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Die Feinde des Imperators

Die Feinde des Imperators

Titel: Die Feinde des Imperators
Autoren: John Maddox Roberts
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es mir
berichtet. Mein aufrichtiges Beileid. Wenn du jetzt bitte so
freundlich wärst, mich zum Tatort zu führen. Ich
möchte mir die Leiche ansehen.«
    Wir gingen hinunter
zum »Heck« der Insel, wo ich den Astronomen
während einer ihrer Studienversammlungen erstmalig begegnet
war. Dort fanden wir eine kleine Gruppe von Männern vor, die
sich um eine am Boden liegende, geziemend mit einem weißen
Tuch bedeckte Gestalt scharten. Die meisten der Männer waren
Astronomen, doch ich erkannte auch einige Nichtastronomen, unter
anderem einen Senator, dessen Anwesenheit mich überraschte:
Cassius Longinus.
    »Dich hier
anzutreffen hätte ich nicht erwartet, Cassius«, sagte
ich.
    »Sei
gegrüßt, Decius Caecilius«, erwiderte er.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass Caesar dich beauftragt
hat, diese Angelegenheit zu untersuchen?«
    »Ich bin ihm
zuvorgekommen.« Ich kannte Cassius schon eine ganze Weile.
Wir hatten ein freundschaftliches Verhältnis zueinander,
standen uns aber nicht besonders nahe. Er verabscheute Caesars
Diktatur und machte keinen Hehl daraus. »Was führt dich
auf die Insel?«, fragte ich ihn. »Doch hoffentlich kein
Krankheitsfall in der Familie?«
    »Nein,
eigentlich bin ich heute Morgen hierhergekommen, um Polasser aus
Kish zu konsultieren.« Er nickte dem Mann zu, der wie ein
Babylonier gekleidet war. Dieser erwiderte das Nicken mit einer
leichten Verneigung. »Er ist derzeit der angesehenste
Astrologe Roms und hat ein Horoskop für mich erstellt.«
Ich bemerkte einen Hauch von Sarkasmus, der über Sosigenes'
Gesicht huschte. Er hielt den ganzen babylonischen
Astrologie-Hokuspokus für Scharlatanerie.
    Ich hockte mich neben
die Leiche. »Freu dich, dass Demades nicht dein Astrologe
war. Wurden die Reinigungsrituale schon
vollzogen?«
    »Ja«,
erwiderte Sosigenes. »Es gibt hier Priester, die qualifiziert
sind, die Reinigungsrituale an Toten zu
vollziehen.«
    »Davon gehe ich
aus«, entgegnete ich. »Schließlich neigen
öfters Menschen dazu, an diesem Ort das Zeitliche zu segnen.
Hermes, bitte entferne das Leichentuch.« Angeekelt zog er
eine Grimasse, folgte meiner Aufforderung jedoch. Dafür, dass
er so ein hartgesottener Kerl war, zierte Hermes sich unglaublich,
einen Toten zu berühren.
    Der arme alte Demades
sah nicht besonders gut aus, was bei Toten häufig der Fall
ist. Er war zwar äußerlich unverletzt, doch sein Kopf
lag in einem seltsamen Winkel. Irgendwie war ihm auf saubere Weise
das Genick gebrochen worden. Ich konnte keine andere Verletzung
entdecken, und seine wächserne Hautfarbe deutete darauf hin,
dass er schon seit etlichen Stunden tot war.
    »Hermes«,
sagte ich, »hol Asklepiodes her! Er müsste in der Stadt
sein.« Hermes eilte davon, wie immer darauf erpicht, der
Gladiatorenschule einen Besuch abstatten zu können, in der
mein alter Freund, der Arzt, wohnte. Irgendetwas an dem gebrochenen
Genick machte mich stutzig.
    »Könnte es
ein Unfall gewesen sein?«, fragte ich.
    »Wenn er so
heftig gestürzt wäre, dass er sich bei dem Aufprall das
Genick gebrochen hätte, müsste er eigentlich
blutüberströmt sein«, sagte Cassius. Er deutete mit
einer Hand um uns herum. »Außerdem gibt es hier keine
Erhöhung, von der man herunterfallen kann. Ich könnte mir
vorstellen, dass es für einen kräftigen Ringer ein
Kinderspiel wäre, einem auf diese Weise das Genick zu
brechen.« Cassius war zwar noch jung, doch er hatte bereits
genügend Gemetzel zu Gesicht bekommen, um beim Anblick eines
gemeinen Mordes nicht aus der Fassung zu geraten. Bei Carrhae hatte
er mit angesehen, wie eine komplette römische Armee vernichtet
worden war, und war selbst nur knapp mit dem Leben davongekommen.
»Was meinst du, Archelaus?« Mit diesen Worten wandte er
sich an den neben ihm stehenden Mann, einen großen, finsteren
Kerl, dessen Kleidung und äußeres Erscheinungsbild ihn
trotz seines griechischen Namens als Römer
auswiesen.
    »Ich habe
bereits gesehen, wie Genicke auf diese Weise mit der Kante eines
Schilds gebrochen wurden. Und einmal habe ich in Ephesus beim
Pankration miterlebt, wie ein Mann seinem Gegner das Genick mit
einem Handkantenschlag gebrochen hat.« Er sprach von der
grausamsten aller griechischen, unbewaffneten Kampfkünste, bei
der es den Kämpfenden gestattet ist, zu treten, die Augen
einzudrücken und zu beißen.
    »Decius«,
sagte Cassius, »dies ist Archelaus, ein Enkelsohn von
Nicomedes aus Bithynien. Er ist als diplomatischer Vertreter
Parthiens hier in Rom.«
    Ich
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