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0504 - Attacke der Riesenkäfer

0504 - Attacke der Riesenkäfer

Titel: 0504 - Attacke der Riesenkäfer
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Als die ersten Strahlen der Morgensonne die Puppe trafen, begann sie zu zittern und zu vibrieren. An ihrer Spitze entstand ein Riß. Nur wenige Augenblicke später packten scharfe Beißzangen zu, erweiterten die Öffnung rasch. Der schwarze Kopf eines dunklen Käfers arbeitete sich ins Freie. Fast schien es, als würde er vor dem Sonnenlicht zurückschrecken, sich wieder in der Puppe verkriechen wollen. Dann aber biß der sehr bewegliche Kopf sich weiter frei, erweiterte die Öffnung so, daß der gesamte massige Körper ohne sonderliche Anstrengung ins Freie klettern konnte. Mit kraftvollem Zucken streifte der Hinterleib die Reste der Puppenhülle endgültig ab, ließ sie achtlos hinter sich liegen.
    Der geschlüpfte Käfer entrollte die langen Fühler mit den leicht gefiederten Enden, nahm zum ersten Mal Düfte und Schwingungen auf und versuchte sie zu registrieren und einzuordnen. Es gelang ihm erstaunlich rasch. Die großen Deckflügel über dem Hinterleib hoben sich, dünnere, durchsichtige Schwirrflügel breiteten sich aus. Glitzernde Feuchtigkeit wurde rasch in der Wärme getrocknet.
    Am Morgenhimmel kreisten hungrige Vögel über dem Schilf.
    ***
    Der Citroën 2 CV knatterte in atemberaubender Schräglage durch die Kurve und rollte dann, langsamer werdend, über den immer schmaler werdenden Feldweg dem Flußufer entgegen. Allmählich setzte das Gefälle ein und Lauren Pellerin eine sorgenvolle Miene auf. »Bist du sicher, daß dieses fossile Vehikel auch eine Bremse hat?«
    »Ist das wichtig?« erkundigte sich Michelle Jallias unbekümmert.
    »Es könnte wichtig sein, wenn du den Wagen zum Stehen bringen willst, ehe er in die Loire rollt.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Dies ist eine Ente. Enten können bekanntlich schwimmen.«
    »Das mag ja sein«, brummte Lauren. »Aber ich gehöre nicht zur Gattung der Schwimmvögel. Und ein Fisch bin ich auch nicht. Um genau zu sein: Ich habe nie Schwimmen gelernt.«
    »Das ist die beste Voraussetzung, Matrose zu werden«, stellte Michelle heiter fest und ließ den »Döschewo« weiter flußwärts rollen. Inzwischen war der unbefestigte Holperweg in einer seit Monaten nicht mehr gemähten Wiese untergegangen; das hohe Gras bremste die Fahrt des 2 CV ein wenig ab. Das Gefälle sorgte aber für weitere Beschleunigung. Lauren sah die glitzergraue Loire-Oberfläche schon in bedrohlicher Nähe.
    »Wieso das?«
    »Wenn das Schiff untergeht, dauert das Ertrinken für die Schwimmer länger«, brachte Michelle ihre Binsenweisheit an.
    »Ich will aber nicht ertrinken, und ich hasse Wasser!« fauchte Lauren.
    »Vor allem im Wein«, fügte Michelle etwas spöttisch hinzu.
    »Willst du nicht ausprobieren, ob der Wagen eine Bremse hat?«
    Michelle bewegte den Fuß. Nichts geschah. »Er hat nicht«, stieß sie hervor.
    Lauren wurde bleich. Nur noch drei Meter trennten den Citroën vom Wasser. Lauren kämpfte mit dem Türgriff. Der wollte nicht nachgeben. Noch zwei Meter. Noch ein Meter.
    Ein Ruck; der Wagen stand. Unmittelbar vor der leicht unterspülten Abbruchkante des Ufers. Endlich ging die Tür auf, Lauren ließ sich hinausfallen und knallte sich ins Gras. Auf der anderen Seite stieg Michelle aus. Sie lachte. »Nun beruhige dich wieder. Ich habe nur so getan, als funktioniere die Bremse nicht. Warum hast du mir nicht früher gesagt, daß du eine so panische Angst vor Wasser hast?«
    Er raffte sich mühsam auf.
    »Es tut mir leid, Lauren«, sagte Michelle. »Ich wollte dich nicht verletzen. Ich wollte nur ein wenig Spaß machen.«
    Lauren Pellerin bewegte sich vom Ufer weg. »Meine Eltern sind mit ihrer Yacht untergegangen«, sagte er leise. »Seitdem hasse ich größere Gewässer.«
    »Trotzdem bist du mitgekommen?« Sie küßte ihn.
    »Ich dachte nicht, daß die Loire hier schon so breit ist«, sagte er. »Ich war nie hier.«
    »Na, um so unvoreingenommener gehst du vielleicht ’ran«, sagte sie. Nach einem kurzen Rundblick stellte sie fest: »Da drüben ist das Ufer flach, da steht auch Schilfgras. Man kann bequem ans Wasser, ohne hineinfallen zu müssen. Laß uns dorthin fahren. Wir erledigen unsere Arbeit und danach kommt das Vergnügen.«
    Die Stelle, die Michelle meinte, lag etwa zweihundert Meter flußabwärts. Lauren wartete mißtrauisch ab, bis Michelle den 2 CV rückwärts auf Sicherheitsdistanz zum Ufer gebracht hatte, dann stieg er ein.
    »Mach so einen Quatsch wie diese Sache eben bitte nicht noch einmal«, sagte er leise.
    »Versprochen.«
    ***
    Der Käfer
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