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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten
Autoren: Michael White
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wird.'
     
    Ihre Lippen öffnen sich noch einmal, als wenn sie noch etwas sagen wollte, aber dann scheint sie es sich anders zu überlegen, und nur ein 'Adieu' erklingt wie von fern.
     
    Mit einem fast zärtlichen Lächeln erhebt sie sich und verschwindet genauso urplötzlich in der Dunkelheit, wie sie aus ihr hervorgetreten ist, und Pete ist wieder allein. Über ihm glitzern die Sterne, und er ist sich nun absolut sicher, dass es der gleiche Himmel ist, den Lee gesehen haben muss, damals, vor einer gefühlten Ewigkeit, als er sie fand. Das Leben ist ein Kreislauf.
     
    Für einen Moment schließt er die Augen. Du hast nicht mehr viel Zeit, denkt er. Pete dreht sich mit einer letzten Kraftanstrengung auf den Rücken, atmet noch einmal die klare Luft ein, breitet seine Arme aus, ganz so als wären es Flügel und denkt an Lee. Die nicht mehr allein ist. Alles ist gut. Pete lächelt. Er fühlt sich plötzlich leicht, und frei von Schmerzen. Bereit zu gehen.
     
    Zum Freund aller Krieger.
     
    Zum Tod.

 
Samhain / 5
     
    Die Klaue kracht durch den Sargdeckel als wäre er aus Papier und reißt ihn mit einer spielerischen Bewegung hoch. Kalter Wüstensand rieselt in Tanyas Gesicht, gefolgt von fahlem Mondlicht und sie muss blinzeln. Noch bevor sie die Situation erfasst hat, ergreift sie eine grazile Hand und zieht sie aus dem einfach zusammengezimmerten Kiefernsarg heraus.
     
    Gierig saugt Tanya die kühle klare Nachtluft in ihre schmerzenden Lungen, für einen kurzen Moment den Schmerz in ihrem Unterleib verdrängend. Noch leben wir, denkt sie. Es geht uns zwar beschissen, aber ganz egal – wir sind noch nicht tot! Ihr Blick fällt auf das Loch neben ihr, das in der Erde gähnt wie ein schwarzer Abgrund. Sie erschauert und verspürt mit einem Mal das Bedürfnis sich zu übergeben, schafft es aber, sich zu beherrschen.
     
    'Danke...'
     
    Sie möchte noch mehr sagen, doch ihre Stimme ist heiser und bringt nicht mehr als ein Krächzen hervor. Sie wendet sich ihrer Retterin zu. Eine hochgewachsene, dunkelhaarige Schönheit, von der eine Aura der Kälte ausgeht, die Tanya frösteln lässt. Du bist kein Mensch - du bist wie Lee. Langsam kriecht die Furcht wieder in Tanya hoch. Gut, sie hat sie gerettet. Nur muss das noch lange nicht heißen, dass sie nicht einfach nur andere Pläne mit ihr hat. Die Tanya genauso wenig gefallen dürften wie eine Beerdigung dritter Klasse bei lebendigem Leib.
     
    ‘Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich werde dir kein Leid antun.'
     
    Ein Lächeln huscht über das engelsgleiche Gesicht.
     
    'Deine Gefährtin...sie ist meine Schwester. Mein Name ist Jennifer.'
     
    'Dann nochmals vielen Dank...Jennifer. Ich bin - '
     
    'Ich weiß, wer du bist. Du kannst mir deine Geschichte später erzählen. Jetzt müssen wir uns um andere Dinge kümmern.'
     
    Das einzige worum ich mich jetzt kümmern will ist Lee, denkt Tanya, aber sie beherrscht sich. Irgendwie weiß sie, dass Jennifer es nicht mag, wenn man ihr widerspricht. Und das sie reden wird, wenn es ihr danach ist. Jetzt gerade scheint das nicht der Fall zu sein. Außerdem ist da ja noch ein klitzekleines anderes Problem – nämlich das sie eine Kugel abgekriegt hat. Die sie schon bald umbringen wird, wenn sie nicht schnellstens  einen Arzt finden.
     
    Jennifer scheint die gleichen Gedanken zu haben, denn sie betrachtet erst Tanyas blasses Gesicht und dann den roten Fleck auf ihrem T-Shirt. Kurz glaubt Tanya ein gieriges Glitzern in Jennifers Augen zu sehen, doch es verschwindet ebenso schnell wie es gekommen ist. Jennifer betrachtet Tanya, als wäre sie ein exotisches Tier, das man nicht allzu oft zu Gesicht bekommt. Sie scheint für einen Moment in Gedanken versunken, bevor sie sich mit ihrem Fingernagel eine Ader aufschneidet, aus der sofort ein verführerisch duftender roter Strom in ihre Handfläche hinein fließt. Jennifer hält Tanya ihre wie zu einem Gefäß geformte Hand entgegen, die sich langsam mit Blut füllt
     
    'Trink. Wenn du es nicht tust, wirst du sterben.'
     
    Tanya denkt an Kyle und zögert. Auf der anderen Seite - hat sie eine Wahl? Außerdem - da ist dieses Aroma. So bezaubernd. Anziehend. Sie spürt, wie ihre Zweifel zerstäuben und durch Gier ersetzt werden. Der rationale Teil ihres Verstandes versucht noch, sie zurückzuhalten, doch der Selbsterhaltungstrieb in ihr ist stärker. Wenn sie ihr Leben dadurch retten kann, dass sie das Blut dieses Wesens trinkt – dann sei es so. Tanya stürzt sich auf das
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