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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen
Autoren: Jules Verne
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hingegen bewiesen sie eine Hingebung ohne Grenzen, eine Liebe, die aus dem Kinderherzen nur überquoll, um das ihrige zu erfüllen. Bridget und ihre Söhne waren verbunden durch das doppelte Band der kindlichen Liebe und der mütterlichen Zärtlichkeit, welches nichts zu zerreißen vermag.
    Nach der ersten Periode ihrer Kindheit, traten Joann und Johann in das Colleg zu Chambly ein, in welchem sie mit einer Classe Unterschied einander folgten. Man zählte sie mit Recht zu den ersten Schülern der oberen Abtheilungen. Als sie dann zwölf und dreizehn Jahre alt geworden waren, besuchten sie das Colleg zu Montreal, wo sie sich ebenfalls rühmlich auszeichneten. Noch zwei Jahre, und sie sollten ihre Studien vollendet haben, als die Ereignisse von 1825 eintraten.
    Wohnten Simon Morgaz und seine Frau auch nicht in Montreal, wo das Bureau des Advocaten mehr und mehr zurückging, so hatten sie sich doch noch ein kleines Haus in Chambly bewahrt. Dort trafen sich Walter Hodge und seine Freunde, als Simon Morgaz dieser Verschwörung beigetreten war, deren erste Handlung, wenn die Verhaftung des General-Gouverneurs geglückt wäre, in der Errichtung einer provisorischen Regierung zu Quebec bestehen sollte.
    In dem Flecken Chambly und unter dem Schutze dieser bescheidenen Wohnung konnten sich die Verschwörer für sicherer halten als in Montreal, wo die Polizei mit äußerster Strenge Alles überwachte. Trotzdem gingen sie stets mit größter Klugheit vor, um jeden Versuch einer Spionage auf falsche Fährte zu leiten.
    Sie hatten auch Waffen und Schießbedarf bei Simon Morgaz untergebracht, ohne daß deren Transport je den geringsten Verdacht erregt hätte. In dem Hause zu Chambly also war es, wo die Fäden des Complots zusammenliefen und von wo das Signal zur Erhebung ausgehen sollte.
    Indessen hatten der Gouverneur und seine Umgebung doch von dem gegen die Krone geplanten Staatsstreich Wind bekommen, und sie ließen vorzüglich diejenigen Abgeordneten scharf überwachen, welche sich durch ihre anhaltende Opposition gekennzeichnet hatten.
    Es muß hier jedoch wiederholt darauf hingewiesen werden, daß Papineau und seine Collegen von dem Plane Walter Hodge’s und seiner Parteigänger nichts wußten. Diese hatten den 26. August zur Ergreifung der Waffen bestimmt, welche ebenso ihre Freunde wie ihre Feinde überraschen sollte.
    Am Vorabend des Tages wurde das Haus Simon Morgaz’ plötzlich von den Agenten der Polizei, letztere unter der Leitung Rip’s, gerade in dem Augenblicke gestürmt, wo die Verschworenen darin versammelt waren. Diese fanden nicht mehr Zeit, ihre geheimen Schriftstücke zu vernichten oder die Listen ihrer Anhänger zu verbrennen. Die Beamten bemächtigten sich auch der in den Kellern des Hauses versteckten Waffen. Das Complot war entdeckt; Walter Hodge, Robert Farran, François Clerc, Simon Morgaz, Vaudreuil und noch ein Dutzend anderer Patrioten wurden unter sicherer Bedeckung ins Gefängniß nach Montreal abgeführt.
    Die Erklärung hierfür bietet Folgendes:
     

    Die Patrioten, in das Gefängniß von Montreal abgeführt. (S. 31.)
     
    In Quebec befand sich jener Zeit ein gewisser Rip, von anglo-canadischem Herkommen, der ein Auskunfts-und Nachforschungsbureau für Private leitete, dessen sich aber auch die Regierung zu wiederholten Malen und nicht ohne Nutzen bedient hatte. Sein Geschäft arbeitete unter der Firma Rip & Cie. Eine polizeiliche Angelegenheit war für ihn nichts weiter als eine Geldangelegenheit und er trug dieselbe in die Bücher ein, wie ein Kaufmann, der Geschäfte in Pausch und Bogen abzuschließen pflegt – so viel für eine Auskunft, so viel für eine Verhaftung und so viel für eine Spionage u.s.w. Er war ein sehr verschlagener und daneben unerschrockener Mann und zu Allem zu gebrauchen, der die Hand oder vielmehr die Nase in unendlich vielen Privatangelegenheiten stecken hatte. Ganz frei von jedem Scrupel, besaß er auch nicht einen Schatten von moralischer Empfindung.
    Als Rip im Jahre 1825 seine Agentur begründete, zählte er dreißig Jahre. Schon hatte ihm seine bewegliche Physiognomie, sein Geschick sich zu verkleiden, Gelegenheit verschafft, in verschiedenen Verhältnissen unter wechselndem Namen aufzutreten. Seit einigen Jahren kannte er Simon Morgaz, mit dem er in einigen vor Gericht anhängigen Sachen zusammengetroffen war. Gewisse Eigenthümlichkeiten, die jedem Anderen ganz bedeutungslos gewesen wären, erweckten in ihm den Gedanken, daß der Advocat bei der
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