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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe
Autoren: James King
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zwei Teller leer.
     Auf einer anderen Arbeitsfläche lag eine umgekippte Schublade, der Inhalt war um sie herum verstreut. Auf dem kleinen Küchentisch
     türmte sich ein wackeliger Stapel Alu-Behälter für Schnellgerichte, der halb bis zur Decke aufragte, überkrustet mit den vertrockneten
     Resten des jeweiligen Inhalts.
    Ihre Mutter drehte sich um. »Was in Teufels Namen ist hier los?«
    Aprils Großvater drückte sich an ihnen vorbei bis zur Theke vor.
    »Ich habe was gesucht«, erklärte er. Er hebelte die Schublade wieder in die Führung. »Hatte noch keine Gelegenheit, alles
     wieder wegzuräumen.« Er schob etwas von dem Kram zurück in die Schublade.
    »Das meine ich nicht.« Die Stimme ihrer Mutter schwoll in einer Weise an, die April sehr vertraut war. Wenn man da nichts
     unternahm, konnten Dezibel erreicht werden, dass die Wände wackelten. »Der Mist da lockt wenigstens keine Fliegen an!« Ihre
     Mutter deutete auf den Stapel Alu-Verpackungen.
» Dieser
Mist aber sehr wohl!«
    »Mom«, warnte April leise.
    »Du holst dir ja Mäuse ins Haus! Sogar Ratten! Wie kannst du nur so hausen?«
    Ihr Großvater räumte weiter Sachen in die Schublade. »Bin bloß noch nicht dazu gekommen«, wiederholte er. »Keine Sorge, ich
     kümmere mich schon darum.« Er schob die Schublade zu und drehte sich um. »Und auch um das Laub. Kein Problem. Ich krieg das
     schon hin.«
    Er zwinkerte und ging dann zum Waschbecken.
    Schon zum zweiten Mal an ein und demselben Tag schien ihreMutter nicht zu wissen, was sie darauf sagen oder machen sollte, ein neuer Rekord. Sie starrte den Rücken von Aprils Großvater
     an, während der den Wasserhahn aufdrehte. Aber dann fing sie sich wieder. »Stopp, Alter.« Sie wandte sich April zu. »Du gehst
     raus und bringst das Wohnzimmer in Ordnung. Stapel die Zeitungen übereinander. Ich fange hier mit dem Geschirr an.«
    April nickte, blieb aber stehen. Sie verkniff es sich, die Hacken zusammenzuschlagen und zu brüllen:
Jawoll, Herr Kommandant.
    Ihre Mutter drehte das Wasser ab und zeigte mit dem Finger auf Aprils Großvater. »Und du, du holst jetzt eine große Mülltüte
     und fängst an, diese ekelhaften Verpackungen von der Theke zu räumen. Wenn wir hier erst mal halbwegs aufgeräumt haben, kannst
     du mir ja erzählen, worüber du mit mir plaudern wolltest.«
    »Meinst du diese großen schwarzen Tüten, die man in den Mülleimer steckt?«, fragte er.
    »Genau die.« April war es peinlich, wie ihre Mutter, als sie sich hinabbeugte und den Schrank aufmachte, den Hintern herausstreckte.
     Die Hose spannte dabei dermaßen, dass alle Welt sehen konnte, wie sich ihre matronenhafte Unterwäsche abzeichnete.
    »Ich glaube, davon hab ich keine«, sagte ihr Großvater.
    »Na so eine Überraschung! Wo hast du dein Scheuermittel?«
    »Müsste welches da sein.«
    Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Wo könnte es sonst noch sein? Und ein paar Plastikhandschuhe?«
    »Normalerweise hast du das ganze Zeug doch immer im Wagen, oder?«
    »Wie käme ich dazu? Meine Kunden würden ja denken, ich bin Putzfrau.«
    »Was für Kunden?«
    Ihre Mutter richtete sich auf und wandte sich um. »Das habe ich dir doch schon erzählt. Ich bin jetzt Immobilienmaklerin.
     Erinnerst du dich nicht mehr?«
    »Natürlich erinnere ich mich«, antwortete er nach einer Pause. »Ich dachte nur, du hättest vielleicht …«
    »Du alter Mistkerl.«
    »Was?«
    »Deshalb hast du also angerufen. Das war der Grund, warum du mich so unbedingt sehen wolltest. Du brauchst jemanden, der dir
     die Hausarbeit macht!«
    Aprils Großvater hob eine Hand. »Moment mal, Marcy. Das stimmt nicht.«
    »Ich habe dir schon ein paar Mal erklärt, dass ich die ganze Zeit für meine Maklerprüfung büffele und vielleicht nicht mehr
     so oft rüberkommen kann. Nicht, dass dich das je interessiert hätte, ob ich komme oder nicht. Aber jetzt interessiert es dich
     offensichtlich, weil dein Haus so verdreckt ist, dass du es selbst nicht mehr aushältst.« Ihre Mutter schob einen der Stühle
     unter den Tisch und brachte dabei fast die aufgetürmten Alu-Behälter zum Einstürzen. »Es ist einfach unglaublich. Selbst bei
     einem wie dir.«
    »Ich wollte nur mit dir reden, Marcy.« Seine Stimme hörte sich plötzlich angespannt an, beinahe schwach. »Das war alles. Ich
     wollte dich um einen Gefallen bitten. Und nicht um diesen da.« Er machte eine ausladende Armbewegung, die das dreckige Geschirr,
     die Verpackungen und das ganze Haus zu umfassen schien.
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