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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit
Autoren: Connie Willis
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und beugte mich zu ihr. »Außerdem ist es deine patriotische Pflicht.«
    »Meine patriotische Pflicht?«
    »Ja. Du weißt doch, wir sind Teil einer Selbstkorrektur. Wenn wir nicht heiraten, wird etwas Schreckliches passieren – die Nazis werden rauskriegen, daß wir Ultra besitzen, oder Lady Schrapnell wird ihr Geld Cambridge zukommen lassen oder das Kontinuum wird zusammenbrechen.«
    »Hier stecken Sie«, sagte Finch. Er kam mit einem Handy und einer großen Pappschachtel auf uns zugeeilt. »Ich habe Sie schon überall gesucht. Mr. Dunworthy sagte, Sie und Miss Kindle sollten eines haben, aber ich wußte nicht, ob das nun eines oder zwei Exemplare bedeutet.«
    Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach, aber nach einer Woche Aufenthalt im victorianischen Zeitalter störte mich diese Tatsache nicht mehr. »Eins«, sagte ich.
    »Jawohl, Sir. Eins«, sagte er in das Handy, bevor er es auf einer Grabplatte ablegte. »Mr. Dunworthy meinte, das Sie, angesichts Ihrer wertvollen Mithilfe, die erste Wahl haben sollten. Möchten Sie eine besondere Farbe?«
    »Ja«, sagte Verity. »Schwarz. Mit weißen Pfoten.«
    »Wie?« fragte ich.
    »Ich sagte dir doch, er brachte unwichtige Objekte mit«, erklärte Verity.
    »Ich würde sie keinesfalls so bezeichnen.« Finch holte ein Kätzchen aus dem Karton. Es sah haargenau aus wie Prinzessin Arjumand, bis hin zu den weißen Beinkleidern an den schwarzen Hinterpfoten, nur daß es viel kleiner war.
    »Wo? Wie?« fragte ich. »Katzen sind eine ausgestorbene Spezies.«
    »Sicher, Sir.« Finch reichte Verity das Kätzchen. »Im victorianischen Zeitalter aber gab es eine Überzahl von ihnen, so daß die Bauern die Würfe regelmäßig ersäuften, um die Anzahl der Katzen gering zu halten.«
    »Und als ich Prinzessin Arjumand mit durchbrachte«, fuhr Verity fort und streichelte das Kätzchen in ihrer Hand, »beschlossen T. J. und Mr. Dunworthy, zu prüfen, ob die Kätzchen, wenn sie erst mal in einem Korb verschlossen und im Teich ersäuft worden waren, unwichtige Objekte würden.«
    »Deshalb also sind Sie überall in der Gegend herumgewandert, Finch! Sie haben nach trächtigen Katzen Ausschau gehalten.« Ich schaute in die Schachtel. Es lagen zwei Dutzend Kätzchen darin, die meisten hatten die Augen noch geschlossen. »Ist da auch der Wurf von Mrs. Marmelade dabei?«
    »Ja, Sir«, sagte Finch und zeigte auf einige der kleinen Fellkugeln. »Diese drei Tigerchen und das kalikofarbene. Sie sind natürlich alle noch zu klein, um entwöhnt zu werden, aber Mr. Dunworthy meint, Sie könnten ihres in fünf Wochen haben. Die von Prinzessin Arjumand sind etwas älter, da man sie erst drei Wochen nach der Geburt entdeckt hat.«
    Er nahm Verity das Kätzchen ab. »Sie wird Ihnen natürlich nicht wirklich gehören«, sagte er. »Sie müssen sie ins Labor bringen, zum Klonen und Züchten. Wir haben noch nicht genug für einen gesunden Genpool, aber wir haben bereits Kontakt mit der Sorbonne, Caltech und der Universität von Thailand aufgenommen, und ich selbst werde ins victorianische England zurückkehren, um noch mehr Exemplare zu holen.«
    »Können wir es besuchen?« fragte Verity.
    »Natürlich. Und Sie werden lernen müssen, es zu füttern und zu pflegen. Ich würde Milch vorschlagen und…«
    »… kugeläugige perlmuttfarbene Ryunkins«, sagte ich. Finchs Handy fiepte. Er betrachtete es und nahm die Schachtel. »Der Erzbischof ist gekommen, und der Ordner am Westportal sagt, es fängt zu regnen an. Wir müssen das Publikum hereinlassen. Ich muß Lady Schrapnell finden. Haben Sie sie gesehen?«
    Wir schüttelten beide den Kopf.
    »Am besten, ich mache mich mal auf die Suche nach ihr.« Mit der Schachtel unterm Arm eilte er davon.
    »Und drittens«, nahm ich den früheren Gesprächsfaden wieder auf, »weiß ich seit jenem Nachmittag im Boot, daß du genauso empfindest wie ich und daß du darauf wartest, daß ich dir in Lateinisch…«
    »Ach, da stecken Sie, Ned«, sagte T. J. Er schleppte einen kleinen Monitor mit sich und ein schnurloses Computersystem. »Ich muß Ihnen was sagen.«
    »Die Einweihung fängt gleich an«, sagte ich. »Hat das nicht Zeit bis später?«
    »Nein.«
    »Ist schon gut«, sagte Verity. »Ich komm gleich wieder«, und eilte aus der Kapelle.
    »Was ist denn?« fragte ich.
    »Wahrscheinlich bedeutet es überhaupt nichts«, meinte T. J. »Vielleicht so was wie ein mathematischer Fehler. Ein Ausrutscher im System.«
    »Was ist?« wiederholte ich.
    »Also gut – erinnern Sie
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