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Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Karolina Halbach
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jetzt bist, Margarethe!«, lobte sie ernsthaft. »Deine Wangen glühen, als stündest du unserem König gegenüber. Deinem Vater würde es vor Bewunderung die Sprache verschlagen.«
    Die Rothaarige musste lächeln. Mit einer unbewussten Bewegung strich sie ihr Kleid glatt. Bevor ihr Vater auch nur einen Blick an ein geschminktes Frauengesicht verschwendete, müssten seine Augen schon so trübe sein, dass er es mit dem Visier eines Ritters verwechselte. Margarethe umarmte die Kleine und drückte sie fest an sich. »Ich danke dir von Herzen, Margot. Ich bin überwältigt, wirklich.«
    »Heißt das, du nimmst mein Geschenk an?«
    Erneut schüttelte die Rothaarige den Kopf. Ein Döschen Rotholzpulver gehörte zum Teuersten, was ein Frauenherz begehren konnte. So etwas von einem Kind anzunehmen, das den Wert nicht kannte, war unrecht. Sie klappte das Döschen zu und drückte es dem Mädchen wieder in die Hand. »Das kann ich nicht.«
    In Margots Augen spiegelte sich Enttäuschung. Ihre Lippen zitterten. Dann aber nickte sie langsam, so als habe sie eine Erklärung für Margarethes Verhalten gefunden. »Es ist, weil der Bischof am letzten Sonntag so gegen das Wangenrot gewettert hat, nicht wahr?«
    Das Schminken war in den vergangenen Jahren bei den Prager Hofdamen in Mode gekommen. Wer es sich leisten konnte, zog die Augen schwarz nach, unterstrich die noble Blässe mit pulverisierter Cyclamenwurzel und das Rot der Wangen mit Rotholzpulver. Das alles sorgte für Unmut beim Bischof, der die Verschönerungsversuche der Damen für schwere Sünde hielt. In seiner letzten Sonntagspredigt hatte er seinem Ärger Luft gemacht und sich ausführlich über die Eitelkeit der Frauen ereifert. Doch damit schien er nur erreicht zu haben, dass die Adeligen ihre sündhaft teure Schminke nun etwas dezenter auftrugen, wenn sie zur Messe gingen. Margot glaubte offenbar, ihre Freundin habe sich die Ermahnungen des geistlichen Oberhaupts des Hofes zu Herzen genommen.
    Margarethe öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch Margot ließ sie nicht zu Wort kommen. »Du befürchtest, man könnte dir Hoffart nachsagen. Ich weiß aber, dass selbst die Königin regelmäßig in ein Schminkkästchen greift. Sie bewahrt es in der verschlossenen Kommode neben ihrem Bett auf.«
    »Du musst nicht immer alles glauben, was die Domestiken erzählen«, tadelte Margarethe sanft.
    Margot plusterte sich triumphierend auf. »Von wegen! Mit eigenen Augen hab ich’s gesehen, als ich der edlen Dame vor dem letzten Bankett beim Ankleiden half.«
    Margarethe hob mahnend den Zeigefinger. »Du bist zu neugierig. Das gehört sich nicht.«
    Empört schüttelte die Kleine den Kopf. »Gar nicht! Die edle Dame hat ein Schriftstück hineingelegt, das sie studierte, bevor ich eintrat, und damit es Platz fand, musste sie die Schatulle herausnehmen. Dabei ist sie aufgegangen, und ich hab ganz genau gesehen, was darin war: Belladonna, Wangenrot und Cyclamenpulver.«
    Die Erwähnung eines offenbar geheimen Dokuments weckte Margarethes Interesse. »Ein Schriftstück, sagst du?«
    »Ein ganz besonderes Schriftstück.«
    »Du hast es erkannt?«
    »Das nicht, aber ich habe lange darüber nachgedacht. Ich glaube, der Hus hat’s verfasst. Eine Predigt, nehme ich an, und ich weiß auch …«
    Erschrocken sah sich Margarethe um. Zum Glück hatte niemand gehört, was da aus ihrem Schützling heraussprudelte. »Pst, sei doch leise. Wenn dich jemand hört und dem Bischof zu Ohren bringt, dass die Königin ketzerische Dokumente besitzt.«
    Mit einer wegwerfenden Handbewegung fuhr Margot fort: »Weiß doch eh ein jeder, dass unsere Herrin den Ideen der Hussiten …«
    Energisch hielt Margarethe der Kleinen den Mund zu. »Wirst du jetzt wohl schweigen, törichtes Mädchen. Bringst uns noch alle vors Ketzergericht.« Ängstlich äugte sie um die Ecke. Doch die drei anderen schienen das Interesse an ihnen verloren zu haben und waren ins eigene Gespräch vertieft.
    Mittlerweile hatte sich Margot aus Margarethes Griff befreit. »Was du nur immer hast. Seit sie den Hus in Konstanz auf dem Scheiterhaufen hingerichtet haben, dreht hier jeder durch.«
    »Du bist einfach noch zu jung, um das zu verstehen«, tadelte die Ältere und wandte sich zum Gehen. Erneut wurde sie festgehalten.
    »Warte, wenn du dich so für den Hus interessierst. Ich hab noch etwas gehört«, meinte Margot.
    »Behalt’s für dich!«, erwiderte Margarethe streng. »Das ist kein Spaß mehr. Und überhaupt müssen wir zurück. Es
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