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Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Titel: Die fabelhafte Miss Braitwhistle
Autoren: Sabine Ludwig
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nicht direkt im Magen, er steckte immer noch in meiner Hosentasche. Beinah hätte meine Mutter ihn entdeckt, als sie meine Jeans waschen wollte. Sie fummelte schon in den Taschen rum, weil ich da meistens was drin habe, was nicht in die Waschmaschine gehört. Chinabölleroder Murmeln oder alte Kaugummis. Ich hab ihr schnell die Hose weggerissen und erzählt, dass so viel waschen ganz schädlich für die Umwelt ist und ich die Jeans noch gut ein paar Tage anziehen kann.
    Der Schlüssel steckte an diesem Morgen also immer noch in meiner Hosentasche und ich wollte ihn so schnell wie möglich loswerden.
    Am Kiosk an der Ecke hab ich Aki getroffen, er hat sich Karamellbonbons gekauft. Mir sind die zu süß, und ich mag es auch nicht, wenn sie in den Zähnen festkleben. Aber Aki hat so viele Löcher in den Zähnen, dass es eh schon egal ist. Als die Schulzahnärztin mit ihm geschimpft hat, weil er seine zweiten Zähne mit den ganzen Süßigkeiten kaputt macht, hat er nur gemeint, er wartet auf seine dritten. In der Werbung sähen die immer so schön weiß aus.
    Ich will lieber nicht auf meine dritten Zähne warten und hab mit dem Kopf geschüttelt, als Aki mir einen Bonbon geben wollte. Außerdem war mir ja sowieso nicht gut, wegen dem blöden Klavierschlüssel.
    »Hast du ihn noch?«, hat Aki auch gleich gefragt.
    »Hm«, hab ich gesagt.
    »Zeig mal her!«
    Ich hab Aki den Schlüssel gegeben. Er sah eigentlich ganz harmlos aus.
    »Was machste jetzt damit?«, hat Aki gefragt.
    »Ich geb ihn der Klawitter zurück«, hab ich gesagt.
    »Bist du bescheuert? Was meinst du, was du da für Ärger kriegst?«
    »Hast du eine bessere Idee?«
    Wir waren inzwischen schon fast an der Schule, da ist Hugo an uns vorbeigelaufen.
    »Wo hast du denn deinen süßen Pulli?«, hab ich gerufen.
    Und Aki hat ihm hinterhergebrüllt: »Rosa steht dir!«
    Dann hat Aki mich angeschaut und ich hab Aki angeschaut. Und wir hatten beide den gleichen Gedanken:
    »Die Findekiste!«
    Die Findekiste ist unter der Treppe, die in den ersten Stock führt. Aki hat Schmiere gestanden und ich hab ganz schnell den Deckel aufgeklappt und den Schlüssel reingeworfen. Genau in dem Moment ist Herr Pommerenke um die Ecke gekommen und hat uns misstrauisch angeguckt, aber Aki hat ein ganz unschuldiges Gesicht gemacht und gefragt: »Herr Pommerenke, Franz hat gestern sein Pausenbrot verloren. Haben Sie es vielleicht gesehen? Es war Quark mit Radieschen drauf. In der Findekiste ist es nicht.«
    Ich musste kichern, aber Herr Pommerenke fand das überhaupt nicht lustig. »Quark? Ich quark euch gleich mal was!«
    »Oh, das ich mochte horen«, hat da Miss Braitwhistle gesagt, die gerade in die Schule kam. »Ich liebe Enten.«
    »Sie vielleicht, ab–«, fing Herr Pommerenke an, doch als er weiterreden wollte, kam nur Quaken aus seinem Mund. »Quak, quakquak, quaaak!« Er verdrehte die Augen, griff sich an den Hals und fing fürchterlich an zu husten.
    »Soll ich Ihnen auf den Rücken hauen?«, hat Aki gefragt. »Das hilft.«
    Herr Pommerenke hat ein paarmal geschluckt, dann den Mund aufgemacht, und wir haben drauf gewartet, dass er wieder quakt, aber es kam kein Quaken mehr, nur das übliche Meckern: »Mir auf den Rücken hauen, so weit kommt’s noch! Abmarsch, es klingelt gleich!«
    Er scheuchte uns in unsere Klasse und rief uns hinterher: »Ach ja, schönes Nachsitzen wünsche ich euch noch!«
    »Altes Ekel«, sagte Aki.
    »See you later«, sagte Miss Braitwhistle und verschwand im Lehrerzimmer.
    Aki hat mich angeschaut und ich hab Aki angeschaut, und Aki hat gefragt: »Weißt du, was das heißt?«
    »Keine Ahnung«, hab ich gesagt, »aber wir werden’s sicher erfahren.«
    In unserer Klasse war schon wieder ordentlich was los.
    Die Puppenzwillinge schlugen mit ihren Puppen aufeinander ein. »Du hast die größere Hälfte gehabt!«, schrie Polly. »Genau, du hast die größere Hälfte gehabt!«, schrie auch Molly.
    »Was haben die denn schon wieder?«, hab ich Henni gefragt. Die hat mit den Schultern gezuckt. »Ich hab Molly ein Stück Pfefferminzbruch gegeben, und sie hat’s mit Polly geteilt, aber wohl nicht richtig.«
    »Natürlich nicht!«, hat Polly gesagt. »Molly hat sich das größere Stück genommen!«
    »Nein, Polly hat sich das größere Stück genommen!«
    Und wieder haben sie sich ihre Puppen um die Ohren gehauen. Das war aber nicht schlimm, denn die sind ganz weich.
    Henni hat in ihrer Mappe rumgewühlt und noch ein Stück Pfefferminzbruch gefunden. Es
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