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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten
Autoren: Michael White
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die Patrone. Und nun weiß sie, warum sich jemand diese Mühe gemacht hat. Die Kugel - sie ist aus Silber. Catherine spürt, wie der Zorn in ihr hochkocht, und sie muss all ihre Kraft aufbieten, um nicht die Beherrschung zu verlieren. In all den Jahrhunderten hat sie eine derartige Unverfrorenheit noch nicht erlebt. Ihre Augen verengen sich zu raubtierhaften Schlitzen, während ihre zu Klauen verformten Hände die Patrone umschließen. Ganz wie sie wollen. Wenn ihre Schwestern einen Krieg wünschen – sie werden ihn bekommen.
     
    Wutschnaubend verlässt Catherine den Raum und lässt die Tür mit einem Knall hinter sich zufallen. Wo immer sich Jennifer und Lee auch aufhalten mögen – sie wird sie finden. Sie und alle, die bei ihnen sind. Dann wird sie sie spüren lassen, dass sich niemand ungestraft mit ihr anlegt. Und wenn sie es bereuen, wird es zu spät sein. Sie werden wieder lernen zu beten. Wie so viele vor ihnen. Aber ihre Gebete werden nicht erhört werden. Denn es gibt keinen Gott. Wohl aber den Teufel.
     
    Wer wüsste das besser als sie?
     
    ***
     
    Das Kind wandert mit einem kalten Lächeln auf den Lippen über die von Tau durchnässte Wiese. Von seinen Händen tropft noch Blut, aber es achtet nicht darauf. Kurz bleibt es stehen und lässt seinen Blick schweifen, bevor es mit einem fröhlichen Lächeln im Gesicht losläuft, dem Wald entgegen, der es mit seinen dunklen Armen umschließt, während die ersten Sonnenstrahlen die Spitzen der Bäume berühren.
     
    ***
     
    Die Abenddämmerung zieht herauf, als Jennifer die Kathedrale betritt.
     
    'Sie wird ihren Weg weitergehen. Ihren ganz eigenen Weg. Es wird interessant sein, sie dabei zu beobachten. Willst du es tun? Oder ist die Enttäuschung zu groß für dich?'
     
    Jennifer sieht das Wesen an, das so viel älter ist als sie selbst. Wie heißt du eigentlich, denkt sie. Du hast mir nicht einmal deinen Namen verraten in all der Zeit. Wenn dieses Wesen denn jemals so etwas wie einen Namen hatte. Aber wer weiß das schon. Das Gesetz betrachtet sie mit ihren so strahlenden und doch so unnatürlichen Augen, und wieder hat sie dieses diffuse Gefühl, das es lächelt.
     
    'Ich werde ihren Weg begleiten, wenn das Euer Wunsch ist.'
     
    Das Gesetz nickt.
     
    'So sei es.'
     
    Es betrachtet einen kleinen Gegenstand, den es wohl während der ganzen Zeit in seiner Hand gehalten hat.
     
    'Bevor ich es vergesse...'
     
    Wieder diese Illusion eines Lächelns.
     
    '...hier ist noch etwas, was du ihr geben kannst, falls du sie einmal wiedersehen solltest. Sie wird sich daran erinnern. Ganz bestimmt.'
     
    Das Wesen wirft Jennifer den Gegenstand zu, und sie fängt ihn auf. Ein goldener Ring. Zwei Engelsschwingen, die sich umschließen und einen Kreis bilden. Wo hat sie ihn schon einmal gesehen? Jennifer betrachtet den Ring genauer, und eine alte Legende kommt ihr in den Sinn, aber sie kann sich nicht mehr genau daran erinnern. Sie sieht auf, um das Gesetz zu fragen, was es damit auf sich hat, aber sie ist allein.
     
    ***
     
    An einem anderen, weit entfernten Ort erwacht Lee aus seltsamen, wilden Träumen. Sie blickt auf die Uhr, runzelt die Stirn und schüttelt dann den Kopf. Es ist immer noch ungewohnt. Sie gleitet leise aus dem Bett. Hinter sich hört sie die regelmäßigen Atemzüge Tanyas. Lee zieht sich ihren Kimono über und tritt auf die Terrasse hinaus. In der Ferne hört sie einen Vogel zwitschernd die Morgendämmerung begrüßen.
     
    Der Himmel war strahlend blau. Die Sonne schien ihr ins Gesicht. Sie schloss die Augen und genoss die Wärme.
     
     
     
     
     
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