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Die Festung der Perle

Die Festung der Perle

Titel: Die Festung der Perle
Autoren: Michael Moorcock
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»Um die Wahrheit zu sagen, Dieb, ich hatte nicht erwartet, daß ich dich in einem Stück wiedersehen würde. Möchtest du vielleicht noch einen Schluck von meinem Elixier?«
    »Bring es, wenn du willst.«
    Elric gab sich gleichgültig, doch Lord Gho wußte, wie verzweifelt er sein mußte. Er gab seinen Sklaven die entsprechenden Anweisungen.
    Dann sagte Elric: »Aber bring zuerst den Jungen. Bring den Jungen, damit ich sehen kann, daß ihm kein Leid geschehen ist und damit ich von seinen Lippen höre, was sich in der Zwischenzeit ereignet hat…«
    »Eine bescheidene Bitte. Nun gut!« Lord Gho Fhaazi befahl einem Sklaven: »Bring den Jungen!«
    Dann ließ sich der edle Lord auf einen großen Sessel unter einem Baldachin aus Brokat fallen. »Ich hatte wirklich nicht erwartet, daß du die Reise lebend überstehst, Dieb, und schon gar nicht, daß du die Perle findest. Unsere Zauberer-Abenteurer sind die tapfersten, erfahrensten Krieger, in jeglicher Art von Zauberkunst geschult. Doch alle, die ich aussandte, scheiterten so wie ihre Brüder! Oh welch ein Glückstag für mich! Ich werde dich wiederbeleben, das verspreche ich, damit du mir genau berichten kannst, wie sich alles zugetragen hat. Was ist mit den Bauradim? Hast du viele von ihnen getötet? Du mußt mir alles erzählen, damit ich die ganze Geschichte weitergeben kann, wenn ich die Perle anbiete, um meinen Sitz im Rat zu erhalten. Das wird ihren Wert noch steigern. Wenn ich gewählt bin, wird man mich auffordern, diese Geschichte immer wieder zu erzählen, da bin ich sicher. Der Rat wird blaß vor Neid werden …« Genüßlich leckte er sich die rot bemalten Lippen. »Mußtest du das Kind töten? Was hast du als erstes gesehen, als du die Oase der Silberblume betratest?«
    »Wenn ich mich recht erinnere - ein Begräbnis.« Elric zeigte etwas mehr Lebenskraft. »Aye, das stimmt.«
    Zwei Wachen brachten den sich windenden Jungen herein, der nicht allzu erfreut war, als er Elric auf den Kissen liegen sah. »Oh Herr! Ihr seid ja noch elender als vorher!« Er hörte auf, sich zu wehren und gab sich Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. Es waren aber keine Spuren von Folterung an ihm zu sehen. Man hatte ihm anscheinend kein Leid angetan.
    »Geht es dir gut, Anigh?«
    »Aye. Mein Hauptproblem war die Langeweile. Ab und zu kam dieser edle Lord und erzählte mir, was er mit mir machen würde, wenn du die Perle nicht bringst; aber ich habe solche Dinge an den Wänden von Irrenanstalten gelesen. Das war für mich nichts Neues.«
    Lord Gho sagte drohend: »Hüte deine Zunge, Kerl…«
    »Du bist doch mit der Perle zurückgekehrt, Herr?« Änigh blickte sich suchend um. »Nicht wahr, Herr? Sonst wärst du doch jetzt nicht hier?« Er schien etwas erleichtertert. »Können wir jetzt gehen?«
    »Noch nicht!« knurrte Lord Gho.
    »Das Gegenmittel«, sagte Elric. »Hast du es hier?«
    »Du bist zu ungeduldig, Dieb. So gewitzt wie du bin ich schon lange.« Lord Gho kicherte und hob warnend den Finger. »Ich muß erst den Beweis haben, daß du die Perle besitzt. Vielleicht gibst du mir dein Schwert als Sicherheit? Du bist sowieso zu schwach, um es zu führen. Es kann dir nichts mehr nützen.« Gierig streckte er die Hand nach der Hüfte des Albinos aus. Elric zuckte kraftlos zurück.
    »Aber, aber, Dieb! Hab doch keine Angst vor mir! Wir sind doch Partner. Wo ist die Perle? Der Rat versammelt sich heute abend im Großen Versammlungshaus. Wenn ich ihm die Perle bringen kann.. .Oh wie mächtig ich heute abend sein werde!«
    »Der Wurm ist so stolz, König auf dem Misthaufen zu sein«, sagte Elric.
    »Verärgere ihn nicht, Herr!« rief Anigh ängstlich. »Er muß dir ja noch sagen, wo er das Gegenmittel versteckt.«
    »Ich muß die Perle haben!« Lord Gho wurde vor Ungeduld wütend. »Wo hast du sie versteckt, Dieb? In der Wüste? In der Stadt?«
    Langsam setzte Elric sich auf. »Die Perle war ein Traum«, erklärte er. »Es bedurfte deiner Mörder, um ihn wahr werden zu lassen.«
    Lord Gho Fhaazi runzelte die Stirn, kratzte sich und wurde immer nervöser. Mißtrauisch musterte er Elric. »Wenn ich dir mehr Elixier geben soll, Dieb, solltest du mich besser nicht beleidigen oder irgendwelche Spielchen mit mir treiben. Es bedarf nur einer Sekunde, und der Junge stirbt - und du mit ihm! Ich wäre danach in keiner schlechteren Lage als jetzt.«
    »Aber mit einem Sitz im Rat würde sie sich ungemein verbessern, finde ich.« Elric schien von Minute zu Minute an Stärke zu gewinnen.
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