Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
Tohuwabohu: Trödelladen, Rattennest, Wohltätigkeitsbasar und Zigeunerlager in einem - genauso erratisch wie ihrer beider Leben. Sie richteten sich mindestens zweimal im Jahr neu ein, und diese Ausbrüche hatten ein kunterbuntes Durcheinander von Resten zurückgelassen: moderne schwedische Stühle, eine viktorianische Liebesschaukel, eine niedrige Sheraton-Kommode, einen geschnitzten Indianer, chinesische Vasen, Chromlampen, Perserbrücken, einen rotweißen Barbierpfosten, einen Plexiglastisch, Ormolu-Aschenbecher, Gläser von Tiffany und Gemälde in einem Dutzend modischer Richtungen, gerahmt und ungerahmt, aufgehängt und einfach gegen die Wand gelehnt.
    Und überall lagen Bücher herum, Zeitschriften, Drucke, Fotos, Zeitungen, Poster, Stoffmusterbücher, Räucherkerzen, Konfektschachteln, frische Blumen, Modezeichnungen, angeknickte Zigaretten, ein bronzener Propeller und ein blaues Stechbecken - ein Durcheinander, das den Besucher zunächst zwar vor den Kopf stieß, sich dann jedoch als wunderbar gemütlich und entspannend erwies.
    Sam Morton zog Daniel am Arm hinter sich her; offenbar hatte er Angst, daß Blank doch noch weglaufen könnte. Blank winkte Blanche zu, die in der Küche beschäftigt war.
    Im Wohnzimmer warf Flo ihm lächelnd eine Kußhand zu. Dann drehte Daniel sich um und betrachtete die Frau, die gerade sprach, als sie eintraten, und sich durch ihre Ankunft in keiner Weise unterbrechen ließ.
    „Das ist doch unlogisch und von der Wortbedeutung her einfach unerträglich", erklärte sie mit einer Stimme, der es merkwürdig an Modulation und Betonung gebrach. „Schwarz und schön? Das ist, als ob man sagte: 'Unten ist oben!' Selbstverständlich weiß ich, daß sie darin Selbstbestätigung suchen, ihren Stolz unter Beweis stellen wollen. Aber warum sich dafür ausgerechnet einen Schlachtruf aussuchen, an den kein Mensch, nicht mal sie selbst, glauben können? In Worten steckt doch mehr als nur Bedeutung, nicht wahr? Die Wortbedeutung ist doch nur das Gerippe - genauso etwas Banales wie die Schreibweise. Außerdem besitzen Wörter aber auch noch emotionales Gewicht. Die einfachsten und harmlosesten Wörter können - was ihre Bedeutung betrifft -emotional ganz einfach abscheulich sein. Ein Wort, das sich geschrieben oder gedruckt schlicht und bescheiden ausnimmt, kann unser ganzes Entzücken bilden oder uns zum Mörder werden lassen. Schwarz und schön? Für die Menschheit — für Weiße, Schwarze, Gelbe und Rote kann Schwarz niemals schön sein. Schwarz ist das Böse und wird es immer sein. Denn Schwarz bedeutet Dunkelheit, und das ist der Bereich, wo die Ängste verborgen sind und aus dem die Schrecken kommen. Ein schwarzes Herz. Das schwarze Schaf der Familie. Schwarze Kunst: Das ist Hexerei. Schwarze Messe. Nein, das hat mit Rassendiskriminierung nichts zu tun. Schwarz - das ist die Lichtlosigkeit, der Ort, wo Gefahren und Tod lauern. Kinder haben doch von Natur aus Angst vor der Dunkelheit. Das ist nicht anerzogen — damit werden sie geboren. Es gibt doch sogar Erwachsene, die ohne Licht nicht schlafen können. 'Sei artig, oder der schwarze Mann holt dich!' Ich nehme an, damit droht man sogar Negerkindern. Der schwarze Mann — ein Ungeheuer, das aus dem Dunkel kommt, dem gefahrumwitterten Dunkel. Schwarz - das ist das Unergründliche. Schwarz bedeutet Gefahr. Schwarz ist das Böse. Schwarz ist der Tod. Und da soll Schwarz schön sein? Niemals! Man wird nie jemand dazu bringen, das zu glauben. Wir sind alle Tiere. Ich glaube, wir kennen uns noch nicht."
    Sie hob die Augen, um Daniel Blank direkt anzusehen. Er war erschrocken, denn der Vortrag, den sie da gehalten hatte, hatte seine Aufmerksamkeit dermaßen in Anspruch genommen, daß er nicht genau hätte sagen können, wie sie aussah. Jetzt, nachdem Florence Morton sie überstürzt miteinander bekannt machte, als er das Zimmer durchquerte, um Celia Montforts dargebotene Hand zu ergreifen, nahm er sie genau in Augenschein.
    Mit hochgezogenen Füßen saß sie zusammengekauert im schwellenden Polster eines Sessels, der ganz aus Schaumgummi, rotem Samt und Brandstellen von Zigaretten bestand. Ungewöhnlich für einen Sonntagvormittag, trug sie ein elegantes Abendkleid aus schwarzem Atlas mit rechteckigem Ausschnitt. Das Kleid hing an „Spaghetti-Trägern" über den nackten Schultern. Dazu trug sie ein eng anliegendes breites Brillanthalsband und am Gelenk der Daniel dargereichten Hand ein dazu passendes Armband. War sie vielleicht auf einer Party
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher