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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman
Autoren: Marc Levy
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wenige Samenkörner reichen aus, um einen Wald entstehen zu lassen. Möglicherweise haben sich die DNA-Fragmente deiner äthiopischen Eva nach der Eiszeit mit dem Wasser unseres Planeten vermischt und den Fruchtbarkeitsprozess auf der Erde in Gang gesetzt. Das Programm in jeder ihrer Zellen hätte ausgereicht, und dann hätte es nur noch einige Millionen Jahre gedauert, bis die Evolution Lebewesen hervorgebracht hätte, die ähnlich komplex waren wie Eva … ›Die Nacht des ersten ist Wächterin über den Ursprung‹. Andere vor uns hatten schon begriffen, was ich dir gerade erklärt habe …«
    Die Neonröhre über unseren Köpfen erlosch.
    Um uns herum herrschte absolutes Dunkel.
    Ich ergriff Keiras Hand.
    »Hab keine Angst, ich bin da. Wir sind zusammen.«
    »Glaubst du das, was du mir gerade erzählt hast?«
    »Ich weiß es nicht, Keira, aber wenn du mich fragst, ob ich ein solches Szenario für möglich halte, lautet die Antwort: Ja. Du willst wissen, ob ich es für wahrscheinlich halte? Angesichts der Beweise, die wir gefunden haben, lautet die Antwort: Warum nicht? Wie bei jeder Untersuchung oder bei jedem Forschungsprojekt steht am Anfang eine Hypothese. Seit der Antike haben jene die größten Entdeckungen gemacht, die demütig genug waren, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. In der Schule sagte unser Naturwissenschaftslehrer: › Um Entdeckungen zu machen, muss man das eigene System verlassen. Vom Inneren heraus sieht man nicht viel und schon gar nicht das, was draußen passiert .‹ Wenn wir frei wären und unsere Schlussfolgerungen, belegt durch die Beweise, über die wir verfügen, veröffentlichen würden, gäbe es darauf vermutlich verschiedene Reaktionen: Interesse ebenso wie Ungläubigkeit, nicht zu vergessen den Neid vieler Kollegen, die uns der
Häresie beschuldigen würden. Und doch sind so viele Menschen gläubig, Keira, sie glauben an einen Gott, ohne Beweise für seine Existenz zu haben. Nach dem was uns die Fragmente, ebenso wie das in Dipa entdeckte Skelett und die unglaublichen Ergebnisse der Blutanalyse enthüllt haben, dürfen wir uns alle möglichen Fragen über die Entstehung des Lebens auf der Erde stellen.«
    »Ich habe Durst, Adrian.«
    »Ich auch.«
    »Glaubst du, dass sie uns hier langsam krepieren lassen?«
    »Ich weiß es nicht, mir kommt die Zeit auch lang vor.«
    »Anscheinend ist es schrecklich zu verdursten, nach einer Weile schwillt die Zunge an, und man erstickt.«
    »Denk nicht an so etwas!«
    »Bedauerst du es?«
    »Hier eingesperrt zu sein, ja, aber nicht eine Sekunde das, was wir gemeinsam erlebt haben.«
    »Und ich habe sie dennoch gefunden - meine Großmutter der Menschheit!«, seufzte Keira.
    »Du kannst sogar sagen, dass du die Ururgroßmutter gefunden hast. Ich hatte noch keine Gelegenheit, dich dazu zu beglückwünschen.«
    »Ich liebe dich, Adrian.«
    Ich schloss Keira in die Arme, suchte im Dunkeln ihre Lippen und küsste sie. Die Kräfte verließen uns von Stunde zu Stunde mehr.
    »Walter ist sicher besorgt.«
    »Er hat sich daran gewöhnt, dass wir ständig verschwinden.«
    »Wir sind noch nie weggefahren, ohne ihm Bescheid zu geben.«
    »Dann macht er sich diesmal vielleicht Sorgen um unser Schicksal.«

    »Er wird nicht der Einzige sein, unsere Forschungen waren nicht sinnlos, das weiß ich«, flüsterte Keira. »Poincarno wird die Analyse der DNA fortführen, mein Team wird Evas Skelett herbringen.«
    »Willst du es wirklich so nennen?«
    »Nein, ich dachte eher an Jeanne. Walter hat die Fragmente in Sicherheit gebracht. Die Forscher der Virje-Universität werden die Aufnahmen auswerten. Ivory hat eine Bresche geschlagen, der wir gefolgt sind, die anderen werden ohne uns weitermachen. Früher oder später werden sie die Teile des Puzzles zusammenfügen.«
    Keira schwieg.
    »Du sagst nichts mehr?«
    »Ich bin müde, Adrian.«
    »Schlaf nicht ein, halt durch.«
    »Wozu?«
    Vielleicht hatte sie nicht unrecht, im Schlaf zu sterben, war sicher angenehmer.

    Die Neonröhre flammte auf, und ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, seit wir das Bewusstsein verloren hatten. Meine Augen hatten Mühe, sich an das Licht zu gewöhnen.
    An der Tür standen zwei Flaschen Wasser, Schokoriegel und Kekse.
    Ich rüttelte Keira leicht, benetzte ihre Lippen, wiegte sie und flehte sie an, die Augen zu öffnen.
    »Hast du Frühstück gemacht?«, murmelte sie endlich.
    »So etwas Ähnliches, ja, aber trink nicht zu schnell.«
    Nachdem sie ihren Durst
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