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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)
Autoren: Giuseppe Furno
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dieselbe Richtung zu blicken, angezogen von dem rötlich pulsierenden Schein der brennenden Glashütte. Von Zeit zu Zeit hörte man eine Stimme: »Das ist unsere Hütte!«, sagte Pierin zu Tapegio. »Nein, das ist die von Barovier!«, erwiderte der andere. »Ach was, es ist die von d’Angelo, sage ich euch!«, protestierte Sgorlon. »Mund halten, ihr dummen Jungen!«, schimpfte Francesco d’Angelo, als er diesen Namen hörte.
    Am Achterkastell wandte Sofia, die sich in diesem Moment von Gabriele und Francesco unbemerkt wähnte, ihren Blick von dem Brand und stieg eilig die Treppe zu den unteren Decks hinab. Doch schon liefen die beiden hinter ihr her, um sie aufzuhalten. Der Lärm drang bis zum Kapitän, Lunardo Loredan, der das Fernrohr schloss, mit dem er das Feuer beobachtet hatte, und Sofia den Weg versperrte, bevor sie die letzte Treppe erreicht hatte, die zu dem kleinen Boot führte, das neben der Galeone im Wasser lag.
    »Ihr werdet dieses Schiff nicht verlassen, Signora!«, sagte er streng. »Oder ich muss Euch einsperren lassen.« Der junge Kapitän war unerbittlich.
    Sofia blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Versucht es doch«, sagte sie, wich zur Seite aus und war schon auf der Treppe.
    »Nehmt sie fest!«, befahl Lunardo.
    Sofort packten der Steuermann Pietro Sentini und der Bootsmann Sofia an den Armen. Sie wehrte sich heftig.
    »Schaluppe backbord, zwei Strich vom Bug!«, schrie der wachhabende Matrose aus dem Ausguck am Großmast.
    Der Schrei ließ alle Worte und Bewegungen an Bord erstarren, und wie ein einziger Mann wandten alle den Blick in die angegebene Richtung. Im Fächer der Lichtreflexe, die das Feuer auf die Wasseroberfläche warf, bewegte sich dort unten, etwa achtzig Fuß entfernt, der dunkle Umriss eines kleinen Bootes, das bei jeder Welle schwankte und schlingerte, ja sich zurückzuziehen schien, doch dann weiterfuhr. Dann hörte man den Aufschlag von Rudern aufs Wasser. Langsame, regelmäßige Schläge.
    »Laternen an, backbord!«, befahl Lunardo, und innerhalb weniger Sekunden erzeugten zwanzig Feuerstahlblitze ebenso viele Flammen. Die gesamte Flanke der Mondo Novo vom Heck bis zum Bug wurde zu einer Lichterkette, und ringsumher nahm das dunkle, bewegte Wasser der Lagune Form an, so dass man die weißen Wellenkämme erkannte.
    Andrea, der mit dem Rücken zum Schiff ruderte, sah zuerst den hellen Schein auf Jacomos Gesicht, das zu strahlen begann, als wäre wie durch ein Wunder die Sonne aufgegangen. Er hörte auf zu rudern und drehte sich staunend um. Vor ihm lag dasgrößte Schiff, das er je gesehen hatte, taghell erleuchtet, mit drei Masten, Bugspriet und einer Bordwand, die so hoch aufragte wie eines der siebengeschossigen Häuser im Ghetto. Und an dieser Bordwand, auf den Decks und den Kastellen, zwischen den Rahen der Masten, an die Stangen und Fallen geklammert, waren Menschen, sehr viele Menschen.
    »Legt im Windschatten an, achtern an der Steuerbordwand!« Der Befehl tönte über die Entfernung hinweg und spornte Andrea zum Rudern an.
    »Ihr werdet mir jetzt endlich erklären, was hier vor sich geht!«, schrie er Jacomo zu, den diese Reaktion zu amüsieren schien.
    »Du hast es dir verdient, mein Junge   …« Er brach abrupt ab und mimte Zerknirschung. »Es beleidigt Euch doch nicht, wenn ich Euch so nenne?«
    »Tut, was Ihr wollt, aber gebt mir eine Erklärung!« Andrea wurde zornig.
    Einige Augenblicke lang hörte man nur das Plätschern des Wassers und die Ruderschläge.
    »Dein Bruder Alvise war sehr großzügig, wie ich dir schon sagte, um den Schaden wiedergutzumachen, den er mir vor dreißig Jahren zugefügt hat.« Jacomo holte Luft. Seine Wunde schmerzte, aber er versuchte es zu verbergen. »Dieses Schiff gehört ihm«, er verbesserte sich, »nein, es gehört euch beiden! Aber die Glasbläserkunst gehört mir! Zusammen werden wir große Dinge tun!« Und bei diesen Worten blitzten Jacomos Augen vor Stolz.
    Wie Nebel, der im Wind verfliegt, begann Andrea nun, Zusammenhänge zu ahnen, und während sie neben der Galeone herglitten, wunderte er sich nicht mehr, als er am Heck unter der erleuchteten Fensterfront der Kommandoräume in großen goldenen Lettern den Namen las: M ONDO N OVO .
    Das Schiff hatte den Bug ihm Wind und schuf mit seiner schieren Masse einen guten Windschutz am Heck, wo das Wasser kaum bewegt war. Ein Tau flog durch die Luft und fiel querüber die Schaluppe. Andrea ergriff es und zog daran. Das Fallreep, um an Bord zu gehen, war
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