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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit
Autoren: Connie Willis
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steht darin.«
    »Nein, Tossie nennt ihn immer noch ihren ›geliebten Ehemann‹. Und sie unterschreibt mit ›Toots‹. Aber es steht etwas anderes Interessantes darin.« Sie setzte sich auf eine der geschnitzten Bänke. »Hör zu – ›Mein lieber Terence…‹«
    »Terence? Warum in alles der Welt schreibt sie an Terence?«
    »Er schrieb ihr«, erklärte Verity. »Der Brief ist verlorengegangen. Dies ist Tossies Antwort.«
    »Terence schrieb ihr?«
    »Ja. Hör zu – ›Mein lieber Terence. Ich kann es nicht mit Worten ausdrücken, wie glücklich mich Dein Brief vom dritten gemacht hat‹. ›Glücklich‹ ist unterstrichen. ›Ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, jemals wieder etwas von meiner geliebten Prinzessin Arjumand zu hören!!‹ ›Hören‹ ist…«
    »Unterstrichen«, sagte ich.
    »Mit zwei Ausrufungszeichen versehen«, sagte Verity. Sie las weiter. »›Wir waren bereits weit draußen auf See, als ich entdeckte, daß sie verschwunden war. Mein geliebter Ehemann versuchte alles, was in seiner Macht stand, um den Kapitän zur Rückkehr zum Hafen, zu bewegen, aber dieser verweigerte grausamerweise dieses Ansinnen, und ich dachte, ich würde meine geliebte Miezmiez in diesem Leben niemals wieder sehen noch etwas von ihrem SCHICKSAL erfahren.‹«
    »So gut wie alles ist unterstrichen«, sagte Verity, »und Schicksal ist großgeschrieben.« Sie las weiter. »›Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich freute, als ich Deinen Brief bekam. Ich hatte solche Angst, daß Juju in der schäumenden See ertrunken wäre, und nun höre ich, daß sie nicht nur am Leben ist, sondern auch noch bei dir!‹«
    »Häh?«
    »Von jetzt ab ist alles unterstrichen«, sagte Verity. »›Wenn ich daran denke, daß mein zarter Liebling die ganze Strecke von Plymouth nach Kent zurückgelegt hat, wo doch Muchings End viel näher gewesen wäre! Aber vielleicht ist es das Beste so. Mama hat geschrieben, daß Papa kürzlich einen neuen goldenen schleierschwänzigen Ryunkin erstanden hat. Ich weiß, daß Juju bei Dir ein gutes Zuhause gefunden hat. Vielen Dank für Dein freundliches Angebot, Prinzessin Arjumand in der Obhut von Dawson zu mir bringen zu lassen, aber mein geliebter Ehemann und ich sind der Meinung, daß sie in Anbetracht ihrer Abneigung gegen Wasser besser bei Dir bliebe. Ich weiß, daß Du und Deine Braut Maud sie genauso lieben und verwöhnen werden, wie ich es tat. Mama hat mir von Deiner Heirat geschrieben. Obwohl es mir ein bißchen überstürzt vorkommt, und ich ehrlich hoffe, daß es nicht nur eine Gegenreaktion war, bin ich froher als ich sagen kann, daß Du in der Lage warst, mich zu rasch zu vergessen, und es ist mein glühendster Wunsch, daß Ihr beide genauso glücklich werdet wie mein geliebter Ehemann und ich es sind! Küsse Prinzessin Arjumand von mir, kraule ihr süßes, weiches Fell und sage ihr, daß ihre Mami immer an ihre liebe Putziputzi denken tut. In Dankbarkeit, Toots Callahan.‹«
    »Armer Cyril«, sagte ich.
    »Unsinn. Die beiden sind wie geschaffen füreinander.«
    »Und wir beide auch.«
    Sie senkte den Kopf.
    »Nun, wie steht’s, Harriet?« fragte ich. »Wir beiden geben ein verflucht gutes Detektivteam ab, oder wie? Wie wär’s, wenn wir die Partnerschaft auf Dauer schließen würden?«
    »Nein!« schrie Miss Warder. »Ich sagte doch, ihr sollt euch nicht setzen! Seht euch diese Falten an! Diese Chorgewänder sind aus Leinen!«
    »Also, Watson?« sagte ich zu Verity. »Was meinst du dazu?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte sie unglücklich. »Und wenn es nun nur die Zeitkrankheit ist? Sieh dir Carruthers an. Er glaubt, er liebt Miss Warder…«
    »Das ist absolut unmöglich!« fuhr Miss Warder einen kleinen Jungen an. »Daran hättest du denken können, bevor du das Chorgewand angezogen hast!«
    »Sieh sie dir doch an!« Verity blickte mich ernst an. »Stell dir vor, der ganze Rummel ist vorbei, du bekommst deinen Schlaf, erholst dich von der Zeitkrankheit und stellst fest, daß du einen schrecklichen Fehler begangen hast?«
    »Blödsinn.« Ich schob sie an die Wand zurück. »Mumpitz, Papperlapp und Humbug, sappermentnochmal! Ganz zu schweigen von Fisematentchen! Als ich dich das erste Mal sah, damals, als du deinen Ärmel auf Dunworthys Teppich ausgewrungen hast, war es, als würde das Fräulein von Shalott lebendig – fliegende Netze, zerspringende Spiegel, zerrissene Fäden und überall Glas. Das weißt du ganz genau.«
    Ich stützte meine Hände an die Wand über ihrem Kopf
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