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Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Karolina Halbach
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Wunder, ihr Kleid war eindeutig zu kurz, obwohl sie den Saum bereits ausgelassen hatte. Sie war über den Winter hochgeschossen wie eine Bohnenranke, und jetzt passte nichts mehr.
    Margarethe hatte gehofft, es würde Königin Sophie auffallen und diese würde sich ihrer erbarmen. Doch bislang hatte sie vergeblich auf ein Geschenk der Monarchin gewartet. Nun schien Margarethe nichts anderes übrig zu bleiben, als nach Hause zu schreiben und um Geld zu bitten. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie sich das runde, fast kahlköpfige Haupt ihres Vaters beim Lesen des Briefes so rot verfärbte, dass es schließlich einem gut gegarten Krebs glich. Den donnernden Wutausbruch hätte ihre Mutter auszuhalten, deren einziges Vergehen es gewesen war, dem Herrn von Waldeck statt eines Sohnes ein nach Tand gierendes Mädchen in die Wiege gelegt zu haben. Gören zählten für den Burgherrn nicht. Mit ihnen konnte ein Ritter nicht mehr anfangen, als sie zu verheiraten, was wiederum Unsummen verschlang, die dann in der Kriegskasse fehlten.
    Missmutig verdrängte Margarethe die Gedanken an ihr Elternhaus und schaute nach, was Margot so Wichtiges entdeckt hatte. Sie folgte deren ausgestrecktem Zeigefinger mit den Augen und sah ein paar weiße Blüten. »Oh, wie hübsch«, kommentierte Margarethe, während sie ihr Kinn auf Margots Schulter legte. »Schneeglöckchen.«
    »Die ersten im Jahr und ausgerechnet heute, an deinem Geburtstag«, begeisterte sich die Dunkelhaarige. »Du musst unter einem ganz besonderen Stern stehen, wenn selbst Mutter Natur dir an deinem Festtag Blumen schenkt.«
    Margarethe musste lächeln. Dieses Mädchen war einfach ein Sonnenschein. In Margots Augen war jedes Wesen ein göttliches Wunder und jedes Ding ein Geschenk des Himmels. Jede Minute, die Margarethe mit ihr zusammen sein konnte, machte Freude: Das Mädchen war freundlich und vertrauensselig. Zudem fehlte ihm jedweder Sinn für Intrigen, ganz im Gegensatz zu den drei Biestern dort drüben auf der Bank.
    Am schlimmsten war Katerina von Wettin, eine blasierte Gans, die sich wer weiß was auf ihre Abstammung einbildete. Die Redensart »Mit vollen Hosen lässt sich gut stinken« ging Margarethe durch den Sinn. Sicher, die Wettiner gehörten zu den einflussreichsten Lehensleuten des Königs. Ihnen unterstanden umfangreiche Ländereien im Vogtland, darunter auch die der Väter von Katerinas Freundinnen Ludmilla und Agneta, links und rechts von ihr.
    Margarethe hatte Katerina vom ersten Moment an nicht gemocht, und umgekehrt war es wohl genauso gewesen. Was genau die Wettinerin gegen sie hatte, wusste Margarethe nicht, doch sie hatte gehört, dass es ihrer Vorgängerin, einem Mädchen aus Landshut, nicht viel besser ergangen war. Nach nur einem Winter hatte es seinem Vater geschrieben, dass es sich eher von den Zinnen der Burg stürzen würde, als nur einen Tag länger in Prag zu bleiben. Auf diese Weise hatte sich zwar für Margarethe, deren Vater weder besonders reich an Ländereien noch an Einfluss war, die Gelegenheit ergeben, Hofdame an einem der besten Höfe Europas zu werden, doch wenn sie von diesen drei Schlangen gewusst hätte, hätte sie ihre Zustimmung vermutlich verweigert. Auch sie hatte mehr als einmal die Schreibfeder in die Hand genommen, um ihren Vater zu bitten, sie nach Hause zurückkehren zu lassen. Ob er ihrem Wunsch entsprochen hätte, wusste sie allerdings nicht.
    Außerdem hätte sie dann nie Albrecht von Wittelsbach und Jan Sedlic kennengelernt. Schnell hatten sie sich miteinander angefreundet, was Katerina nur noch mehr gegen Margarethe aufgebracht hatte. Albrecht war der Neffe der Königin und einziger Sohn und Erbe von Bayernherzog Ernst. Es musste die Wettinerin schier zur Weißglut gebracht haben, dass Euer Hochwohlgeboren mit Margarethe herumlachte, während er ihr kaum zunickte. Die Rothaarige blickte verträumt auf die kleinen weißen Glöckchen zu ihren Füßen. Albrecht! Allein an ihn zu denken beschleunigte ihren Herzschlag. Heute würde sie endlich wieder mit ihm zusammen sein.
    Königin Sophie hatte ihrer jungen Hofdame einen freien Nachmittag in Aussicht gestellt. Schließlich war heute ihr sechzehnter Geburtstag. Sie hatte keine Sekunde überlegen müssen, wie sie die kostbare Freizeit verbringen wollte: Sie sehnte sich nach einem Ausritt mit Albrecht und Jan zu den Moldauauen. Margarethe hob prüfend den Blick und kontrollierte den Stand der Sonne, die ihren Zenit fast überschritten hatte. Die junge Frau würde nicht
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