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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten
Autoren: Michael White
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ihm geschlossen. Und er weiß, dass er diese Tür nicht wird öffnen können. Denn er hat sie selbst entworfen. Für Wesen seiner Art. Wieder heult die Stimme in seinem Innern auf, doch er ist wie paralysiert. Es kann nicht sein! Er ist endlos weit von seinem Haus entfernt. Es muss ein Trick sein!
     
    Franks Gedanken rasen im Kreis. Es muss eine Möglichkeit geben, wie er hier wieder raus kommt... nur weiß er ganz genau, dass das nicht so ist, er hat den Keller selbst gebaut, niemand entkommt von hier, er ist die perfekte Falle.
     
    Es sind die Stimmen der Toten, die seine Gedanken verstummen lassen. Leise, aber dennoch deutlich vernehmbar. Hinter der Tür! Zuerst ist es nur eine. Dann eine weitere Stimme. Dann noch mehr. Hämisch, Hasserfüllt. Ihn rufend. Er glaubt ein Kratzen zu hören, wie Krallen auf Stahl, und er fängt an zu lachen! Patt, ihr Wichser. Ich komm nicht raus, ihr aber auch nicht rein. Gerade kommt er etwas zur Besinnung, als hinter ihm ein Geräusch ertönt. Eine Maus? Nein, hier lebt nichts! Frank dreht sich sehr langsam um, während er das Gefühl hat zu fallen.
     
    Natürlich! Sie brauchen nicht durch die Tür kommen! Sie sind bereits hier! Sie haben einfach nur auf ihn gewartet. Er hat sie ja schließlich eigenhändig hier lebendig begraben im Fundament dieses überdimensionierten Betonsarges. Wie gelähmt sieht er, wie ein halb verfaulter Arm mühelos den Boden durchbricht. Dann noch einer...und noch einer...ein Schädel mit boshaft glitzernden leeren Augenhöhlen, der aus seinem kalten Grab in die Welt der Lebenden zurückkehrt.
     
    Frank macht einen Schritt nach hinten, um sich an die Wand zu pressen, doch skelettierte Finger reißen ihn zu Boden, fetzen sich durch seine Kleider, krallen sich gierig in sein totes Fleisch, es in Stücken von seinen Knochen reißend.
     
    Willkommen zu Hause, Frank! Wir haben so lange darauf gewartet, dass du den Ort betreten würdest, der unser ist.
     
    Der Raum füllt sich mit Gelächter, und Frank beginnt zu schreien.
     
    ***
     
    Als Lee aus dem niedrigen Eingang tritt, saugt sie als erstes die angenehm kühle Nachtluft ein. Der faulige Geruch von verrottendem Fleisch ist verflogen, und sie spürt fast so etwas wie Erleichterung.
     
    ‘Du hast es geschafft.'
     
    Die ihr so wohlvertraute Stimme lässt Lee zusammen zucken. Ihr Blick durchdringt die Dunkelheit und findet Jennifers Gestalt, die im Schatten des Torbogens steht. Ein weiteres Gespenst aus der Vergangenheit, das ebenso gut der Hölle hinter ihr entsprungen sein könnte.
     
    'Sieht so aus. Überrascht?'
     
    'Von deinem Sieg? Um ehrlich zu sein, nein. Eher über die Tatsache, dass du ihn nicht selbst vernichtet hast. Nach all dem, was er dir angetan hat. Was mich zu der Frage bringt – warum?'
     
    Lee verzieht leicht die Mundwinkel.
     
    'Berechtigte Frage. Die Antwort ist ganz einfach - weil ich dann so gewesen wäre wie er.'
     
    'Ja. Ja, das sehe ich ein.'
     
    Jennifer macht einen Schritt hinaus aus den Schatten in das Licht des Mondes hinein. Der Nachtwind zerrt an ihrem Haar, das ihr marmorweißes Gesicht zärtlich umschmeichelt. Wüsste Lee es nicht besser, sie könnte glatt glauben, dass eine engelsgleiche Unschuld dort vor ihr stünde. Wäre da nicht dieses Lächeln, das sie nur allzu gut kennt. Sie setzt zu einer Frage an, es gibt so viel, was sie wissen will, doch Jennifer legt nur sachte einen Finger auf ihre Lippen, eine Geste, die keinen Widerspruch duldet.
     
    'Dies ist weder der Ort noch die Zeit für Fragen. Und nun komm mit mir.'
     
    ***
     
    Lee betrachtet Tanyas leblose Gestalt und spürt, wie eine eisige Kralle nach ihrem Herzen greift. Jennifer wendet sich ihr zu.
     
    'Deine Geliebte weilt noch unter den Lebenden. Was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass du sie nicht aufgegeben hast, sondern zurückgekommen bist, um sie zu retten...faszinierend...'
     
    Jennifer schüttelt den Kopf und sieht Lee von der Seite an.
     
    'Warum?'
     
    'Ein guter Freund hat mir mal gesagt, dass man nicht abhaut, wenn jemand nicht mitlaufen kann.'
     
    'Ein nobler Gedanke. Ich kannte einmal jemanden, der das sicherlich genau so gesehen hätte.'
     
    Lee betrachtet Jennifer mit einem fragenden Blick, doch Jennifer schweigt nur.
     
    'Was ist mir dir? Ich konnte sie nicht retten. Du dagegen hast es getan. Warum bist du nicht weggelaufen? Sie könnte dir doch scheißegal sein. Nur ein weiterer Mensch, der in diesem Totentanz der verlorenen Seelen verloren
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