Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feinde des Imperators

Die Feinde des Imperators

Titel: Die Feinde des Imperators
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
verzweifeln
konnten.
    Am nächsten
Morgen stand ich Caesar selbst in seiner neuen Basilica Julia
gegenüber, die dazu angetan war, alle anderen
großartigen Gebäude Roms in den Schatten zu stellen. An
diesem Morgen sah Caesar Alexander nicht sonderlich ähnlich.
Der jugendliche mazedonische König hatte seine Heldentaten in
sehr jungen Jahren vollbracht. Die Jahre des Krieges hatten Caesar
entsetzlich altern lassen, und was den Vergleich mit Alexander
anging, war er zunächst einmal alles andere als so jung wie
dieser zu seiner Zeit. Ich glaube, er muss in jenem Jahr so um die
dreiundfünfzig gewesen sein, doch er sah älter aus. Ich
hatte Crassus kurz vor seinem Aufbruch nach Parthien gesehen, und
der alte Geldsack hatte gewirkt wie ein Halbtoter. Caesar hatte
nichts von seiner Energie oder von seinem Scharfsinn
eingebüßt, doch ich glaubte nicht, dass er den
Anstrengungen eines Feldzugs körperlich noch gewachsen war. Na
gut, Caesar hatte uns schon öfter überrascht. Vielleicht
schaffte er es ja doch immer noch, oder vielleicht würde er
auch so vernünftig sein, in Antiochien zu sitzen und das
tatsächliche Kämpfen seinen kriegslustigen Untergebenen
wie Marcus Antonius zu überlassen. Er könnte sich auch
von Kleopatra Truppen zur Verfügung stellen lassen; nicht dass
Ägypter zu besonders viel taugten. Irgendwie wollte er dies
alles jedenfalls
bewerkstelligen.       
    »Wie wurde mein
Astronom umgebracht, Decius?«, fragte er mich
freiheraus.
    »Einen
wunderschönen guten Morgen wünsche ich dir, Caius
Julius«, sagte ich gereizt. »An genau dieser Frage
arbeite ich. Er schien ein harmloses altes Arbeitstier zu sein,
kaum die Mühe wert, umgebracht zu werden, und dennoch hat man
ihm auf rätselhafte Weise das Genick
gebrochen.«
    »Ja, Cassius hat
es erwähnt. Ich will wissen, wer ihn umgebracht hat, Decius,
und warum er ermordet wurde. Ich will alles über diesen Mord
wissen, und zwar sehr bald.«
    »Du scheinst dir
die Sache zu Herzen zu nehmen«, stellte ich fest.
    »Er hat an dem
neuen Kalender mitgearbeitet. Der Kalender ist mein Projekt,
Decius, und wer auch immer ihn getötet hat, hat indirekt mich
angegriffen.«
    Das war typisch
Caesar. »Du glaubst also nicht, dass etwas Persönliches
dahintersteckt?«, fragte ich ihn. »Vielleicht ein
eifersüchtiger Liebhaber oder Ehemann?«
    »Würde das
irgendeine Rolle spielen?«, entgegnete er, und ich vermutete,
dass es ihm völlig egal war. Der kleinste Schatten, der auf
die persönliche Dignitas Caesars fiel, wenn auch
unbeabsichtigt, durfte nicht toleriert werden.
    »Der Kalender
ist noch genauso unbeliebt wie vor einer Woche«, berichtete
ich ihm.
    »Die Leute
werden sich daran gewöhnen«, versicherte er mir.
»Demnächst wird sich gewiss irgendetwas anderes ergeben,
worüber sich die Leute das Maul zerreißen
können.«
    »Hoffen wir
es.« Doch inzwischen bewunderte Caesar selbstvergessen sein
neues Gebäude, und es war in der Tat überwältigend.
Die riesige gewölbte Decke erhob sich hoch über uns. Ich
hätte es nie für möglich gehalten, dass ein
Innenraum so hoch sein konnte. Ich hatte einige der riesigen
ägyptischen Monumente besichtigt, doch trotz ihrer
atemberaubenden Größe fühlte man sich in ihnen,
inmitten des Waldes von plumpen, hohen Säulen, die diese
Gebäude auszeichneten, immer irgendwie beengt; außerdem
waren sie dunkel und bedrückend. Dieses Gebäude war
geräumig und hell; es wurde durch einen großzügigen
Fenstergaden mit Licht durchflutet. Die Wände waren mit
farbigem, kostbarem Marmor verkleidet, die Metallarbeiten
vergoldet, die Eingänge beispiellos breit, die Vorhallen
geräumig. All diese Pracht war sein Geschenk an das
römische Volk, bestimmt zur allgemeinen öffentlichen
Nutzung. Und das Einzige, was er im Gegenzug dafür verlangte,
war, dass die Leute ihn noch mehr verehrten, als sie es ohnehin
schon taten. 
    Ich ging, nur in
Begleitung von Hermes, in die Stadt. Während der Jahre, in
denen ich öffentliche Ämter bekleidet hatte, war ich
normalerweise von Dutzenden, wenn nicht Hunderten von
Anhängern begleitet worden, und dies hatte mir nie behagt. Ich
zog es eindeutig vor, allein umherzustreifen oder in Begleitung von
nur einem oder zwei Bediensteten. Julia hielt dies für
äußerst unwürdig; sie war der Meinung, dass ein
bedeutender Römer immer mit einem Gefolge unterwegs sein
sollte. Doch sie hat mich nie überzeugt. Abgesehen davon, dass
ich wegen meines persönlichen Wohlbefindens lieber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher