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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten
Autoren: Michael White
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Ausblick über die Wüste hat. 
     
    Es war kein Traum. Denk an unseren Pakt. Wir werden unser Wort halten.
     
    Lee nickt und wirft einen Blick zum Himmel. Die Nacht neigt sich dem Ende zu. So oder so, sie wird es herausfinden. Kurz überlegt sie, was geschehen wird, wenn er nicht kommt, doch kaum hat sich der Gedanke bei ihr eingeschlichen, sieht sie, wie sich eine ihr so wohlbekannte wie verhasste Gestalt aus der Dunkelheit der Wüste herausschält.
     
    Von ferne hört sie das Grollen des Donners, und es kommt ihr vor, als würden sich die Götter ankündigen, um dem Duell beizuwohnen. Der Schnitter ist wieder auf dem Weg. Lee erhebt sich langsam, als Frank durch den Torbogen tritt. Lässig zieht sie ihren Revolver und drückt ab. Die Kugel wirbelt Staub vor seinen Füßen auf. Frank sieht zu Lee hinauf und grinst.
     
    'Hallo Lee. Das nenne ich doch mal eine angemessene Begrüßung!'
     
    'Findest du?'
     
    Lee schenkt Frank ein Lächeln, spannt den Hahn der Waffe und jagt Frank eine Kugel direkt in den Brustkorb. Frank taumelt ein paar Schritte zurück und schickt ein wütendes Fauchen in Lees Richtung, während seine Augen eine gelbliche Färbung annehmen. Für einen Moment glaubt Lee, dass er seine Beherrschung verlieren wird, doch Frank betrachtet nur leicht ungläubig das Loch in seinem Brustkorb und lässt ihr ein Grinsen zukommen.
     
    ‘Du hast meine Lieblingsjacke ruiniert.'
     
    'Ich bin ein böses Mädchen...'
     
    Lee steckt die Waffe weg, ohne Frank auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, und geht mit gemessenen Schritten die Treppe hinunter in den Innenhof, darauf achtend, dass sie die Tür, die ins Innere der Kirche führt, in ihrem Rücken hat.
     
    'Wie hast du mich gefunden?'
     
    'Ich bin einfach deiner Fährte gefolgt. Immer den Toten nach.'
     
    Lee lächelt schief, und Frank sieht sie mit einem schwer zu deutenden Blick an.
     
    'Wen hattest du denn erwartet? Lass mich raten...'
     
    Er scheint einen Moment zu überlegen und streicht sich mit dem Zeigefinger um das Kinn.
     
    'Ahhh...jetzt weiß ich es! Du meinst McCarson!'
     
    Frank lacht abfällig.
     
    'Was den angeht - da muss ich dich enttäuschen. Der ist vollauf damit beschäftigt, deine kleine Nutte irgendwo in der Wüste zu verscharren. Nett von ihm, dass er diesmal die Drecksarbeit selber übernimmt, nicht wahr? Na ja, mach dir keine Sorgen – er wird schon bald in der Hölle schmoren. Wenn das nicht schon längst jemand anderes erledigt hat, werde ich ihn mir vornehmen, sobald wir beide unsere Angelegenheiten geregelt haben.'
     
    'Nur angemessen, dass du dich um ihn kümmern willst. Schließlich war er ja Dein Geschöpf, nicht wahr?'
     
    Frank stemmt die Hände in die Hüften und lässt seinen Blick über die verfallenden Gebäude schweifen, während er weiterspricht.
     
    'Nein. Nicht dieser Clown. Er war nur eine Figur im großen Spiel. Wie wir beiden wohl auch. Aber was soll es - so ist die Welt nun mal. McCarson ist nur ein Arschloch, das ich benutzt habe, als sich die Gelegenheit ergab, das gebe ich zu. Aber ich habe ihn nicht auf dich angesetzt. Das war jemand anders. Jemand, der dich brennen sehen will. In der Hölle!'
     
    'Wer sollte das gewesen sein außer dir?'
     
    'Das, meine Kleine, wirst du nie herausfinden, da muss ich dich leider enttäuschen! Und bevor wir uns missverstehen – ich hatte und habe immer andere Pläne mit dir gehabt.'
     
    'Dann rück mal raus damit. Dass du nicht gekommen bist um mir die Suche nach dir zu ersparen, ist mir schon klar. Eigentlich nett von dir. Kann ich dir gleich hier und jetzt die Kehle rausreißen. So wie bei deinem dreckigen Köter, den du damals auf mich gehetzt hast.'
     
    'Ach Lee...es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ich mich mit den Mächtigen meiner Familie angelegt habe, als ich dich erschuf – nur um jetzt von dir beleidigt und sogar noch herausgefordert zu werden. Ein hoher Preis - aber wenn ich alles zusammen addiere, ein angemessener.
     
    Du willst deine kindische kleine Rache. Das geht in Ordnung - du sollst sie bekommen. Ich denke, das bin ich dir wohl schuldig, wo ich doch an deinem ganzen Elend schuld bin. An deiner Unsterblichkeit, deiner Macht, deiner Freiheit, die du ja in vollen Zügen genießt.'
     
    'Was willst du mir erzählen? Das du mir einen Gefallen getan hast?'
     
    Frank breitet die Hände aus.
     
    'Touche. Du hast Recht - ich habe dir keinen Gefallen getan. Sondern mir. Ich schuf dich für mich. Eine Frage des Geschmacks.
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