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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit
Autoren: Connie Willis
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Ergebenheit für ihren Ehemann, die Weigerung des Colonels, bei Regenwetter einen Mantel zu tragen, Veritys Zuneigung zu Katzen und Mrs. Merings Leichtgläubigkeit. Und meine Zeitkrankheit. Wenn dies alles Teil der Selbstkorrektur war, was bedeutete das für den Begriff des freien Willens? Oder war der freie Wille ebenfalls Teil des Plans?
    »Es gibt da noch was, das ich nicht verstehe«, sagte Verity. »Die Inkonsequenz war beseitigt, als Tossie mit Baine auf und davon ging, nicht wahr?«
    Ich nickte.
    »Warum war dann Delphinium Sharpe überhaupt da? Sagte T. J. nicht, die Wahrscheinlichkeiten kollabierten in den vorgesehenen Lauf der Geschichte, sobald die Inkonsequenz beseitigt war?«
    »Aber die Inkonsequenz wurde nicht beseitigt, während wir in Muchings End waren«, sagte ich. »Baine warf Tossie ins Wasser, aber sie waren noch nicht getürmt. Und deshalb war die Inkonsequenz nicht vollständig beseitigt.«
    »Natürlich waren sie schon fort. Sie verschwanden am achtzehnten Juni 1888. Und es war nur logisch, nachdem sie sich geküßt hatten – warum mußten wir also überhaupt noch nach Coventry? Bestimmt nicht, damit Tossie mit Baine davonlaufen konnte.«
    Darauf zumindest wußte ich eine Antwort. »Um des Bischofs Vogeltränke zu finden«, sagte ich. »Es war nötig, daß ich die Portale sah und den leeren gußeisernen Ständer, um zu begreifen, was geschehen war.«
    »Aber warum?« Sie runzelte immer noch die Stirn. »Das Kontinuum hätte es auch geschafft, die Inkonsequenz zu beseitigen, ohne uns davon wissen zu lassen.«
    »Aus Mitleid?« sagte ich. »Weil es wußte, daß Lady Schrapnell mir den Hals umdrehen würde, wenn ich des Bischofs Vogeltränke nicht rechtzeitig zur Einweihung herbeischaffte?«
    Aber recht hatte sie. Des Bischofs Vogeltränke hätte bis zum Sankt Nimmerleinstag auf Mrs. Bittner Dachboden lagern und Staub fangen können, jetzt, wo die Inkonsequenz beseitigt und Ultra von den Nazis unentdeckt geblieben war. Warum also war ich ins Labor im Jahr 2018 und zu Blackwell’s und zu dem Luftangriff geschickt worden, und warum hatte ich solche offenkundigen Hinweise erhalten, wenn es bedeutungslos war, ob des Bischofs Vogeltränke gefunden wurde oder nicht? Oder gab es einen Grund, warum sie sich zur Einweihung in der Kathedrale befinden mußte?
    »Wir erreichen gleich Oxford«, sagte der Fahrer. »Wo soll ich Sie hinfahren?«
    »Einen Augenblick.« Ich rief Dunworthy an. Finch war am Apparat.
    »Gottseidank«, sagte er. »Fahren Sie die Parks Road bis Holywell und Longwell, dann südlich die High Street weiter und biegen Sie bei Mertons Sportgelände ab. Nehmen Sie die Zufahrtsstraße. Wir erwarten Sie an der Sakristeitür. Wissen Sie, wo das ist?«
    »Ja«, sagte ich und zu dem Fahrer: »Haben Sie alles mitbekommen?«
    Er nickte. »Sie wollen dieses Zeugs in die Kathedrale schaffen?«
    »Ja.«
    »Geld zum Fenster rausgeworfen und anderen Leuten die Zeit gestohlen, wenn Sie mich fragen«, sagte er. »Ich meine, wozu soll eine Kathedrale gut sein?«
    »Lassen Sie sich überraschen«, sagte Verity.
    »Hier abbiegen.« Ich entdeckte Mertons Fußgängereingang. »Finch, wir sind da«, sagte ich ins Handy, dann zu dem Fahrer: »Fahren Sie zum östlichen Ende. Die Sakristeitür ist auf der Südseite.«
    Langsam fuhr er zur Sakristeitür, wo Finch mit einem Dutzend Menschen auf uns wartete. Einer von ihnen öffnete die Ladeklappe, und Verity kroch ins Freie und gab Anweisungen. »Das Altartuch in die Smithsche Kapelle«, sagte sie, »ebenso der Kerzenleuchter. Geben Sie acht, daß Sie die Rekonstruktionen nicht mit den Originalen verwechseln. Ned, gib mir das Bahrtuch aus der Capperschen Kapelle.«
    Ich legte es über ihre ausgestreckten Arme, und sie stieg damit die Stufen hoch. Wieder nahm ich das Handy.
    »Finch, wo stecken Sie?«
    »Hier, Sir«, sagte er. Er stand neben der Leichenwagentür, immer noch in seinem Schwalbenschwanz, doch der Ärmel war inzwischen trocken.
    Ich reichte ihm die emaillierte Monstranz. »Die Einweihung hat noch nicht begonnen, oder?«
    »Nein, Sir«, sagte er. »Leider gab es einen unglückseligen Verkehrsstau in der St. Aldate’s Street. Feuerwehrautos und Krankenwagen blockierten die Straße. Es stellte sich heraus…« – sein Gesicht glich völlig dem eines Pokerspielers –, »daß nichts dahinter war, aber es brauchte seine Zeit, bis sich alles wieder aufgelöst hatte. Nahezu eine Stunde lang war kein Durchkommen nach Christ Church Meadow. Und dann
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