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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit
Autoren: Connie Willis
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Fünfzehn Christopher Wren-Kirchen. Und die Ateliers von MGM. Ganz zu schweigen, wenn ihr wirklich aufging, was das alles bedeutete.
    Verity kam herbei. »Stimmt was nicht, Ned?« fragte sie.
    »Ich bin dazu verdammt, den Rest meines Lebens für Lady Schrapnell zu arbeiten und Wohltätigkeitsbasare zu besuchen«, sagte ich.
    »Quatsch! Du bist dazu verdammt, dein Leben mit mir zu verbringen.« Sie gab mir das Kätzchen. »Und mit Federhalterwischer.«
    Das Kätzchen wog so gut wie nichts. »Wischerle«, sagte ich, und es schaute mit graugrünen Augen zu mir hoch.
    »Mrrh« machte es und fing zu schnurren an, ganz leise und zart. Ein Schnürrchen sozusagen.
    »Wo hast du das her?« fragte ich Verity.
    »Geklaut. Sieh mich nicht so an. Ich will es ja zurückgeben. Und Finch wird es im Augenblick sowieso nicht vermissen.«
    »Ich liebe dich«, sagte ich kopfschüttelnd. »Wenn ich dazu verdammt bin, mein Leben mit dir zu verbringen, heißt das, daß du dich entschieden hast, meine Frau zu werden?«
    »Ja«, sagte sie. »Ich bin grade Lady Schrapnell begegnet. Sie hat beschlossen, daß die Kathedrale dringend…«
    »Eine Hochzeit braucht?«
    »Nein, eine Taufe. Damit sie das Purbecksche Taufbecken einweihen können.«
    »Ich will dich nicht dazu verführen, irgendwas zu tun, was du nicht willst«, sagte ich. »Ich könnte Lady Schrapnell auf Carruthers und Miss Warder aufmerksam machen, und du könntest dich irgendwo in Sicherheit bringen. Wie bei der Schlacht von Waterloo.«
    Eine Fanfare ertönte, und die Orgel stimmte: ›Nun lobet Gott im hohen Thron‹, an. Die Sonne brach zwischen den Wolken hervor. Die Ostfenster entflammten in rotem, blauem und purpurfarbenem Licht. Ich schaute hoch. Die Lichtgaden waren ein einziges langes Band aus Gold, wie das Netz, wenn es sich gerade öffnete. Es füllte die Kathedrale mit Licht, strahlte auf die silbernen Kerzenhalter und das Kinderkreuz, auf die Unterseite der Chorbänke, die Chorknaben, Handwerker und exzentrischen Dekane, die Statue des Heiligen Michaels, den Totentanz und die Gottesdienstordnungen herab. Erfüllte die ganze Kathedrale mit seinem Leuchten – ein Großer Plan, gewirkt aus abertausend Einzelteilen.
    Ich schaute auf des Bischofs Vogeltränke, während sich das Kätzchen in meine Armbeuge schmiegte. Die Buntglasfenster dahinter übergossen sie mit strahlenden Farben und Licht, das durch das Fenster der Dyerschen Kapelle auf der gegenüberliegenden Seite fiel, übermalte die Kamele, Cherubim und die Hinrichtung Maria Stuarts smaragdgrün, rubinrot und saphirblau.
    »Sie ist scheußlich, stimmt’s?« sagte ich.
    Verity nahm meine Hand. »Placet«, sagte sie.
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