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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen
Autoren: Jules Verne
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entschieden, daß man den Reclamationen der Angeklagten Folge gebe. Der Gerichtspräsident mußte Befehl geben, Simon Morgaz zu entfernen und ihn ins Gefängniß zurückzuführen. Die Flüche, welche ihn begleiteten, die Drohungen, welche so Viele auf ihn schleuderten, bewiesen, daß man ihn für einen Elenden hielt, dessen Verrath den begeistertsten Verfechtern der canadischen Unabhängigkeit das Leben kosten sollte.
    Wirklich wurden auch Walter Hodge, François Clerc, Robert Farran, welche man als die Hauptführer oder Leiter der Verschwörer von Chambly erkannte, zum Tode verurtheilt.
    Am zweitfolgenden Tage, am 27. September, starben sie nach einem letzten Appell an den Patriotismus ihrer Brüder auf dem Schaffot.
    Was die anderen Angeklagten betraf, unter denen sich auch Herr de Vaudreuil befand, so schenkte man diesen, ob sie nun minder belastet erschienen oder die Regierung nur die hervorragendsten Anführer mit der Todesstrafe treffen wollte, noch das Leben. Zu ewiger Kerkerhaft verurtheilt, erhielten sie die Freiheit erst 1829 zurück, als eine Amnestie für alle politischen Verbrecher erlassen wurde.
    Was aus Simon Morgaz nach der Urtheilsvollstreckung geworden war? Nachdem ihm ein Freilassungsbefehl gestattet, dem Gefängnisse in Montreal den Rücken zu kehren, beeilte er sich von der Bildfläche zu verschwinden.
    Der Fluch der Allgemeinheit lastete aber auf seinem Namen und traf dabei auch die armen Wesen, welche an seiner Verrätherei doch völlig unschuldig waren. Bridget Morgaz wurde mit roher Gewalt aus dem Hause gejagt, das sie in Montreal bewohnte, ebenso aus dem in Chambly, wohin sie sich während der Untersuchung der Angelegenheit zurückgezogen hatte. Sie mußte auch ihre beiden Söhne wieder aufnehmen, welche aus dem Colleg ebenso verdrängt worden waren, wie ihr Vater von der Bank der Angeklagten im Gerichtssaale.
    Als seine Frau mit den Kindern wieder mit ihm zusammengetroffen war, suchte Simon Morgaz seine ehrlose Existenz erst in einem entfernten Flecken, dann aber ganz außerhalb des Districts von Montreal zu verbergen.
    Bridget hatte jedoch an das Verbrechen ihres Gatten gleichwenig glauben wollen, wie die Söhne an das ihres Vaters. Alle Vier hatten sich nach dem Dorfe Verchères in der Grafschaft dieses Namens am rechten Ufer des St. Lorenzo zurückgezogen. Sie hofften, daß kein Verdacht sie der öffentlichen Mißfälligkeit überliefern werde. Die Unglücklichen lebten hinfort von den letzten Hilfsmitteln, welche ihnen geblieben waren; denn obwohl Simon Morgaz durch Vermittlung des Hauses Rip den ihm für den Verrath zugesicherten Betrag empfangen hatte, hütete er sich doch, davon gegen seine Frau und seine Söhne etwas merken zu lassen. Ihnen gegenüber behauptete er fortwährend seine Unschuld und verdammte die Ungerechtigkeit der Menschen, welche ihn und seine Familie ins Elend gebracht habe. Mußte er denn nicht, wenn er Verrath geübt hatte, beträchtliche Summen zur Verfügung haben, oder würde er es mit angesehen haben, so weit herunterzukommen, wo das schlimmste Elend sich ihm raschen Schrittes näherte?
    Bridget Morgaz hielt an dem Glauben fest, daß ihr Mann unschuldig sei. Sie freute sich fast ihrer Armuth, welche seinen Anklägern doch offenbar Unrecht gab. Der Schein war wohl gegen ihn gewesen… Man hatte ihm aber nicht gestattet sich auszusprechen… Er fiel nur einem schrecklichen Zusammentreffen äußerer Umstände zum Opfer… Eines Tages wird er sich schon rechtfertigen… Er war ja schuldlos!
    Die beiden Söhne angehend, so hätte man in ihrem Benehmen gegen das Haupt der Familie wohl gewisse Unterschiede wahrnehmen können. Der Aeltere, Joann, hielt sich meist sehr zurück und wagte gar nicht an den Schandfleck zu denken, der in Zukunft auf dem Namen Morgaz haften würde. Die für und wider sprechenden Umstände, welche sich seinem Geiste zuweilen aufdrängten, suchte er möglichst zu verscheuchen, um sie gar nicht mehr abwägen zu müssen. Er wollte über seinen Vater nicht zu Gericht sitzen, so sehr fürchtete er, daß sein Urtheil gegen ihn ausfallen könnte. Er schloß die Augen, schwieg und schlich von dannen, wenn seine Mutter und sein Bruder zu Jenes Gunsten sprachen… Offenbar befürchtete das bedauernswerthe Kind, den Mann, dessen Sohn er war, schuldig zu finden.
    Johann dagegen nahm eine ganz abweichende Stellung ein. Er glaubte wirklich an die Unschuld des Genossen eines Walter Hodge, Farran und de Clerc, soviel Momente denselben auch zu belasten
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