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Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Titel: Die fabelhafte Miss Braitwhistle
Autoren: Sabine Ludwig
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nicht Miss Braitwhistle, sondern nur Frau Klawitter. Ich hatte total vergessen, dass wir montags in der letzten Stunde Musik haben.
    In unserer Klasse steht ein Klavier, aber das ist immer abgeschlossen. Der Klavierschlüssel hängt an Frau Klawitters dickem Schlüsselbund. Das wirft sie manchmal auf den Lehrertisch, wenn wir besonders laut sind, aber es nützt nicht, wir sind dann einfach nur noch lauter.
    Irgendwie hatten wir heute keine Lust auf Musik und erst recht nicht, als Frau Klawitter sagte: »Nehmt eure Musikhefte raus, wir schreiben ein Notendiktat. Und diesmal werde ich es auch benoten.«
    Doppelte Noten! Das war echt gemein.
    »Frau Klawitter, ich hab aber mein Heft vergessen«, rief Henni. »Wo soll ich denn jetzt die Noten draufschreiben?«
    »Dann gibt dir jemand eine Seite aus seinem Heft ab«, hat Frau Klawitter gesagt. »Wie ist es mit dir, Hugo?«
    »Ich darf aber keine Seiten aus meinem Heft reißen«, hat Hugo gesagt.
    »Ich auch nicht! Ich auch nicht!«, haben wir gerufen.
    Frau Klawitter bekam rote Flecken am Hals, genau wie Frau Taube. Nur dass ihre Flecken größer waren, kein Wunder, ihr Hals ist ja auch dicker.
    »Dann ziehst du eben Linien mit dem Lineal, aber beeil dich.«
    Henni konnte sich aber nicht beeilen, denn sie hatte ihr Lineal vergessen. Clemens hat seins genommen und wollte es ihr zuwerfen, aber Aki hat es aufgefangen und so getan, als wäre er ein Ritter und das Lineal sein Schwert. Da hab ich auch mein Lineal genommen und wir haben gekämpft. Also nicht richtig doll gekämpft. Die Lineale sind sogar ganz geblieben, aber trotzdem hat es Frau Klawitter nicht gefallen, und sie hat ihr Schlüsselbund genommen und wollte es auf den Tisch werfen, aber es fiel daneben.
    Ich hab mich gebückt und es aufgehoben. Den Klavierschlüssel hab ich gleich erkannt, denn er war der kleinste,und außerdem hing er an einem extra Ring, der geformt war wie ein Violinschlüssel.
    Ich hab schnell den Klavierschlüssel abgemacht und in meine Hosentasche gesteckt, dann hab ich das Schlüsselbund Frau Klawitter gegeben. Sie hat »Danke, Franz« gesagt, und ich hab genau gesehen, wie sie ihr Hörgerät abgeschaltet hat.
    Dann ist sie zum Klavier gegangen und hat sich auf den Hocker gesetzt, und der Hocker hat geknarrt, denn eigentlich ist ihr Hintern viel zu dick dafür.
    »So, nun passt gut auf, welche Töne ich spiele, und schreibt sie auf.«
    Sie hat ihr Schlüsselbund genommen und wollte das Klavier aufschließen, aber das konnte sie natürlich nicht, denn den Schlüssel hatte ja ich.
    Ich hab ihn aus der Hosentasche gezogen und allen gezeigt, aber das konnte Frau Klawitter nicht sehen, denn sie saß mit dem Rücken zu uns.
    »Wo ist der Klavierschlüssel?«, hat Frau Klawitter gefragt und sich zu uns umgedreht. »Habt ihr den Klavierschlüssel gesehen?«
    Annalisa hat sich gemeldet und Frau Klawitter hat ihr Hörgerät wieder angestellt. »Ja, Annalisa?«
    »Ich hab ihn gesehen«, hat Annalisa gesagt. Aki hat michangeschaut, und ich hab Aki angeschaut und wir wollten Annalisa schon den Mund zuhalten, da hat sie weitergesprochen: »Ich hab ihn an Ihrem Schlüsselbund gesehen, Frau Klawitter. In der letzten Stunde.«
    »Aber er ist weg!«, hat Frau Klawitter gerufen. »Ich kann das Klavier nicht aufschließen!«
    Hugo ist aufgesprungen. »Soll ich Herrn Pommerenke holen? Der kriegt das bestimmt auf. Mit ’nem Stemmeisen oder besser noch mit Dynamit.«
    Frau Klawitter hat heftig mit den Armen gewedelt. »Nein, nein, vielleicht hab ich ihn irgendwo verloren.«
    Sie hat so verwirrt ausgesehen, dass sie mir richtig leidgetan hat, aber Notendiktate sind nun mal ekelhaft.
    »Wir können doch was singen«, hat einer der Puppenzwillinge vorgeschlagen. Und der andere hat gesagt: »Genau, wir können was singen.«
    Frau Klawitter war ganz glücklich und wir mussten uns alle hinstellen und »Der Kuckuck und der Esel« singen. Als Kanon. Ein Kanon ist, wenn man nicht zusammen anfängt, aber trotzdem zusammen aufhört. Geschafft haben wir das noch nie.
    Wie immer haben die Mädchen angefangen. Und ich hab genau gehört, dass sie statt »der Esel« »die Esel« gesungen und uns dabei frech angegrinst haben.
    »Na, wartet!«, hab ich gedacht. Und als Frau Klawitter auf uns Jungs gezeigt hat, haben Aki und ich ganz laut gesungen: »Die Esel seid ihr selber und bitte nur kein Neid, denn wir, wir können singen, ihr seid noch nicht so weit.«
    Na, jetzt ging’s aber los! Pauline hat Henni was zugeflüstert, und
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