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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten
Autoren: Michael White
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Luder hat es geschafft, dich nervös zu machen. Es ist doch nicht zu fassen! Eins zu null für dich, Kätzchen – das muss ich dir lassen, das ist schon lange her, dass das jemand hinbekommen hat. 
     
    Von irgendwo her hört er das nerv tötende Tropfen von Wasser auf Stein. Sein Blick wandert durch den Raum, über die brüchigen Bänke hin zu einem einfachen Holzkreuz, das einsam an der Wand hängt. Ansonsten weist nichts mehr darauf hin, welchen Zweck dieses Gebäude einmal erfüllt hat. Wo ist sie hin? Verstecken kann sich hier niemand, nicht einmal sie. Es sei denn... Er verdrängt den Gedanken, und beginnt mit langsamen Schritten den Raum abzusuchen.
     
    Da! Eine getarnte steinerne Bodenluke. Frank geht in die Hocke und inspiziert sie. Verdammt gut versteckt, dass muss man den Jungs lassen, die das hier vor langer Zeit angelegt haben. Wenn man nicht danach sucht, würde man sie nur schwer finden. Anscheinend hat man damals ein Kellergewölbe angelegt. Vielleicht als Versteck für Reliquien. Oder man hat eine Fluchtmöglichkeit eingebaut, um im Falle einer Belagerung abhauen zu können. Die Kirche als letzter Zufluchtsort, ein Gebäude mit nur einem Eingang - er würde sich auch hier verschanzen, wenn das letzte Gefecht ansteht.
     
    Frank massiert sich das Kinn. Das wäre noch die Krönung, wenn ihn das kleine Luder reingelegt hätte und jetzt schon längst über alle Berge wäre. Dann ginge die ganze Kiste von vorne los - die Kleine wäre ihm abermals durch die Lappen gegangen und Catherine wäre stinksauer.
     
    Zumal er sich ohnehin mehr Feinde gemacht als er sich jemals hätte träumen lassen. Jetzt auf den Preis verzichten kommt nicht Frage. Denn die Kleine trägt Macht in sich. Mehr, als er auch nur ansatzweise vermutet hatte. Das muss auch der Grund sein, warum Catherine sie unbedingt tot sehen wollte. Seine Schöpferin hat Angst vor ihr, das ist es. Sie hat sich vor dem gefürchtet, was unerkannt in dem kleinen Miststück schlummert. Und anscheinend hatte sie dazu jeden Grund, auch wenn sich ihm dieser nicht auf Anhieb erschließt. Was aber nichts daran ändert, dass er sich diese Macht genauso gut selbst aneignen kann. Und dann - kann er vielleicht auch gleich die nächste Herausforderung angehen. Wie wohl das Blut eines Wesens schmecken mag, das so viel älter ist als er selbst?
     
    Frank leckt sich über die Lippen. Soviel zu einer verheißungsvollen Zukunft. Im Hier und Jetzt hat er für solche Träumereien keine Zeit. Mit einem entschlossenen Ruck zieht er die Luke auf und lässt sich in die Dunkelheit hinab.
     
    ***
     
    Als er festen Boden unter den Füssen spürt, richtet sich Frank langsam auf und stellt zu seinem Erstaunen fest, dass er aufrecht stehen kann. Er lässt seine Finger über die Wände gleiten. Mauerwerk. Faszinierend. Wer auch immer das alles hier erschaffen hat, er hat viel Zeit und Mühe investiert. Ein Kribbeln breitet sich in seinem Nacken aus, und er wirbelt herum, bereit zum Kampf. Seine Klauen sind gespreizt, und seine Fangzähne brechen aus seinen Kiefern hervor. Doch er ist allein. Hinter ihm ist nichts. Nur der endlos erscheinende Gang, der nun in beide Richtung in die Dunkelheit zu führen scheint. Wo zur Hölle ist die Luke hin, durch die er herabgestiegen ist?
     
    Weg, flüstert eine gehässige Stimme in seinem Kopf. Du wusstest, dass es eine Falle ist, und du bist hinein getappt wie ein Anfänger! Hast dich von deiner Gier leiten lassen! Und jetzt steckst du in der Scheiße! Ein unangenehmes Gefühl macht sich in seiner Magengrube breit. Diese Nummer läuft gerade so gar nicht wie er das gerne hätte. Das ferne Lachen eines Kindes dringt an sein Ohr und lässt ihn aufhorchen. Macht sie sich über ihn lustig? Dieses Luder! Na warte, wenn ich dich zu fassen bekomme, wird dir das Lachen schon noch vergehen.
     
    Mit vorsichtigen Schritten schleicht er den Gang entlang, der leicht nach unten zu führen scheint. Schon bald hat er das Gefühl für Zeit und Entfernung verloren. Wie weit ist er schon? Das macht alles keinen Sinn. Dies ist kein Fluchtweg, den die Mönche vor ein paar hundert Jahren angelegt haben, um vor feindseligen Rothäuten zu türmen. Langsam geht er weiter und stoppt abrupt, als er bemerkt, dass sich der Gang zu einer Kammer erweitert.
     
    In der Mitte des kuppelartigen Raumes sieht er eine aus Stein gehauene Wendeltreppe, die nach oben wie nach unten zu führen scheint. Wieder dieses hallende Lachen. Leise. Höhnisch, Erinnerungen hervorrufend
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