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Die Feinde des Imperators

Die Feinde des Imperators

Titel: Die Feinde des Imperators
Autoren: John Maddox Roberts
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konntest du nicht auf irgendeine
herkömmliche Weise umgebracht werden?«, fragte ich ihn.
Klugerweise schwieg er dazu.
    Am Abend berichtete
ich Julia von den Ereignissen des Tages.
    »Wahrscheinlich
war es ein Ausländer«, verkündete sie.
    »Wie kommst du
darauf?«
    »Römer
bringen sich ständig gegenseitig um, aber sie benutzen die
einfachsten Mordwerkzeuge: ein Schwert, einen Dolch oder einen
Knüppel, irgendetwas Grobes, Schlichtes. Frauen setzen
gelegentlich Gift ein. Du hast schon jede Menge Morde untersucht.
Wie oft warst du nicht auf Anhieb in der Lage, herauszufinden, wie
das Opfer gestorben ist?«
    »Nur sehr
selten, und meistens lag es daran, dass ich etwas Offensichtliches
übersehen habe. Aber wenn selbst ein Experte wie Asklepiodes
vor einem Rätsel steht - welche Hoffnungen soll ich mir dann
machen?«
    »Gar
keine«, stellte sie lapidar fest. »Also musst du die
Frage nach dem Wie vorerst zurückstellen und dich mit dem
Warum beschäftigen. Welchen Grund könnte jemand gehabt
haben, einen Mann wie Demades zu töten, der allem Anschein
nach ein harmloser Astronom war?«
    »Genau das habe
ich mich auch schon gefragt. Apropos - es gab heute Morgen auf der
Insel noch eine eigentümliche Begebenheit.« Ich
erzählte ihr von Cassius und seinem seltsamen Auftrag und von
dem mit ihm befreundeten Diplomaten, der ihn begleitet
hatte.
    »Ich verstehe
nicht, warum Caesar diesen Mann frei herumlaufen lässt«,
entgegnete sie. »Er ist ein erbitterter Gegner Caesars und
macht keinen Hehl daraus.« Einer der wenigen Fehler, die sie,
was ihren Onkel betraf, einräumte, war seine unangebrachte
Milde.
    »Vielleicht
zieht er es vor, seine Feinde offen zu erkennen und zu wissen, wo
sie sind, anstatt dass sie irgendwo im Verborgenen agieren und sich
als seine Freunde ausgeben, während sie gleichzeitig heimlich
ihre Messer für ihn wetzen.«
    »Mag sein. Aber
denk nur an all die Männer, denen er verziehen und die er aus
dem Exil zurückgerufen hat! Jeder andere hätte sie samt
und sonders hinrichten lassen.«
    »Vielleicht
strebt er danach, dass ihm nachgesagt wird, königliche Gnade
walten zu lassen.«
    »Jetzt redest du
schon wie sie«, entgegnete Julia unheilvoll. »Sie
behaupten ständig, Caesar wolle sich zum König Roms
erheben. Selbst die Gnade, die er ihnen gegenüber walten
lässt, interpretieren sie als Beweis seiner Ambitionen,
König werden zu wollen.«
    »Also, ich
für meinen Teil glaube nicht, dass er König sein
will«, versicherte ich ihr. »Er ist doch bereits
Diktator von Rom, und das macht ihn mächtiger als jeden
König der Welt.«
    Dennoch, Caesars Macht
war nicht absolut. Nachdem er Gallien erobert hatte, hatte er seine
römischen Feinde einen nach dem anderen in vielen
berühmten und weniger berühmten Schlachten vernichtet.
Doch es waren immer noch ehemalige Pompeianer auf freiem Fuß,
und einigen von ihnen standen beachtliche Truppen zur
Verfügung.
    »Ich finde es
merkwürdig, dass Caesar so entschlossen ist, diesen Krieg mit
Parthien zu führen, während zu Hause noch immer so vieles
unerledigt ist«, sagte ich. »Ich weiß, dass er
die Adler zurückerobern will, die den Parthern bei Carrhae in
die Hände gefallen sind, aber dafür besteht doch
überhaupt kein Grund zur Eile. Allerdings meint Caesar es
immer ernst, wenn er von einem Krieg redet.«
    »Immer«,
stimmte sie mir zu. »Was hofft dieser Archelaus also zu
erreichen?«
    »Vielleicht
nichts«, erwiderte ich. »Er wird für seine Mission
bezahlt. Ob er erfolgreich ist oder nicht, spielt für seine
Bezahlung keine Rolle.« Meine eigenen Mutmaßungen, was
Caesar und seine Ambitionen anging, behielt ich für mich. Der
Ruhm Alexanders des Großen hatte die Ambitionen ehrgeiziger
Feldherren seit beinahe dreihundert Jahren
beflügelt.
    Jeder von ihnen
strebte danach, Alexander zu übertreffen, und Alexanders
Eroberungen hatten nun einmal im Osten gelegen, nicht im Westen.
Was war die Eroberung Galliens im Vergleich zur Eroberung Persiens?
Und Parthien war das Nachfolgereich des Persischen Reiches. Falls
Caesar es schaffen sollte, sich bis nach Indien durchzukämpfen
und auch dieses noch zu unterwerfen, würde sich sein Imperium
von den Säulen des Herkules bis zum Ganges erstrecken, und er
hätte Alexander den Großen übertroffen. Damit
würde sein militärischer Ruhm den Maßstab setzen,
den alle künftigen Möchtegern-Eroberer zu überbieten
trachten würden.
    Und Caesar hatte vor,
so viel Ruhm zu erwerben, dass alle Nachahmer daran nur
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