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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)
Autoren: Giuseppe Furno
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brüllte Riccio.
    Jacomo wusste, dass der Griff glühend heiß war. Er wartete eine neue Bö der Tramontana ab. Als er das Brausen nahen hörte, ergriff er den Knauf mit beiden Händen. Seine Handflächen verschmorten wie Fleisch über dem Feuer. Die Klappe ausGusseisen und Schamott war schwer. Er nahm all seine Kräfte zusammen und öffnete den Ofen. Was nun geschah, dauerte nicht länger als ein Herzschlag: Jacomo spürte die Hitze wie feste Materie und den Stoß des Widders, sah, dass sich das rote Herz im Inneren zusammenzog wie eine Bestie, die sich zum Sprung duckt, sah es sich ausbreiten, die Farbe wechseln, blau und dann silbrig werden, um durch die Öffnung nach vorn zu schießen und sich der Luft zu bemächtigen.
    Jacomo warf sich in dem Moment zur Seite, als er die Stichflamme auf sich zukommen sah. Der Atem des Drachen umhüllte Riccio, der hinter ihm gestanden hatte. Ein Schrei ertönte, dann ein Schuss, der Frate kleidete sich in Flammen und begann zu brennen wie eine Fackel, während der stille Ofen begonnen hatte, unheimlich zu brummen und zu beben. Riccio drehte sich um sich selbst, wand sich wie ein indischer Tänzer, schlug mit den Armen und trat mit den Füßen, um sich von dem Feuer zu befreien.
    Obwohl Andrea die Augen nicht von diesem grauenhaften Anblick lösen konnte, schaffte er es, gegen den Schmerz ankämpfend, seine Hände aus der Schlinge zu befreien, sich das Stilett aus der Brust ziehen und damit die Fesseln um seine Füße durchzuschneiden.
    Riccios Schreie wurden zu Geröchel, bei seinen verzweifelten Bewegungen fiel er gegen den Stapel Erlenreisig, der sofort zu brennen begann. Im zuckenden Licht des Feuers, das sich rasch ausbreitete, sah Andrea Jacomo über den Boden kriechen, um sich von dem Ofen zu entfernen. Sofort war er bei ihm.
    »Maestro!«
    Er hielt ihn in den Armen. Sein Kittel war blutgetränkt: Die Kugel war in seine Seite gedrungen. Andrea half ihm, aufzustehen.
    »Es ist nichts!«, protestierte Jacomo, ein wenig Kraft schöpfend.
    »Ich bringe Euch fort von hier!«
    Andrea sah sich um. Der Ausgang war durch das Feuer versperrt, schon hatten die Dachbalken zu brennen begonnen, denn aus dem offenen Mund des Ofens loderte eine blaue Stichflamme, die sich kräuselte und dann in die Höhe schoss. Das Tor in der Nordwand war mit einem Riegel und einem dicken Schloss versperrt. Die Hitze wurde unerträglich, der Rauch vernebelte alles, die Luft ließ sich nicht mehr atmen.
    »Wir gehen nach unten! Unter den Ofen, wo die Bücher versteckt waren«, sagte Jacomo. »Dort sind wir gerettet!«
    Andrea brauchte einen Moment, um zu verstehen. Jacomo stützend, kehrte er zu dem größten Ofen zurück, dem mit drei Mündern.
    »Beeil dich, mach auf!«, drängte der Alte.
    Andrea ergriff den Stein und hob ihn an, danach ließ sich auch der Nachbarstein heben. Der starke Windstoß, der von dort unten aufstieg, gab dem Feuer noch mehr Kraft. Andrea begann zu husten, er packte Jacomo unter den Achseln und half ihm, in die unterirdische Höhle zu schlüpfen. Er hatte ihn gerade losgelassen und wollte ihm folgen, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Instinktiv hob er den Arm, um sich zu schützen, doch der Schlag mit dem Stock traf ihn, wenngleich abgeschwächt, am Kopf, ließ ihn taumeln und zu Boden stürzen. Kaum konnte er die Augen offen halten und Luft holen, da sah er, dass Riccio zum nächsten Schlag ausholte. Blitzschnell rollte er zur Seite und kam auf die Füße.
    Riccio stand einen Schritt vor ihm. Sein Gesicht, seine Arme und der Oberkörper waren verkohlt, die Kleider rauchten, doch dieses Wesen der Hölle, das die Bisse des Feuers schon kannte, lebte noch immer und schwang den Stock. Andrea musste unbedingt vermeiden, getroffen zu werden, denn ein Schlag, nur ein Schlag, würde ihn betäuben, und das wäre das Ende gewesen. Ein brennender Dachbalken fiel herunter, Steine und Ziegel mit sich reißend. Sofort fand die Tramontana ihren Weg durch die Öffnung, und sie war wie ein Blasebalg, der auf die Glut bläst.Es gab einen Blitz, eine Explosion. Riccio machte einen Sprung zur Seite, begann zu husten. Andrea tat einen tiefen Atemzug, kam geduckt auf ihn zu, wich um Haaresbreite einem Schlag aus und fand sich hinter seinem Gegner wieder. Er versetzte ihm einen Hieb in die Nieren. Riccio verdrehte brüllend den Oberkörper und versuchte, Andrea am Kopf zu treffen. Doch der konnte sich ducken und ihm einen gezielten Boxhieb, in den er sein ganzes Gewicht legte, auf
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