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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman
Autoren: Marc Levy
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interessiert Sie so sehr, dass wir hier stehen bleiben?«
    »Diese Telefonzelle vor uns.«
    »Was erzählen Sie da? Hier ist weit und breit keine zu sehen.«
    »Seien Sie so nett und machen Sie Ihre Zigarette aus.«
    »Stört Sie der Tabak neuerdings?«
    »Nein, aber das glühende Ende.«
    Ein Mann lief den Quai entlang und stützte sich dann auf die Brüstung.
    »Ist das Ivory?«
    »Nein, der Papst!«, erwiderte Vackeers.
    »Hält er Selbstgespräche?«
    »Er telefoniert.«
    »Mit wem?«
    »Stellen Sie sich absichtlich so dumm, oder was? Wenn er mitten in der Nacht sein Haus verlässt, um draußen am Quai zu telefonieren, dann sicher, weil niemand wissen soll, mit wem er sich unterhält.«
    »Und warum warten wir hier, wenn wir sein Gespräch nicht mithören können?«

    »Um meine Vorahnung bestätigt zu bekommen.«
    »Und können wir dann fahren, jetzt da Ihre Vorahnung bestätigt ist?«
    »Nein, mich interessiert auch, was danach passiert.«
    »Haben Sie denn eine Idee, was danach passiert?«
    »Wie geschwätzig Sie sind, Lorenzo! Sobald er sein Gespräch beendet hat, wird er die SIM-Karte seines Handys ins Wasser werfen.«
    »Und Sie wollen sie rausholen?«
    »Wie albern Sie doch sind, mein armer Freund.«
    »Wenn Sie mir, statt mich zu beleidigen, erklären würden, worauf wir warten?«
    »Das werden Sie in wenigen Augenblicken sehen.«

London
    Das Klingeln des Telefons hallte in einer kleinen Wohnung an der Old Brompton Road wider. Walter stieg aus seinem Bett, zog einen Morgenmantel über und trat ins Wohnzimmer.
    »Ich komm ja schon!«, rief er und steuerte auf das Tischchen zu, auf dem der Apparat stand.
    Er erkannte die Stimme am anderen Ende der Leitung sofort.
    »Immer noch nichts?«
    »Nein, Sir. Ich bin am späten Nachmittag nach London zurückgekehrt. Er ist erst seit vier Tagen dort. Ich hoffe, wir bekommen bald gute Nachrichten.«
    »Das wünsche ich mir auch, aber ich mache mir Sorgen, ich habe letzte Nacht kein Auge zugetan. Ich fühle mich völlig hilflos, und das ist ein grässlicher Zustand.«
    »Um ehrlich zu sein, Sir - ich habe in letzter Zeit auch schlecht geschlafen.«
    »Sie glauben, er ist in Gefahr?«
    »Es hieß, nein, man müsse Geduld haben, doch das ist wahnsinnig schwer.«
    »Ich will herausfinden, ob das ein geplanter Coup war. Daran arbeite ich. Wann fliegen Sie nach Athen zurück?«
    »Morgen Abend, spätestens übermorgen, wenn ich meine Sachen in der Akademie nicht vorher erledigt habe.«
    »Rufen Sie mich an, sobald Sie dort sind, und versuchen Sie, sich bis dahin zu entspannen.«
    »Sie auch, Sir. Bis morgen, hoffe ich.«

Paris
    Ivory holte weit aus, warf die SIM-Karte seines Handys in die Seine und kehrte um. Vackeers und sein Fahrer rutschten automatisch tief in ihre Sitze, doch bei dieser Entfernung war es höchst unwahrscheinlich, dass Ivory sie überhaupt sehen konnte. Seine Gestalt verschwand hinter der Straßenecke.
    »Können wir jetzt endlich fahren?«, erkundigte sich Lorenzo. »Ich hocke schon den ganzen Abend hier und habe Hunger.«
    »Nein, noch nicht.«
    Vackeers hörte, wie ein Motor ansprang. Das Licht von zwei Scheinwerfern strich über den Quai. Ein Wagen hielt an der Stelle, an der Ivory noch kurz zuvor gestanden hatte. Ein Mann stieg aus und trat an die Brüstung. Er beugte sich hinüber, suchte die befestigte Böschung und die Promenade mit den Augen ab, zuckte mit den Achseln und nahm wieder am Steuer Platz. Mit quietschenden Reifen entfernte sich der Wagen.
    »Woher wussten Sie das?«, fragte Lorenzo.
    »Eine dunkle Vorahnung. Und nachdem ich das Nummernschild gesehen habe, ist alles noch schlimmer.«
    »Was ist mit diesem Nummernschild?«
    »Machen Sie das absichtlich, oder geben Sie sich besondere Mühe, mich heute Abend zu erheitern? Dieses Fahrzeug gehört dem englischen diplomatischen Korps an. Muss ich noch deutlicher werden?«
    »Sir Ashton lässt Ivory beschatten?«

    »Ich glaube, ich habe für heute Abend genug gehört und gesehen. Wären Sie nun so freundlich, mich zu meinem Hotel zurückzufahren?«
    »So, Vackeers, jetzt reicht’s mir aber, ich bin nicht Ihr Chauffeur. Sie haben mich gebeten, in diesem Wagen zu warten, und mir erklärt, es handele sich um eine wichtige Mission. Ich habe hier zwei Stunden lang gefroren, während Sie im Warmen Ihren Cognac geschlürft haben, und alles, was ich feststellen konnte, ist, dass Ihr Freund aus Gott weiß welchem Grund eine SIM-Karte in die Seine geworfen hat und dass der Fahrer eines Wagens des
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