Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten
Autoren: Michael White
Vom Netzwerk:
dass du – und nur du, nicht deine Freunde – ihrem Anliegen wohlgesonnen bist. Was genau dieses Anliegen ist...' Kyle schlägt die Hände leicht zusammen und schaut zur Seite  '...ich kann es dir nicht sagen. Geht mich auch nichts an.'
     
    'Und? Ein bisschen mager, findest du nicht auch?'
     
    'Kann man so sagen. Weshalb ich dir gerne etwas geben würde. So eine Art...' er zuckt mit den Schultern '...Geschenk. Eine Information. Du kannst damit tun, was du möchtest – du gehst keinerlei Verpflichtungen ein.'
     
    Kyle blickt auf die Anzeige mit dem Foto und dann wieder zu Lee. Lee nickt langsam.
     
    'Ok, gib her. Und keine Mätzchen, klar? Ich bin etwas nervös heute Nacht.'
     
    'Ich bin nicht blöde, Lee.'
     
    'Da wäre ich mir nicht so sicher.'
     
    Sie wirft einen Blick auf die Anzeige.
     
    'Was soll das? Willst du mir eine Zitrone andrehen? Junge, wenn du mich wütend machen willst, bist du auf einem guten Weg.'
     
    Lee schüttelt den Kopf und betrachtet das Foto.
     
    'Woher hast du das?', fragt sie mit tonloser Stimme.
     
    'Wurde mir gebracht. Ich weiß nicht von wem. Und ich möchte es auch gar nicht wissen. Ich mische mich nicht in fremde Angelegenheiten ein. Auch nicht in deine, nur damit wir uns nicht miss -.'
     
    'Doch, genau das tust du gerade.'
     
    Kyle spürt, wie seine Kehle staubtrocken wird. Die Mündung der Automatik scheint plötzlich so groß wie ein Tunnel zu sein. Er beugt sich ein wenig nach vorn.
     
    'Hör zu, ich habe keine Ahnung, worum es eigentlich geht. Ich bin nur so eine Art Makler. Jemand hat Interesse daran, dass du für sie oder ihn arbeitest. Ich bin nur dazu da, den Kontakt herzustellen. Man hat mir das hier gegeben, weil man wohl der Meinung war, es hätte einen Nutzen für dich. Glaub mir, es interessiert mich nicht die Bohne, welchen.'
     
    Lee lässt das Foto sinken, und Kyle bemerkt, dass die Hand mit der Waffe leicht zittert.
     
    'Nehmen wir mal an, du sagst die Wahrheit...'
     
    Sie holt eine Zigarette aus ihrer Manteltasche, ohne Kyle auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
     
    'Hör mal, wenn du noch weitere - '
     
    ‘Du kannst deinen Auftraggebern mitteilen, dass wir im Geschäft sind. Ich höre mir an, was man von mir will.'
     
    Kyle nickt.
     
    'Wir treffen uns in drei Tagen wieder und besprechen die Details. Ich muss da noch ein paar Sachen vorab klären. Bis dahin will ich deine Visage nicht mehr sehen, klar? Du wirst morgen früh verschwinden und warten, bis ich mich bei dir melde.
     
    Und noch was - wenn irgendwas Linkes passiert, ist die Sache gestorben, kapiert?'
     
    'Ja, habe ich. Ich nehme an, du meldest dich bei mir auf deine übliche charmante Art?'
     
    'Ganz genau, mein Hübscher.'
     
    Mit diesen Worten erhebt sich Lee und gleitet einem Geist gleich zur Tür hinaus, bevor Kyle auch nur ein Wort des Abschieds sagen kann.
     
    ***
     
    Kyle dreht unaufhörlich sein Glas zwischen den Händen. Alles läuft wie gewünscht – und dennoch nagt ein diffuses Gefühl des Zweifels an ihm. Dieser Ausdruck in Lees Gesicht, als sie das Foto betrachtet hat – er lässt ihn nicht los. Es kommt ihm vor, als wenn er etwas übersehen hätte. Nur was? Er kann es nicht greifen. Schließlich zuckt er mit den Schultern. Was auch immer es ist – es wird ihm schon wieder einfallen.
     
    Kurz bevor er in den Schlaf abgleitet, löst sich eine Erinnerung aus den Abgründen seines Unterbewusstseins, doch  aus den lichtlosen Tiefen schießt ein Untier heran und reißt sie in blutige Fetzen, die für den Rest der Nacht wie Leichenteile durch Kyles dunkle Träume schweben.
     

Teufel / 7
     
    Die Sonne ist gerade vom Horizont verschwunden und der Sand knirscht unter Lees Stiefeln, als sie langsam auf die Bretterbude zugeht, die wohl ein Büro darstellen soll. Auf dem Hof stehen ein paar Rostlauben, von Girlanden mit schmuddeligem Plastikwimpel eingerahmt, die schlapp im Wind flattern und das trostlose Bild vervollständigen. Ihr Blick wandert über die Fassade, von der die Farbe abblättert und die vor Dreck starrenden Fenster hin zur Tür, die leicht schief in den Angeln hängt. Ein Schild teilt möglichen Kunden mit, dass geöffnet sei.
     
    Nur das es hier wohl keine Kunden gibt. Lee hat das Gelände den ganzen Tag aus der Ferne beobachtet. Passiert ist nichts. Niemand ist gekommen, niemand ist gegangen. Lee kaut auf ihrer Unterlippe herum. Eine Unterhaltung mit ihrem Vater kehrt wieder in ihr Gedächtnis zurück. Sie war damals noch ein kleines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher