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Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)

Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)

Titel: Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
Autoren: Hans-Olaf Henkel
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sanfter Hand führen wie zu Napoleons Zeiten und den Euro schön weich machen. Kuschelweich.
    Freudenfeste in Nîmes und Nikosia, Autokorsos in Nantes und Neapel. Helle Aufregung in deutschen Unternehmerkreisen. Es kam zu lautstarken Auseinandersetzungen zwischen den Familienunternehmen und Sparkassen einerseits, die sich vom Abschied aus dem Euro neue Stabilität erwarteten – und den DAX -Unternehmen und Großbanken andererseits, die ihrem Spitzenexport und den Staatsgarantien (»too big to fail«) nachweinten. Die Flamme des Streits sprang auf den Bundestag über. FDP -Brüderle begrüßte den Austritt als »Eintritt in eine goldene Zukunft«, Oppositionsführer Lucke ( AfD ) sah sich »in vollem Umfang« bestätigt, während der Noch- SPD -Parteichef Gabriel mahnte: »1933 darf sich nicht wiederholen.«
    Am Abend nach einer Kabinettssitzung, die von gewöhnlich gut informierten Kreisen als »turbulent« bezeichnet wurde, trat Angela Merkel, sichtlich erhitzt, in der Gemeinschaftssendung von ARD und ZDF auf: »Michel, was nun?« Moderator Jörg Schönenborn, dem man die Verzweiflung darüber ansah, nicht zu wissen, auf welche Seite er sich schlagen sollte, sprach wertneutral von einer »Schicksalsfrage« und der »Sorge, die wir mit Millionen Zuschauerinnern und Zuschauern teilen«.
    In einer gemeinsamen Limousine waren die Altkanzler Helmut Kohl und Helmut Schmidt (»Helmut & Helmut«, wie die Presse witzelte) beim Studio vorgefahren, um ihre schwersten Bedenken anzumelden. Außenminister Genscher, der neben dem Chauffeur hatte sitzen dürfen, verlieh im gelben Pulli und nuschelnd seiner Sorge »vor dem Dritten Weltkrieg« Ausdruck, »bei dem wir nicht so glimpflich davonkommen werden«. Worauf Schmidt einen tiefen Zug aus seiner Zigarette nahm, und bedeutungsvoll einnickte.
    Schon am nächsten Tag forderten Sigmar Gabriel und DGB -Chef Sommer in einer gemeinsamen Pressekonferenz, im gemeinsamen Euro zu bleiben und dafür die deutschen Löhne, Gehälter und Renten um 20 Prozent anzuheben, und zwar sofort. Damit sollte, so Gabriel zornrot, »ein Beitrag zur Nivellierung der unsere französischen und südeuropäischen Freunde bedrohenden Produktivitätsunterschiede und damit zum Erhalt des Einheits-Euro« geleistet werden. Sommer fügte mit der ihm eigenen finsteren Entschlossenheit hinzu: »Mehr Geld, sonst gibt’s Ärger.«
    Auch der Bundesverband der Industrie legte eine seltene Geschäftigkeit an den Tag. »Hat man übersehen«, so BDI -Chef Grillo, »dass nach Europa 60 Prozent unserer Exporte gehen, die sich jetzt erheblich verteuern werden?« Worauf ihn Bundesbankvorstand Dombret, der strahlte wie selten, auf den »kleinen Unterschied« zwischen Euroland und Europa aufmerksam machte: »Nur noch 36 Prozent unserer Exporte gehen ins Euroland, über 60 Prozent landen außerhalb der Euro-Zone.« Die Nicht-Euroländer Europas kämen hervorragend ohne die Gemeinschaftswährung aus, so Dombret. Zudem würden über 40 Prozent unserer Exporte vorher von uns selbst importiert, und das hieße, sie würden durch die Aufwertung billiger.
    In Europa überstürzten sich die Ereignisse. »Wenn die Moffen austreten dürfen«, sagten die Niederländer, »dann wollen wir das auch.« »Wenn die Niederländer austreten dürfen«, sagten die Finnen, »dann wollen wir das auch – ehrlich gesagt, wollten wir das schon längst.« Auf Vorschlag der niederländischen Regierung wurde eine neue Währung gegründet, die nicht, wie ein ehemaliger BDI -Präsident aus Berlin vorgeschlagen hatte, Nord-Euro heißen sollte, sondern Euro-Gulden. Angela Merkel zeigte sich entzückt. Die Bild -Zeitung titelte: »Hurra! Camembert und Bordeaux billig wie nie! Deutschland dankt König Willem-Alexander!«
    Nach Finnland, den Niederlanden und Österreich, das vergebens mit einem Euro-Schilling liebäugelte, wurden bei der Kanzlerin auch die Nicht-Euro-Staaten Dänemark, Schweden, Polen und Tschechien vorstellig.
    Worauf Merkel die berühmte Gretchenfrage stellte: »Wie haltet ihr’s mit Maastricht?« Die versammelten Diplomaten hoben ihre Hände zum Eid. Diese Geste löste in dem ebenfalls anwesenden Schweizer Botschafter eine sentimentale Erinnerung aus, worauf er ebenfalls reflexartig die Hand hob. »Ein europäischer Rütli-Schwur«, titelte am nächsten Tag die Neue Zürcher .
    Am Abend des dritten Tages nach der neuen Zeitrechnung hielt Angela Merkel eine Fernsehansprache. Sie trug zum ersten Mal einen kleinen Button auf der Brust:
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