ich durch die Nacht fuhr und meine Reifen gleichmäßig über den Asphalt summten. Der fast volle Mond tauchte die Umgebung in schattiges Silber, und selbst der verlassene Highway, der durch stinkendes Sumpfgebiet führte, wirkte in diesem Licht geradezu schön. Auf jenem Abschnitt der Straße begegneten mir überhaupt keine anderen Scheinwerfer, aber das überraschte mich nicht, da es hier draußen weder Häuser noch Geschäfte gab – weit und breit war nur Sumpf, lediglich unterbrochen von der einen oder anderen trockenen Insel, die so tat, als wäre sie ein Wald.
    Ich konnte hören, wie der Dämon leise, hungrige Laute von sich gab, und ich brachte ihn zum Schweigen, indem ich die arkanischen Fesseln etwas fester zog. Er würde früh genug etwas zu fressen bekommen, aber zuerst musste er die Aufgabe erledigen, auf die wir uns geeinigt hatten. Ich hatte schon oft mit dieser Art Dämon zu tun gehabt und wusste, dass sie weitaus weniger eifrig waren, wenn sie erst mal gefressen hatten – dann rollten sie sich lieber satt und zufrieden zusammen.
    Ich fuhr weiter, bis ich bei dem Dämon eine Veränderung spürte – eine plötzliche Anspannung, als spitzte er seine nicht existierenden Ohren. Ich fuhr an den Straßenrand, dann ging ich auf die andere Seite des Wagens und öffnete die hintere Tür. Irgendwie war es ein absurdes Gefühl, auf dem Rücksitz meines Autos einen Dämon herumzuchauffieren, aber mitten im Sumpf wäre eine Beschwörung nicht gut möglich gewesen. Das funktionierte nur in einem extra dafür gezeichneten Diagramm in meinem Keller.
    Mit einem Raunen und voller Jagdeifer glitt der Dämon aus dem Wagen. Es war ein Ilius – ein Dämon der dritten Ebene, ungefähr so intelligent wie ein Hund, aber tausendmal besser, wenn es darum ging, eine Fährte aufzunehmen. Er war kaum mehr als ein Nebelhauch, und in meiner Andersicht nahm ich ihn als eine Art Rauchsäule mit Zähnen wahr, die mal aufblitzten und dann wieder verschwanden – wie ein wimmelnder Schwarm rauchförmiger Piranhas. Ohne Andersicht – einem Sinn jenseits aller Sinne, mit denen die meisten Leute die profane Welt um sich herum wahrnahmen – war er praktisch unsichtbar, abgesehen von dem tiefen Gefühl von Verunsicherung, das einen ergriff, wenn man mit ihm in Berührung kam.
    Ich öffnete die Papiertüte, zog die Baseballmütze heraus und erlaubte dem Ilius , sich darumzuwinden und den Geruch, das Gefühl für denjenigen, den ich finden wollte, in sich aufzunehmen.
    „Such!“, befahl ich und unterstrich das Kommando mit entsprechendem Druck auf mentaler Ebene. Der Dämon glühte in meiner Andersicht auf, dann schoss er über das Gras davon und verschwand wie ein arkanischer Zephir zwischen den Bäumen.
    Sobald er verschwunden war, atmete ich einmal tief durch, dann lehnte ich mich gegen meinen Wagen und wartete. Ich hegte keinen Zweifel daran, dass er den verschwundenen Jäger finden würde. Davon, ob der Mann lebendig oder tot war, würde dann abhängen, was ich als Nächstes tun würde. Ich hoffte nur, dass der Dämon nicht allzu lange brauchte. Im Juli war die Hitze im Süden Louisianas selbst um vier Uhr morgens schon erdrückend. Und hier, mitten im Sumpfgebiet, lag die Luftfeuchtigkeit leicht bei hundert Prozent. Schweißperlen bildeten sich auf meinem Gesicht und an meinem Hals, und ich wischte sie mit dem Ärmel fort, wobei ich hoffte, dass ich nicht allzu viel von dem Anti-Mücken-Zeug erwischte, mit dem ich mich übergossen hatte. Hunderte der kleinen Blutsauger surrten um mich herum, aber bisher hielt das Mittel sie mir vom Leib. Zumindest der Ilius brauchte sich um die Mücken keine Sorgen zu machen.
    Es gab eine Dämonenhierarchie mit zwölf verschiedenen Ebenen, die von Menschen beschworen werden konnten, die die Gabe besaßen, ein Portal zwischen dieser Welt und dem Reich der Dämonen zu öffnen. Je höher die Ebene, desto mächtiger der Dämon – und umso schwieriger die Beschwörung. Aber für diesen kleinen Suchauftrag brauchte ich keinen hochrangigen Dämon. Diese Beschwörung war mehr eine Übung gewesen, ein kleines Fingerspiel – aber den Idioten zu finden, der beschlossen hatte, allein im Moor jagen zu gehen, war ein netter Nebeneffekt.
    Allerdings war dies seit zwei Monaten der erste Dämon, den ich
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