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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman
Autoren: Marc Levy
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das ich nicht hätte essen sollen, ich bin zu schwach, um richtig nachzudenken. Im Hinterraum des Restaurants hat man mich auf ein
mit Kunstleder bezogenes Sofa gelegt. Ein Herr hat sich zu der alten Dame gesellt, die sich um mich kümmert. Ihr Mann. Auch er lächelt, sein Gesicht ist noch faltiger als ihres.
    Ich versuche zu sprechen, möchte ihnen danken.
    Der alte Mann führt eine Tasse an meinen Mund und drängt mich zu trinken. Das Getränk ist bitter, aber die chinesische Medizin hat ungeahnte Heilkräfte, also füge ich mich.
    Dieses chinesische Paar sieht dem, das Keira und ich im Jingshan-Park gesehen haben, zum Verwechseln ähnlich. Ihre Zwillinge, könnte man meinen, und dieser Eindruck beruhigt mich.
    Meine Lider fallen zu, und ich spüre, wie ich in tiefen Schlaf versinke.
    Mich ausruhen, wieder zu Kräften kommen, das ist das Beste, was ich tun kann, also warte ich.

Paris
    Ivory lief im Salon auf und ab. Die Schachpartie entwickelte sich nicht zu seinen Gunsten, Vackeers hatte seinen Läufer vorgerückt und bedrohte jetzt seine Dame. Er trat ans Fenster, zog den Vorhang beiseite und sah dem Vergnügungsdampfer nach, der die Seine hinunterfuhr.
    »Wollen Sie, dass wir reden?«, fragte Vackeers.
    »Worüber?«, erwiderte Ivory.
    »Über das, was Ihnen solche Sorgen bereitet.«
    »Sehe ich besorgt aus?«
    »Ihre Spielweise legt die Vermutung nahe, es sei denn, Sie wollen mich absichtlich gewinnen lassen. In diesem Fall wäre die übertriebene Art, mit der Sie mir diesen Sieg anbieten, fast eine Beleidigung. Ich ziehe es also vor, Sie sagen mir, was Sie derart plagt.«
    »Nichts, ich habe nur letzte Nacht schlecht geschlafen. Wenn ich bedenke, dass ich früher zwei Tage ohne Schlaf auskommen konnte. Was haben wir Gott nur angetan, dass wir uns eine so grausame Strafe wie das Altern eingehandelt haben?«
    »Ohne Ihnen schmeicheln zu wollen, finde ich, Gott hat es eher gut mit Ihnen gemeint.«
    »Seien Sie mir nicht böse, aber es wäre vielleicht ratsam, den Abend an diesem Punkt zu beenden. Sie setzen mich ohnehin in vier Zügen matt.«
    »Drei! Sie sind noch besorgter, als ich dachte, aber ich will
Sie nicht zwingen. Ich bin Ihr Freund, und Sie erzählen mir von Ihren Sorgen, wann Sie wollen.«
    Vackeers erhob sich und trat auf den Flur. Er zog seinen Regenmantel an und drehte sich um. Ivory stand noch immer am Fenster.
    »Ich kehre morgen nach Amsterdam zurück. Kommen Sie für ein paar Tage zu Besuch. Die Frische der Grachten wird Ihnen guttun. Sie sind mein Gast.«
    »Wäre es nicht besser, nicht zusammen gesehen zu werden.«
    »Das Dossier ist geschlossen, und wir haben keine Veranlassung mehr, dieses komplizierte Spiel weiterzuspielen. Und hören Sie auf, sich Vorwürfe zu machen, Sie sind nicht verantwortlich. Wir hätten Sir Ashtons Alleingang voraussehen müssen. Ich bin genauso betrübt wie Sie über den Ausgang dieser Geschichte, aber Sie tragen nicht die Schuld.«
    »Wir haben alle vermutet, dass Sir Ashton früher oder später eingreifen würde, und diese Heuchelei kam allen sehr gelegen. Das wissen Sie genauso gut wie ich.«
    »Ich versichere Ihnen, Ivory, wenn ich geahnt hätte, welcher Methoden Ashton sich bedienen würde, hätte ich alles in meiner Macht Stehende getan, um ihn an seinem Vorhaben zu hindern.«
    »Und was hätte in Ihrer Macht gestanden?«
    Vackeers fixierte Ivory und senkte dann den Blick.
    »Meine Einladung nach Amsterdam steht immer noch, kommen Sie, wann Sie möchten. Noch eine letzte Sache: Nehmen Sie unsere Partie von heute Abend nicht in unsere Punktliste auf. Guten Abend, Ivory.«
    Ivory gab keine Antwort. Vackeers verließ die Wohnung, betrat den Aufzug und drückte auf den Knopf »Erdgeschoss«. Seine Schritte hallten im Eingangsbereich wider. Er zog die schwere Haustür auf und überquerte die Straße.

    Die Nacht war lau, Vackeers lief ein Stück den Quai d’Orléans entlang und drehte sich dann um. Die Lichter in Ivorys Salon im fünften Stock erloschen soeben. Mit einem Achselzucken setzte er seinen Weg fort. In der Rue Le Regrattier blendete ein Wagen zweimal kurz die Scheinwerfer auf, und er steuerte auf den Citroën zu, der am Bordstein parkte. Vackeers öffnete die Beifahrertür und stieg ein. Der Mann am Steuer wollte den Motor anlassen, doch Vackeers hinderte ihn daran.
    »Lassen Sie uns noch einen Augenblick warten.«
    Die beiden Männer saßen schweigend da. Der Fahrer zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche und zündete sich eine an.
    »Was
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